"Ich habe dich nicht verraten. Ich habe nichts gesagt."
Diese Worte spuken mir im Kopf herum. Sie hinterlassen eine Taubheit, ein Gefühl von völliger Leere. Als hätte mir gerader jemand gesagt, dass alles, woran ich glaube, was ich für richtig halte, falsch ist. Eine Lüge. Aber genau das ist ja auch passiert.
Jetzt bin ich derjenige, der nur den Mund auf und zuklappt. In meinem Kopf rasen sie Gedanken hin und her. Er hat mich nicht verraten! - Aber vielleicht lügt er. - Wieso sollte er lügen? - Weiß ich doch nicht, vielleicht weil er Angst hat. - In dem Hauptquartier der Ferox hat jeder Angst, der nicht zur selben Fraktion gehört. -Ich weiß. - Na also! Außerdem habe ich doch den Bericht gelesen! Er lügt! - Sicher? Ich meine, vielleicht ist es ja wirklich nur ein Missverständnis. - Bist du noch ganz dicht?! Natürlich lügt er! Woher hätte denn sonst der Bericht kommen sollen? - Vielleicht war es Marcus. - Als ob der seinen 'guten' Ruf aufs Spiel setzen würde! Das war ganz bestimmt nicht Marcus! - Aber wer sonst? - Wie wäre es mit der Person, die gerade direkt vor deiner Nase steht? - Nein, Lukas lügt nicht! - Du täuscht dich! - Nein! - Doch! - Nein! - Doch!
"Haltet verdammt nochmal eure Klappe!", brülle ich auf einmal. Ich hasse es, wenn sich die Stimmen in meinem Kopf streiten. Außerdem weiß ich dann nie, welcher von beiden ich glauben soll. Normalerweise habe ich sie ganz gut im Griff und kann sie meistens ignorieren, aber in der Lautstärke wird das etwas schwer.
Erst dann bemerke ich Lukas' Blick. Er schaut mich an, als wäre ich verrückt geworden. Bin ich wahrscheinlich auch. Ich meine, ich rede mit Stimmen in meinem Kopf!
"Wie hast du das gemeint?", frage ich ihn. Nur schnell wieder zum vorherigen Thema wechseln, bevor wir auf meinen geistigen Zustand zu sprechen kommen.
"So, wie ich es gesagt habe. Ich habe keine Ahnung wovon du redest, denn ich habe dich nie verraten!"
"Und was war der Mist mit dem Zeitungsbericht?"
"Welcher Zeitungsbericht? DU warst es doch, der mich als einen arroganten, langweiligen Typen bezeichnet hat!" Was?!
"Niemals!"
"Und von welchem Zeitungsbericht reden wir dann?", fragt er erstaunt.
"Na ja, von dem, in denen du aller Welt vom kleinen armen Jungen namens Tobias Eaton erzählst, dessen Mutter tot ist und der von seinem Vater geschlagen wurde!", fauche ich ihn an. Er schüttelt nur verständnislos den Kopf.
"Das habe ich niemanden erzählt!", beteuert er. Wieder beginnen sich meine inneren Stimmen zu streiten. Ich hab's dir doch gesagt! - Ja, aber er war es trotzdem! - Wie will das denn gehen? - Wahrscheinlich lügt er! - Nein! - Doch! - Nein!
Ich schüttel kurz den Kopf, um sie zu verdrängen. Es hilft nicht sonderlich viel, aber besser als nichts.
"Und von welchem Zeitungsbericht redest du?", frage ich Lukas.
"Es gab einen Zeitungsbericht bei den Ken. Du wurdest interviewt und hast mich ziemlich beschimpft." Er schließt kurz seine Augen, dann schüttelt er sich, als würde er sich an etwas Unangenehmes erinnern. Dann spricht er leise weiter. "Es war nicht besonders nett."
"Ich habe nichts dergleichen getan!", rufe ich empört.
Er nickt mit dem Kopf. "Da stimmt etwas nicht. Das gefällt mir nicht", murmelt er leise.
"Ja", stimme ich ihm zu. "Aber was machen wir jetzt?"
"Bist du nicht derjenige, der das wissen sollte? Du bist schließlich einer der kämpft und so." Sehr eindeutig ausgedrückt mit dem 'und so'.

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Tobias' Geschichte
FanfictionDiese Story beschreibt Tobias' Leben von dem Test bis zum Treffen mit Tris. Ich habe versucht mich in seine Gefühlswelt einzufinden und seine Beweggründe und Gedanken darzustellen. Aber lest selbst!