Kapitel 67

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 Kapitel 67

Louis POV

Es tat mir echt furchtbar leid, dass Harry mein gesamtes Getränk durch meine dumme Unachtsamkeit abbekam. Irgendwie hatte ich das Glas vom Tisch gewischt. Ich habe keine Ahnung wie das passieren konnte, doch zum Glück fand er das gar nicht so tragisch. Zu meiner Erleichterung brachte Zayn alle mit seiner leicht sarkastischen Bemerkung zum Lachen, auch mich. Einen kurzen Moment lang verspürte ich sogar pures Glück, auch wenn es sich im nächsten Augenblick wieder verflüchtigte. Die Schuldgefühle begannen sich erneut auszubreiten. Seit dem zweiten Bild sind sie etwas weniger geworden, doch die Worte in diesem Brief setzen mich unter Druck 'Erscheine morgen nicht und bleibe zuhause.´ Was soll ich machen? Ich weiß, dass ich mich ans Gesetz halten soll, aber gilt das auch noch, wenn der beste Freund verschwunden ist und man auf sein Wohl bedacht ist? Anscheinend schon, denn Paul erwartet von mir morgen mitzugehen. Ich hingegen bin mir noch nicht sicher was ich mache. Beachte ich meine Pflichten und trete morgen vor den Richter um meinen Rückzug zu bestätigen oder bleibe ich zuhause und bekomme Liam zurück? Ich bin eindeutig für zweiteres, aber wie sage ich das den Anderen? Wie werden sie reagieren? Nach meinem kleinen Unfall ging Harry sich umziehen und wir räumten in der Zwischenzeit auf. Nur um festzustellen, dass es jetzt erst kurz vor elf ist und wir so noch den ganzen Tag vor uns haben. Schnell wurde entschieden irgendetwas Ablenkendes zu machen. Vielleicht war mein panischer Blick doch etwas zu auffällig… Die Tatsache, dass Helmut hierher kommt macht mich sehr nervös. Am Telefon ist er mir nicht sonderlich nett begegnet und ich glaube nicht, dass sich daran bis heute Abend etwas ändert. Ich will einfach nicht die Enttäuschung oder die stummen Vorwürfe in seinen Augen sehen. Helmut ist so jemand den man nicht enttäuschen möchte und ich habe mal wieder das Glück genau das getan zu haben… Jedenfalls entschieden die Jungs relativ schnell einen Film reinzuschieben. Ich betone EINEN! Gerade sind wir bei Nummer vier angelangt… Von links nach rechts gammeln Zayn, Niall, Harry und ich auf dem Sofa. Paul und Tom haben die Sessel neben Zayn geschoben. Das Knabberzeug, welches sich eigentlich in den verschieden Schalen befinden sollte, liegt verstreut auf dem Boden und dem Sofa. Auch der Wohnzimmertisch wurde in Mitleidenschaft gezogen. Niall vergnügt sich prächtig und auch Harry und Zayn scheinen alle Sorgen zu vergessen. Glücklich lachen sie oder fiebern mit den Helden in den Filmen mit. Paul und Tom sitzen seit dem ersten Film treu neben uns und erkundigen sich immer wieder nach unserem Wohlergehen. Da fragt man sich doch wie es einem trotz allem schlecht geht? Tja, mir leider schon. Ich kann nichts vergessen. Ich kann nicht abschalten. Noch nicht einmal auf die Filme kann ich mich konzentrieren. Immer wieder schweifen meine Gedanken ab und ich verpasse mehrere Minuten des Filmes. Es geht so weit, dass ich die Handlung nicht mehr verstehe und mich frage wer die eine oder andere Person ist. Einmal fragte ich leise Harry, der direkt neben mir sitzt, doch dieser grinste mir nur belustigt zu und meinte, dass das die Hauptperson sei. Seitdem frage ich lieber nicht mehr. Ich kann mich einfach nicht festlegen auf wen ich höre und was ich verdammt nochmal machen soll. All meine Konzentration ist darauf ausgerichtet. Eigentlich will ich alles machen was der Unbekannte von mir verlangt, aber damit enttäusche ich nicht nur meine Freunde. Nein. Noch dazu muss ich gegen das Gesetz handeln und davor habe ich verdammt noch mal Bammel. Das Einzige was ich angestrengt verfolge sind die Zeiger der Uhr. Beim Ablaufen der Filme, den Wechseln, dem Pausieren für Klopause oder Essen und Trinken holen ist auf die Zeiger immer Verlass, diese laufen unbeirrt weiter. Gerade zeigen sie 17:56 Uhr. Helmut könnte schon in einer guten Stunde vor der Tür stehen. Persönlich. Mir gegenüber. Wie soll ich reagieren? „Louis?“ Erschrocken zucke ich aus meinen Gedankensümpfen heraus und schaue irritiert umher „Was ist?” Warum schauen mich alle so seltsam an? Habe ich irgendetwas gemacht außer, dass ich keine einzige Filmszene mitbekommen habe? Zayn runzelt seine Stirn „Ich habe nur gefragt ob du mir das Popcorn geben kannst…“ „Ja… Natürlich...“ Ich versuche möglichst unauffällig die Schüssel zu finden, trotzdem tippt mich Harry nach kurzer Zeit an und zeigt auf meinen Schoß. Mist… Auffälliger ging es wohl nicht. Bemüht lächelnd reiche ich Zayn die Popcornschüssel. Doch ab diesem Moment lässt mich niemand mehr aus den Augen. Es wird schon noch der nächste Film reingeschoben, allerdings achtet keiner mehr darauf. Stattdessen liegen ihre Blicke auf mir. Am Anfang versuche ich das noch zu ignorieren. Trotzdem fühle ich mich nach einer Weile schon beinah wie ein Tier, das im Zoo begafft wird und drehe mich anschuldigend nach links zu ihnen um. Doch alle wenden sich abrupt von mir ab und tun so als ob sie die ganze Zeit über den Film mitverfolgt hätten. Die denken doch wohl nicht wirklich, dass ich ihnen das abkaufe, oder doch? Ungefähr nach der Hälfte des Filmes halte ich die andauernden Blicke nicht mehr aus und verdrücke mich mit den Worten „Ich muss mal, aber schaut ruhig weiter…“ Natürlich spüre ich ihre Blicke in meinem Rücken. Sie verfolgen mich bis zum Klo. Erst als ich die Tür hinter mir schließe kann ich erleichtert ausatmen. Endlich alleine. Nie hätte ich gedacht, dass ich mir das mehr als alles andere wünsche. Doch jetzt tut es gut. Kritisch mustere ich mein Spiegelbild. Man sieht deutlich, dass ich heute noch nicht geduscht habe. Tja die Anderen ja auch nicht, aber es ist auch noch etwas anderes. Irgendetwas überschattet meinen sonst gewöhnlichen fröhlichen Gesichtsausdruck. Ohne dass ich etwas mache sehe ich traurig, wütend, müde und abweisend zugleich aus. Die vielen Sorgen, Verpflichtungen und Ereignisse haben mich total ausgehöhlt. Eigentlich sollte die Pause nach der Tour frei von Sorgen, Pflichten und Stress werden. Doch ich sehe aus und fühle mich auch so als ob ich eine Pause dringend nötig hätte. Man merkt rein gar nichts davon, dass ich schon längst eine Auszeit mache. Warum musste ich ausgerechnet an diesem einem Tag unbedingt zur Bank gehen? Warum wollte ich auch noch auf alle Fälle alleine reingehen? Alles hat mit diesem einen Tag angefangen und ich wünsche mir so sehr, dass ich nie von Zuhause losgegangen wäre. Dann wäre nichts von all dem passiert. Ich könnte gemütlich in meinem Apartment sitzen oder mit den Jungs irgendein Spiel zocken. Aber nein. Das Schicksal musste genau an diesem verfluchten Tag gegen mich sein. Warum konnte ich nicht einfach... Ein plötzliches Klopfen lässt mich aufschrecken und reißt meinen Blick vom Spiegel. „Louis? Alles okay?“ Ein besorgter Paul klopft noch einmal. Schnell antworte ich „Ja, na klar. Ich brauch halt länger.“ Es folgt eine kurze Stille, bevor Paul mit seltsam belegter Stimme meint „Du bist schon über eine Stunde da drin…“ Mir entschlüpft ein verblüfftes „Oh.“ Habe ich wirklich so lange hier gestanden? Zum Schein betätige ich die Klospülung und wasche meine Hände. Danach versuche ich mit einem möglichst unauffälligen Gesichtsausdruck durch die Tür hinaus zum Sofa zu gehen.

Der Tag der alles veränderte (One Direction FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt