Kapitel 84

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Kapitel 84

Louis POV

Der Schuss. Niall. Ich nehme nichts anderes um mich herum wahr. Immer und immer wieder hallt der Knall in meinem Kopf nach, dann sehe ich vor meinem inneren Auge wie Niall getroffen wird und zu Boden geht. Diese Szene wiederholt sich unendliche Male. Fortlaufend sehe ich den Schmerz in seinem Gesicht und spüre ihn wie meinen Eigenen. Gedämpft höre ich den Anwalt wie er uns droht, doch ich verstehe die einzelnen Worte nicht. Eine Stimme redet mit mir. Ich erkenne sie im ersten Moment nicht. Zuerst ist sie nur ein leises kaum hörbares Flüstern, doch umso länger sie zu mir spricht desto lauter wird sie. Bis ich die Sätze klar und deutlich verstehen kann „Alles wird wieder gut. Ich verspreche es dir. Wir bekommen das zusammen hin. Alles wird wieder gut werden.“ Obwohl ich diese Worte schon öfters gehört habe schöpfe ich aus ihnen erneut Mut. Nach und nach nehme ich meine Umgebung wieder so richtig wahr. Zunächst Arme, die mich fest an einen Körper drücken, und eine Hand, die mir fortlaufend über den Rücken streichelt. Dann erkenne ich, dass Paul zu mir spricht. Vorsichtig blinzle ich nach oben in sein Gesicht. Einzelne Tränen tropfen mir entgegen. Seine Augen sind halb geschlossen. Jetzt verstehe ich, dass er die Worte nicht nur für mich immer und immer wieder murmelt. Ohne weiter darüber nachzudenken hebe ich meine Arme und schlinge sie nun ebenfalls fest um ihn, dann flüstere ich „Du hast recht!“ Paul verstummt und sieht mich einfach nur mit roten Augen an. Ich halte den Blickkontakt und flüstere nochmal, diesmal etwas lauter „Du hast recht!“ Paul gibt ein leichtes Nicken als Antwort. „Liam…“ Tom's plötzliche, nicht besonders leise, Äußerung lässt mich aufschrecken. Sofort suchen meine Augen nach Liam und finden ihn ziemlich schnell. Bei seinem Anblick steigen noch mehr Tränen in meine Augen und meine Sicht verschwimmt. Schlapp ohne Gegenwehr lässt Liam sich hinterher schleifen. Der Anwalt ist seinem Ziel schon sehr nah, denn er erreicht soeben die Tür. Wachsam schwenkt er seinen Blick über uns. Kein Laut ist zu hören, niemand wagt sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Angst beherrscht jeden einzelnen in diesem Raum, vielleicht außer Sascha und Marten... Aber die Trauer, das Mitleid und die Bestürzung ist noch viel schlimmer. Wie ein Schleier schwebt sie über den Menschen und drückt mir eine schwere Last auf. Ohne mich wäre das nie passiert. Wäre ich nicht an diesen einem gottverdammten Tag zur Bank gegangen, dann wäre nichts von all dem passiert. Der Kleine hätte mir niemals das nächste Vorhaben mitteilen können, welches ich mit den Jungs verhinderte. Die Gangster wären nie erwischt worden, das ist nicht so positiv, aber wenn dafür niemand verletzt worden wäre ist das für mich vollkommen okay. Sascha und Marten hätten niemals einen Grund gehabt ihren Anwalt zu beauftragen. Dieser hätte nie Briefe an mich verschickt und die jetzige Situation würde nicht existieren. Doch das tut sie und meine Schuldgefühle steigern sich immer weiter. Ich starre auf die Szene, die sich vor mir wie in Zeitlupe abspielt. Liam hängt an dem Arm, der um seinen Hals liegt. Die Hände nutzlos neben sich baumelnd. Die Waffe hat der Anwalt seit Ni… Jedenfalls nicht mehr auf Liam gerichtet, sondern abwechselnd auf irgendeinen von uns. Mit dem Rücken steht er an der Tür und sieht uns mit verengten Augen an. Dann mit einer schnellen Bewegung drückt er die Klinke nach unten und richtet die Pistole sofort wieder nach vorne auf uns. Mit kleinen Schritten immer mit seinen Augen den Raum kontrollierend drückt er sich gegen die Tür. Kein Mucks ertönt im Gerichtssaal. Bis zu dem Moment als er die Tür aufstößt und beginnt rückwärts hinauszugehen. Die Totenstille wird von einem leisen Wimmern unterbrochen. Ich halte meinen Atem an und erstarre in jeder noch so kleinen Bewegung. In diesem Moment ertönt es noch einmal. Mein Kopf schießt in diese Richtung und ich reiße meine Augen auf. Unfähig mich zu rühren starre ich auf den Grund dieses Geräusches. Als es zum dritten Mal ertönt schnappe ich nach Luft und blinzle um mir ganz sicher zu sein. Beim vierten Wimmern sitze ich aufrecht und will aufspringen. Doch Paul hindert mich daran. Mit festem Griff hält er mich an Boden. Verwirrt sehe ich zu ihm, ein leichtes Kopfschütteln kommt mir entgegen. Hat er es nicht bemerkt? Hat er es nicht gehört? Sieht er es nicht? Sein Gesichtsausdruck gibt mir die Antwort auf meine Fragen. Nein, nichts dergleichen hat er wahrgenommen… Mein Blick wandert umher und mir wird bewusst, dass ich vielleicht der Einzige bin, der es bemerkt hat. Ich blende aus, dass hier noch immer ein durchgeknallter Anwalt mit einer Waffe herumfuchtelt und äußere, vielleicht etwas zu laut „Niall!“

Der Tag der alles veränderte (One Direction FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt