Kapitel 19

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Nachdem wir das Frühstück beendet hatten, forderte er mich auf, mich so schnell es ging fertig zu machen, damit er mir seine liebsten Orte in London zeigen konnte. Obwohl ich noch nicht so genau wusste worauf ich mich da überhaupt einließ, reizte mich die Vorstellung noch tiefer in Harrys Welt einzutauchen und ich noch besser oder sogar aus ganz neuen Blickwinkeln sehen zu können.

"Muss ich auf etwas spezielles bei meiner Kleidung achten?", erkundigte ich mich lieber, aber er winkte nur grinsend ab. 

"Du wirst nichts brauchen"

Ich band meine Haare erneut ordentlich zusammen, legte ausnahmsweise ein ganz leichtes Tages Make- up auf, für mehr reichte beim besten Willen mein Können nicht und steckte mir schließlich noch meine Sonnenbrille in die Haare. Das Wetter hier auf der Insel konnte so wie unseres ziemlich tückisch sein und einiges an Regen und Stürmen könnten recht schlagartig kommen. Deshalb nahm ich zusätzlich zu meinem T-Shirt und meiner kurzen Hose eine sommerliche Jacke mit.

"Ich denke, dass ich soweit bin", meinte ich nun, als ich aus "meinem" Zimmer kam und auf Harry traf, der anscheinend auf dem Flur stehend auf mich gewartet hatte.

"Das trifft sich gut. Dann können wir jetzt ja los", erklärte er und lächelte dabei freundlich.

Gespannt folgte ich ihm durch den Wohnungskomplex, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Harry lief ein ums andere Stockwerk tiefer und ich konnte mir schon bald nicht mehr vorstellen, wer oder was sich hier unten befinden konnte. Schließlich erreichten wir am Ende der Treppen eine Tür, die er öffnete und mir damit zeigte was ich mir hätte auch denken können. Unter dem Gebäude befand sich eine Art unterirdisches Parkhaus, in dem aber gerade nicht besonders viele Autos parkten.

Wir liefen zielstrebig auf den schwarzen Wagen von ihm zu, der ziemlich allein in der Gegend rumstand. Wir stiegen ein, Harry setzte sich noch bevor er den Motor startete die Sonnenbrille auf, mit der er meiner Meinung nach noch immer aussah wie ein junger James Bond Lehrling. Zumindest wenn er nicht gerade vom ihnen zum anderen Ohr lächelte. 

"Vielleicht solltest du deine auch schon mal aufsetzen. Sobald man mich entdeckt, kann es etwas unangenehm werden. Aber du musst es natürlich selbst wissen", meinte er rücksichtsvoll und drehte dann den Schlüssel, sodass das Auto sofort begann die typischen Motorengeräusche von sich zu geben und wir uns auf den Weg nach draußen machen konnten.

"Bekomme ich vielleicht noch einen Hinweis wo es jetzt hingeht?", erkundigte ich mich vorsichtig, aber Harry konnte bloß über meine Frage schmunzeln, wobei seine süßen Grübchen an den Wangen zu sehen waren.

"Es gibt tausende schöne Orte in London, aber leider wird das etwas schwierig sein sie alle zu sehen, aber ich dachte mir zumindest, dass du einen meiner absoluten Lieblingsplätze sehen solltest", erklärte er und fragte dann, ob ich etwas gegen ein bisschen Musik hätte.

Ich hatte nichts einzuwenden und deshalb drehte Harry das Radio gleich auf. Es lief gerade "God is a woman" von Ariana Grande. Leise summte ich mit und ging in dem Rhythmus des Liedes förmlich auf und Harry schaltete sich deshalb auch ein und begann die nächsten Zeilen mitzusingen. 

Ich war völlig baff wie gut er den Song wirklich kannte und wie schön es klang zwei so komplett unterschiedliche Stimmen im selben Lied gleichzeitig singen zu hören. Ich mochte gar nicht an ein Ende dieses Moments denken, weil ich so sehr genoss Harry so glücklich und befreit zu sehen. Doch natürlich musste das Lied knappe 30 Sekunden später auch schon wieder zu Ende sein und es folgte ein kleiner Überblick über Vekehrsstörungen folgte, den Harry leiser stellte.

"Das klang wirklich schön", gab ich wahrheitsgemäß von mir und Harry schien sich darüber zu freuen, da schon wieder dieses bezaubernde Lächeln sein Gesicht zierte.

"Danke. Ariana ist so eine tolle Sängerin. Ich höre gerne ihre Lieder"

"Das hat man gemerkt so text sicher wie du warst"

Er warf mir einen flüchtigen Blick zu, grinste und meinte dann nach vorne gewandt: "Ich finde es gut, dass jemand wie Ariana, die einen großen Einfluss auf gerade Jugendliche und Kinder hat, mit bestärkenden Texten in ihrer Musik arbeitet und damit auch was riskiert. Es ist immer besser sich für etwas einzusetzen, Flagge zu zeigen und vor allem mehr als nur ein Musiker zu sein, ein Mensch. Das macht einen nicht nur sympathischer sondern auch zugänglicher"

"Da hast du Recht. Gerade junge Mädchen müssen wissen, dass sie gut sind und wertvoll und solche Werte von einem deiner Lieblingsstars erzählt zu bekommen, ist bestimmt zusätzlich toll"

"Ja. Sie ist ein toller Mensch. Als ich damals den Song gemeinsam mit einem guten Freund geschrieben habe, war sie sofort davon begeistert und die Zusammenarbeit hat wunderbar geklappt. Ich habe sie damals genauso kennengelernt wie ich sie immer noch sehe. Und wie jeder sie sehen sollte, auch wenn die Medien manche negative Dinge in ihrem Leben ihr ankreiden, so ist sie ein herzensguter Mensch geblieben"

"So wie du", stieß ich unüberlegt aus und sofort verwandelte sich die lockere Atmosphäre, die zwischen uns geherrscht hatte, wieder in ein unangenehm angespanntes Warten darauf, dass irgendjemand den ersten Schritt machen würde. Zum Glück war nun gerade das Gerede zu Ende und ich drehte einfach wieder die Musik lauter, die mir dann ersparte wieder das Thema aufzuwühlen.

"Wir sind da", verkündete Harry einige Zeit später, als er auf einen Parkplatz fuhr, das Auto ausschaltete und mich lächelnd ansah. Ich hingegen versuchte herauszufinden wo wir nun genau waren oder was wir machen würde. Aber der Parkplatz war ein Parkplatz wie jeder andere auch und wies keine besonderen Auffälligkeiten auf.

"Komm, Nelly. Ich bin mir sicher, dass es dir gefallen wird. Vertrau mir!"

Wir stiegen aus und liefen die Straße entlang. Es herrschte zwar reges Treiben, aber niemand schien sich sonderlich um Harry zu kümmern und somit entspannte ich mich jeden Meter mehr. Schließlich kamen wir an dem Rand eines Parks an. Einige Wege führten vermutlich auf verschiedenen Routen hindurch.

"Komm mit. Es ist nicht mehr weit und um diese Uhrzeit dürften auch noch nicht so viele da sein. Da hinten gibt es einen schönen Platz", erklärte er und zog mich weiter durch den Park. Unter dem Laubdach war es recht frisch und ich bereute es bereits, das ich meine Jacke nicht angezogen hatte, aber das Ergebnis machte alles wieder gut. 

Es gab hinter den Bäumen einen abgeschirmten, kleinen Bereich, der an der Themse lag, schöne Grünflächen hatte und an dem kaum jemand vorbeikam. Es war schön die Schwäne und Enten auf dem Wasser treiben zu sehen und dabei von niemanden gestört zu werden. 

Harry hatte sich der weilen auf den Boden sinken gelassen und lag nun nah am Wasser auf dem Gras und entspannte sich. 

"Du hast nicht zu viel versprochen. Es ist wirklich schön hier", gab ich begeistert zu und ich konnte trotz der Sonnenbrille einen zufriedenen Gesichtsausdruck auf Harrys Gesicht erkennen.

"Es ist perfekt zum Ausruhen und Entspannen. Man ist weit weg genug von dem ganzen Trubel, aber auch nicht zu weit um lange zu brauchen um dahin zu kommen. Außerdem sind vor allem Vormittags kaum Menschen hier"

"Ja, das stimmt. Vorhin hab ich eine Joggerin gesehen, aber sonst scheint der Park fast leer zu sein"

"Willst du dich nicht setzen?", fragte er und setzte sich selbst dabei auf.

"Klar", fragte ich mehr, als das ich es wirklich sagte.

Ich nahm Platz neben ihm und war gespannt was nun folgen würde.

"Ich denke, dass wir nochmal reden sollten"

"Klar, gerne. Worüber?"

"Über so einiges..."

OVER AGAINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt