Kapitel 38

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"Willst du mich zum Narren halten? Sag nicht, was du nicht meinst. Du richtest damit doch nur noch mehr schaden an!", sprach ich noch immer voller Wut, die sich nun noch weiter steigerte. Er hatte wirklich ein Rad ab zu glauben, dass ich auf solche Kinkerlitzchen reinfallen würde. Nein, so dumm war ich nicht. Er hatte mich mehrfach in die Friendzone abgeschoben und mich nun durch diese dahergesagte Äußerung zu rekapitulieren war schlichtweg unmöglich. Er hatte es versaut.

"Nein keineswegs. Bitte höre mir doch für einen Moment zu und glaube mir. Wieso hätte ich sonst all das getan, wenn nicht um dich vor mir und dem was ich an Nebeneffekten mitbringe zu schützen",erklärte er und es schien mir als ob eine gewisse Verzweiflung unterschwellig hörbar war.

"Zu deinem Vergnügen? Es muss dir doch gefallen haben, dass ich dir immer und immer wieder so offensichtlich mein Herz vor die Füße gelegt habe. Das war doch bestimmt ein gewaltiger Egoboost für dich, habe ich nicht recht?", ich hatte mich wieder umgedreht um durch seine Reaktion möglichst mein Bild von ihm bestätigen zu lassen. Gab er mir nicht allen Anlass dazu?

"Ich dachte, dass du mich in dieser ganzen Zeit, die wir zusammen verbracht haben, besser kennengelernt hättest. Meine Gedanken waren immer bei dir und ich musste mich mit Mühe und Not dazu zwingen, mich daran zu erinnern, dass ich dich nicht in diese Lage bringen sollte, auch wenn ich nichts lieber wollte als dich neben meiner Seite zu haben und in meinem Arm zu halten. Aber das Leben ist eben kein Wunschkonzert und ich musste tun, was ich getan hab, um dich davor zu beschützen. Also bitte stell mich nie als jemanden da, der keinerlei Mitgefühl und keine Moral besitzt"

"Wie konntest du nur? Du hast mich immer wieder zu Boden gestoßen um mich zu beschützen? Was für eine grandiose Taktik. Jemanden immer schön weiter verletzen, damit die Wunden nicht von anderen zugefügt werden können", eine Träne nach der anderen rann mein Gesicht herunter und ich schluckte, damit ich den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, loswerden konnte. Er kam auf mich zu und schloss seine Arme um mich. Ich versuchte mich erst dagegen zu wehren, aber schließlich ließ ich mich völlig in seine Arme fallen und genoss seine Wärme.

"Es tut mir so leid, Nelly. Wenn ich alle meine Fehler ausbügeln könnte, dann würde ich das, aber ich kann es nicht mehr. Ich kann dir lediglich beweisen, dass ich deine Nähe und Liebe schätze und ich dich mit sanfteren und durchdachteren Mitteln beschütze"

Seine Hände strichen langsam über meinen Rücken und ich spürte wie sich seine Brust langsam hebte und dann wieder senkte. Es hatte eine fast hypnotisierende Wirkung. Zumindest konnte ich deshalb endlich aufhören zu weinen. Nach einer Ewigkeit, die sich wesentlich kürzer angefühlt hatte, löste er langsam die Arme von mir und ich bewegte mich ein Stück aus seiner geöffneten Umarmung heraus. Sofort strich er mir die letzten Reste meiner vergossenen Tränen weg und nahm dann sanft meinen Kopf in seine Hände.

"Ich verspreche es dir, Nelly. Bitte, gib mir noch eine Chance"

Seine Augen blickten forschend in meine und ich konnte nicht anders als die Anspannung sacken zu lassen und leicht lächelnd zu nicken. Augenblicke danach zeichneten sich in seinen Augen und seinem restlichen Gesicht die Freude ab. Er strahlte und steckte mich dadurch ebenso dazu an. Unser bisherige Weg mag nicht der ebenste gewesen zu sein, aber er hatte definitiv seine Hochs, so wie in diesem Moment. Er zog mich wieder näher zu sich und drückte mir erst einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor ich ihn richtig zu mir zog und einen echten Kuss verlangte.

Je näher sich unsere Lippen kamen, desto mehr kribbelte es in meinem Bauch und die Spannung war kaum noch auszuhalten. Sobald sie sich dann aufeinander legten, startete das Feuer in mir und es schossen Funken durch meinen ganzen Körper. Das erste mal nahm ich einen Kuss so intensiv war und deshalb zögerte ich dessen Ende so weit es ging hinaus. Ich konnte und wollte diese Magie nicht verlieren und das Feuer, was er nun endgültig zum Lodern gebracht hatte, nicht wieder erlischen lassen. Es fühlte sich an, als ob ich ohne ihn nicht mehr atmen könnte, obwohl ich gerade in diesem Moment, als wir den Kuss lösten,etwas nach Luft schnappen musste. 

"Ich liebe dich, Nelly. Ich liebe dich so sehr und ich möchte keinen weiteren Tag ohne dich verbringen", meinte Harry plötzlich und haute mich damit endgültig vom Hocker. Eine so starke Aussage hätte ich nicht von ihm erwartet.

"Ich dich auch, Harry Edward Styles. Wenn sich mir die Möglichkeit bieten würde, dann würde ich mich nie wieder von dir entfernen. Nie mehr"

Er nahm mich erneut in den Arm und drückte mich fest an sich. Dabei sprach er leise:

"Wenn wir die Möglichkeit hätten, aber die haben wir nicht. Nicht wahr?"

Sofort sah ich ihn an und musste schwerenherzens zustimmen. Wir müssten unsere Zeit jetzt gut genießen und dann würde uns der Wind treiben, wohin wir auch immer gehen müssten. Ob das unsere Wahl war? Vermutlich hatten wir darauf einen Einfluss, aber im Endeffekt lief es darauf hinaus, dass wir eine mit Glück Wochenendbeziehung führen könnten. Mit Pech würde sich die Zeit zwischen unseren gemeinsamen Treffen allerdings auf eine größere Zeitspanne hinauslaufen und ob wir das aushalten könnten, konnte bloß die Zukunft zeigen. Aber in diesem Moment war alles so perfekt, das wir daran keinen Gedanken verschwendeten. Vielleicht war das auch ganz gut so. Denn die Zukuft kann man soviel verplannen wie man will. Das letzte Wort hat immer das Schicksal.

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