Die Scheune ist leer gewesen, Harry hatte an einer Wand eine verschlossene Tür vorgefunden, doch diese dennoch zu öffnen war ein Kinderspiel gewesen.
Die Feierlichkeiten hatten längst geendet, bemerkte der Lockige, als die Stille auf ihn einschlug. Nur vereinzelt hörte man noch belustigte Stimmen aus Räumen erklingen.
Die meisten davon kamen aus den Stockwerken oberhalb der Treppe, Harry wusste, dass dort auch die Gästezimmer waren. Das Letzte, was er wollte, war entdeckt werden, trotzdem musste er nun dort hoch.
Die steinerne Treppe knarzte unter seinen Füßen immerhin nicht.
Als er dann die Flure entlang lief, musste er sich entscheiden, in welchem der Räume die Tochter des Königs wohl schlief. Nur sahen alle Türen gleich aus und mehr als einen Versuch hatte er wohl nicht.
Wenn er die falschen Leute aufschreckte, würden sie schreien und er hätte keine Zeit mehr, sein eigentliches Opfer zu finden.Er sah sich die kleinen, goldenen Nummern auf den Schildern an, während er leise den Gang entlang schritt. Da hatte er plötzlich einen Geistesblitz. 24. Raum 24, da war er sich sicher. Und er war im falschen Flur. Er blickte sich um, doch immer noch war niemand außer ihm dort zu sehen.
Schneller als zuvor, denn so langsam kroch ihm die Nervosität in die Knochen, lief er auf Zehenspitzen zurück in die entgegengesetzte Richtung.
Wie hatte er es vergessen können?
Raum 24, zwischen den Zimmern der Köche und anderen Arbeitern. Ein Zimmer, deutlich prunkvoller als die um es herum. Ein Versteck und sicherer, da jemand der nicht Bescheid wusste, sowieso dort nach nichts suchen würde.Harry erhob seine Hand, stockte und musste fast lachen. Beinahe hätte er geklopft.
Hinter der Tür neben ihm hörte man Schritte, so passierte es, dass er von Panik gepackt in das Zimmer glitt, die hölzerne Tür nur soweit geöffnet, dass er durchpasste.
Es war dunkel, als er sie hinter sich wieder leise zuzog. Wie viel Glück konnte ein Mann haben?
Er sah die Prinzessin schlafen. Ruhig atmend lag sie da, nicht einmal im Begriff, Alarm zu schlagen.
"Braucht Ihr etwas? Oder falsches Zimmer?", kam es aus der anderen Ecke des Raums. Erschrocken drehte Harry sich um, erspähte in der Dunkelheit aber nur grob die Umrisse eines jungen Mannes.
"Uh..", seine Stimme klang kratzig, deshalb räusperte er sich, "ich bin nicht ganz sicher, wo ich bin..", brachte er hervor.
Er wusste mittlerweile ganz genau, wer das war. Der einzige lebende Sohn des Königs war das. Prinz Louis war das. Zweifelsohne und Harry mochte ihn überhaupt nicht. Zwar hatte er ihn nur wenige Male gesehen, aber Gründe gab es dafür schon.
Er konnte ihm aber schlecht sagen, dass er ins Schloss eingebrochen war, um seine Schwester zu entführen, um sich dann vom Lösegeld auf einer schönen Insel oder Stadt an der Küste absetzen zu können.
"Kann es sein, dass sie zu tief ins Glas geschaut haben, Sir?", der junge Mann stand auf und Harry unterdrückte ein schallendes Lachen. Nicht nur, weil er über die Jahre auf dem Schiff erlernt hatte, mehr trinken zu können, als sie auf einem Fest wie diesem wohl ausschenkten, sondern auch weil der ach so sagenumwobene, tolle Prinz ihm vielleicht noch so zur Schulter ging.
Und mit rund zwanzig Jahren würde er wohl auch nicht mehr viel wachsen.
Selbst als er ihn nur so schemenhaft sehen konnte, fiel Harry auf, wie wenig er sich seit ihrem letzten 'Treffen' verändert hatte. In seinem Gesicht waren es die selben blauen Augen, die selbe winzige Nase und Wangenknochen wie sie sonst nur der König hatte: hoch, markant und mit einer sanften Kurve.
Er schüttelte die Erinnerungen ab. Nein, ein Plan musste her.
Er hatte nicht vorhergesehen, dass der Prinz hier sein würde, schließlich wurde der einzige Nachkomme des Königs besser bewacht, als die Schatzkammern.
Und dass er jetzt quasi hellwach vor ihm stand, irritierte ihn maßlos. Wie sollte er jetzt die Prinzessin mitnehmen, wo doch ihr Bruder direkt neben ihm stand?
"Mir geht es gut, aber -"
Glocken ertönten.Schreie folgten.
"Eindringlinge!", hörten sie durch die Tür.
Charlotte, besagte Tochter des Königs, wachte auf.Prinz Louis sah ein wenig überfordert drein.
Vermutlich war er bisher nie allein in so einer Situation gewesen, aber Harry sah gerade darin seine Chance.
"Ich bringe Sie hier heraus. Sicher. Der Dienstbotenausgang liegt näher als das Eingangstor.", sagte er mit ernstem Unterton. Dass er der Eindringling war, wollte er jetzt nicht gerade betonen.
"Aber - Sie kennen sich hier aus? Wer sind Sie überhaupt?", Charlotte stand langsam auf und sah ihn immer noch etwas bedäppert an.
"Mein Name ist Edward, aber das können wir doch auch noch besprechen, wenn wir in Sicherheit sind, hm?", er ging zur Tür und öffnete sie. "Raus jetzt!", herrschte er sie an und zu seinem Erstaunen horchten beide und gingen mit schnellem Schritt und gesenktem Haupt an ihm vorbei.
Während er sie durch den Gang zu einer Art Abstellkammer führte, grübelte er, was er eigentlich vorhatte.
Denn auf zwei Leute war nicht nur er, sondern auch der Rest der Crew nicht vorbereitet.Im schlechtesten Fall hätten sie nicht mal genug Platz in den kleinen Booten, um in einer Tour zurück zum Schiff zu paddeln.
Nein, er sollte sich an den Plan halten. Allerdings gefiel ihm die Idee, Louis mitzunehmen - und damit dem König den einzigen gültigen Erben - doch ganz gut.
Der König ließ Piraten töten, da war es doch nur fair? Ganz abgesehen von seinen persönlichen Erfahrungen mit dem mächtigen Mann.Er entschied sich, für Louis.
Und dies sollte nicht das erste Mal bleiben.
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the pirate prince | larry
FanfictionDie, in der Harry der Captain eines Piratenschiffs ist, und den Thronerben Prinz Louis entführt. Oder: Harry ist ein wichtiger Teil in einer Gruppe von Feinden des Königs, versteckt aber die Gründe für seine persönliche Ablehnung gegen den Mann gut...