46.

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Beinahe hätte Louis erwartet, dass die Zwei nun auf ihn losgehen würden, doch nichts dergleichen geschah.
Der Himmel war bedeckt, der Wind hatte sich zur Ruhe gesetzt, es war still und gefühlskalt an diesem Ort.

Mordred war die Erste, die sich wieder aufrichtete. Zwar wischte die Hexe sich noch einige Tränen aus dem Gesicht, kam aber auf den Prinzen zu, der im Laufe der Reise so gewachsen und gealtert zu sein schien, dass sich wohl falsch anfühle, ihn weiter als den 'jungen Prinzen' zu betiteln.

"Das war wohl richtig. Du hast, mehr noch als ich, die Werte meines Glaubens eingehalten. Und Starrsinnigkeit und Wut haben schon immer nur zerstören können."
Ihr Blick huschte zu Harry, der noch am Boden kauerte, regungslos.

"Danke dir, du hast uns von einem Fluch befreit. Das wird auch dein Kapitän bald verstehen.
Du wirst ein guter König, der du doch die Rache verachtest", schloss sie mit rauer Stimme. Auch sie hatte den Verlust des Zeitumkehrers noch nicht verkraftet, wusste jedoch, dass es zum Guten war.

Harry hingegen, er fühlte sich wie eingefroren. Selbst als Mordred gegangen und Louis an seine Seite gekrochen war, erreichte ihn keine Wärme.

"Es ist besser so", sagte Louis ihm zu, doch er wollte nicht glauben, was er hörte. Zwar wusste er, dass es wahr war, aber dies schon seit einiger Zeit.
Es war dem Piraten immer bewusst gewesen, dass es besser war zu vergeben und zu vergessen.
"Ich kann nicht vergeben, wenn ich jeden Tag erinnere, was er mir antat. Und ich kann nicht vergessen, wie ich nächtelang diente, im Kalten, nur ein Kind."

Es wurde kälter und kälter um die Zwei und der Mann in Louis' Armen wimmerte. Nichts, außer seinen Mantel über ihm ausbreiten, konnte ein Prinz tun, um solche Taten des Königs zu entschuldigen.

"Er hat mich weggeschickt, als gäbe es nichts, was uns verband. Als hätte ich ihn nicht zum Vater ernannt.
In eine Familie, die mich für einen Mörder hielt?
Wo hätte ich denn hin sollen, wenn nicht in die Stadt? Auf dem Land gab es keine Arbeit mehr für mich, Brudermörder, dabei hat er mich zuerst angefallen.

Und ich dachte noch, ich hätte Glück gehabt, als ich im Bordell am Hafen ankam, weil sie mich dort schliefen ließen und ich Essen bekam. Woher sollte ich wissen, was passiert, wenn man älter wird? Woher hätte ich das wissen sollen?
Und hätte Robin mich nicht freigekauft, weil er ein guter Mann in einer schlechten Welt war, dann wäre ich noch immer dort - oder längst verstorben.

Trotzdem war ich auf seinem Schiff, und dort hat niemand mich geschützt."

Unterdessen klammerte er wirklich an dem Jüngeren. Es gab ihm nichts, jetzt noch Geheimnisse zu halten.

"Warum tut man das mit einem Kind? Ist das Leben denn nicht beschwerlich genug, muss man da noch die Jugend verderben?", fragte er, keine Antwort erwartend, weil Louis niemals verdorben genug war, um eine solche zu verstehen. Harry tat es ja selbst nicht.

"Robin hat mich zum König geführt.
Ich durfte nicht zurück, aber als ich dort war, wurde ich nicht festgenommen. Ich redete mit ihm, drohte ihm mit der Wahrheit. Aber ich war zu jung, um wirklich zu verstehen, wie man fordert.

Er gab mir das Schiff, auf dem ich segle, gebannt auf die See und die Häfen dieser Welt.

Und ich rede davon, als wäre es wenig, dabei gibt es mir doch die halbe Welt!
Nur scheint mein Glück sich nicht auf Wellen oder in der Gischt zu finden, wird nicht von der Flut an- oder von der Ebbe weggespült. Das Wasser friert mich längst nur noch, und die Sonne, die sich spiegelt, verbrennt mir die Haut."

"Harry..", flüsterte Louis gebrochen. Er musste nicht noch bildlicher wissen, wie es seinem Freund ging, es reichte zu wissen, dass es nicht gut war. Er brauchte Hilfe.

Zwar dauerte es noch eine gute Weile, doch dann rappelten die Zwei sich auf. Harry war ganz still geworden, doch Louis redete ihm vorerst gut zu. Sie ruderten zurück zur Storm und fanden dort einen Haufen begeisterter Piraten vor, die sich um einige Kisten scharten.

"Was seht ihr euch-", begann Harry, doch wurde er unterbrochen.
Liam erklärte ihm, dass dies doch die Schätze aus der Grotte seien, die Mordred mitgebracht hatte.

Achso.
"Klar, wieso frage ich auch?", brummte der Captain und linste von seinem Elend vorerst abgelenkt in die Kisten.

Reichtümer unwahrscheinlichen Ausmaßes fanden sich dort.

Louis drehte sich der Hexe zu, die neben ihm aufgetaucht war. "Woher?", fragte er nur.

"Nur Gold zu lieben ist töricht, im Zirkel deshalb ehren wir die ganze Welt.
Und wenn Stein den selben Wert wie Edelstein hat, fällt es nicht schwer, ein wenig hin und her zu wandeln."

Trotzdem hätte sie nicht gleich so damit angeben müssten, fand Louis. Doch gefragt wurde er wieder nicht.

-

Die Rückreise war wenig beschwerlich und außerhalb der Kammer des Kapitäns herrschte einigermaßen ausgelassene Stimmung.
Auch wenn noch an die Gefallenen gedacht wurde, es rückte in den Hintergrund, da nun etwas anrückte, was von der gesamten Crew zu feiern war:
Eine Hochzeit!

Nun, da Louis seinem Vater bekannt gemacht hatte, dass er freiwillig entschwunden war, mussten sie auch nicht mehr ganz so auf der Hut sein, was die kleine Verfolgungsjagd mit den Engländern anging, wobei die Tatsache, dass sie noch immer Piraten waren, wohl etwas verdrängt wurde.

Sie fanden sich wieder an der schottischen Küste, wo sie eigentlich nur anlegten, um für Speisen, Trank, und die richtige Bekleidung zu sorgen.

Doch Mordred entschied sich, dass es Zeit war, nun zu gehen.

"Vielleicht", überlegte Henry schüchtern, "gibt es ja doch Platz für eine Frau auf dem Schiff."
Lieb blinzelte er der jungen Hexe zu, die schmunzelnd den Kopf schräg legte.
"Und vielleicht gibt es einen Platz an Land für einen alten Seebären. Ich lasse Euch wissen, wenn ich mich an einem neuen Ort niederlasse. Denn sollte das Meer euch eines Tages doch zu wild werden, seid Ihr in meinem Kreise immer willkommen."

Henry zückte den Hut und deutete nach dieser Verabschiedung eine Verbeugung an. Er würde in Zunkunft wohl sehr sicher auf dieses Angebot zurück kommen.

Louis war nun der Letzte, der noch hier mit ihr stand.
"Ich werde dich vermissen", gab er zu.
Mordred nickte, sie würde auch noch viele Male an den Prinzen zurück denken.
"Es mag geschehen, dass wir uns noch ein zweites Mal begegnen.
Ich kann dich nur bitten, meine Art bis dahin in guter Erinnerung zu behalten.
Ein weiterer König, der uns verfolgt, wäre keine Umarmung wert."
Sie zog ihn in ihre Arme und strich ihm liebevoll über den Rücken - wie eine Schwester. Gott, und er vermisste Charlotte.

Jetzt jedoch wunderte er sich an erster Stelle. "Ich werde kein König, ich bin wohl nicht mehr erwünscht am Hof. Charlottes Sohn wird der nächste König, bis dahin-"

"Du wirst sehen. Denn auch ein König hat keine Ewigkeit."

Alles weitere dazu ließen sie offen.

"Alles Gute!", rief der Prinz ihr schließlich noch nach, während die Silhouette der jungen Frau auf den grünen Hügeln immer kleiner wurde.

Das war es dann wohl. Das Ende dieser Reise. Warm rollte ihm ein Ausdruck des Abschieds über die Wange.
Bevor jemand es sehen konnte, wischte er sich über das Gesicht und strich über seine Hose, um das salzige Wasser endgültig trocknen zu lassen.
In seiner Tasche ertastete er, was ihn zwangsweise inne halten ließ.

Ob es richtig gewesen war? Vorsichtig spähte er zu dem Zeitumkehrer, den er nun zwischen den Fingern hielt.
Womöglich war die Reise doch noch nicht vorbei.
Aber von nun an würde er sie lenken, kein Kapitän und keine Hexe, die von Verachtung getrieben die Meere absuchten, würden den Prinzen für ihre Pläne ausnutzen.

Er nahm das Steuer in die Hand, war sein eigener Retter geworden.
Sein Zeitalter war gekommen, und dafür hatte es keiner Krönung bedurft.

___

Nein, das war noch nicht das Ende. 😹
1 oder 2 Kapitel und ein Epilog folgen noch :)

Ich hoffe, es hat euch gefallen & ihr könnt die Pause verzeihen.
Mir fehlte einfach die Motivation, obwohl eigentlich alles schon vorstrukturiert vor mir lag :/

meinung, kritik, anything?

-unkorrigiert

the pirate prince | larryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt