3.

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"Warum geht diese Treppe so tief?", fragte Charlotte.

"Es gibt ein Tunnelsystem unter der Stadt. Ist wohl mit dem Anwesen verbunden.", nuschelte Louis und musterte den Fremden von hinten weiter skeptisch. Woher wusste er hiervon? Mit dem Mantel und den teuren Stiefeln sah er nicht wirklich aus wie ein Angestellter, aber die Gäste kannten sich doch nicht so gut an einem Ort aus, den sie vorher vielleicht ein oder zwei Mal betreten hatten. Auch, dass er im Dunkeln binnen Sekunden die Fackel ergreifen und entzünden konnte, zeigte, wie geübt er in dieser Umgebung war.

Harry jedenfalls drehte sich nicht einmal um, während sie gingen. Als die Treppe endete, fanden sie eine Tür vor, die ein wenig knarzte, als sie sie öffneten.

"Wäre es nicht vielleicht klüger gewesen, auf die ersten Wachen zu warten?", murmelte der Prinz, dem so langsam immer mulmiger im Bauch wurde.

"Oder auf den ersten von diesen Verbrechern. Du weißt nie, wer Nachts in dein Zimmer stürmt, Louis.", antwortete seine Schwester.

Harry musste über diese Aussage grinsen. Glücklicherweise war es noch immer sein Rücken, der den beiden zugewandt war.

Er stand dem Mädchen im Weg, sodass Louis als Erster durch die Tür ging. "Könntet Ihr bitte auch die Güte haben vorzugehen, wo Ihr schon die Fackel habt? Und nicht da einfach stehen bleiben?", meckerte Louis im Stockdunklen.

"Es war wirklich nett mit Euch. Nicht eure Schuld, dass unsere Wege sich jetzt trennen.", er drückte Charlottes Hand einen Kuss auf und schubste sie, die ihn perplex anblickte, zurück, bevor er die schwere Tür zuwarf, als er sie hinter sich ließ.

Louis blinzelte ein paar mal. Hatte der ernsthaft seine Schwester geschubst?
Warum waren sie jetzt allein?

Da leuchtete es ihm ein. "Ihr wart der Eindringling..?", fragte er eingeschüchtert. Harry lehnte entspannt gegen die Tür, gegen die von der anderen Seite stark geklopft wurde.

"Also ihm allein den ganzen Ruhm zuzuschreiben, finde ich unfair.", kam es belustigt aus dem Hintergrund. Calum kam mit einer Fackel aus hinter einer Ecke hervor, ein Tuch schmückte seinen Hals.

Hinter ihm tauchte Niall auf. Harry hörte auf zu lächeln. "Captain, ich weiß, eigentlich sollte ich nicht hier, sondern bei den Booten sein, aber als Ashton kurz abgehauen ist, hatte ich zu große Angst und bin lieber mit Calum mitgegangen.", er sah reuevoll zu Harry auf, als keine Reaktion kam, blickte er weiter zu ihrem neuen Gefangenen. Ihm klappte der Mund auf.
"Das ist aber keine Frau!
Und damit auch nicht die Prinzessin! Was..?"

"Einfach mal Ruhe geben, Horan.", merkte Harry an, drehte sich um und legte das Schloss an die Tür.

Louis war schon ganz blass. Hatte er da Captain gehört? Piraten?

"Nicht umfallen, Prinzessin, die Reise ist noch nicht zu Ende.", sagte Calum zu Louis und nahm ihn am Oberarm. Louis sah das als Startschuss zu Schreien. Und er schrie laut. Und hoch. Einfach in den Raum rein.

Harry hielt sich die Ohren.
"Wir sind Meter tief unter der Erde und über uns ist niemand. Deine Schwester ist sowieso schon los gerannt und wird wohl Hilfe holen. Schreien bringt nichts!", rief er ihm entgegen. Louis schrie einfach weiter. Einen Versuch war es wert.

Zumindest hatte sich die dreckige Piratenhand von seinem Arm gelöst.

Er schrie und schrie, bis er einen ordentlichen Tritt in den Hintern bekam, sich verschluckte und das Tuch, das Calum vorhin um den Hals getragen hatte, in den Mund gesteckt bekam.

"Ich hab ein Seil mit.", sagte Niall und reichte es Harry, der Louis Hände damit hinter seinem Rücken zusammenband. Dieser zeterte, doch es kamen dank des Knebels nur dumpfe Laute heraus.

"Und jetzt weiter, wir haben nicht ewig Zeit.", grummelte Harry, nahm das Bündel Louis über die Schulter, als er nicht selbst gehen wollte und schleppte ihn den Gang entlang.

Schnellen Schrittes liefen sie die Flure entlang und oft genug fragten sie sich dabei, ob das überhaupt noch der richtige Weg war. Trotz des Tempos war es unvermeidlich, dass sie irgendwann leise Schritte hinter sich vernahmen.

Schweiß ließ sich auf den Körpern der Piraten wiederfinden, bei Niall sicherlich eine Art Angstschweiß. Harry hingegen war vielleicht einfach nur angestrengt vom Tragen des Thronerbens.

"Ausgang, Ausgang, Ausgang...", murmelte der Captain leise und unter schweren Atemzügen, nur Louis hörte es. Schließlich lag sein Kopf auch in etwa auf Harrys oberer Brust. "Ausgang.. Ausgang? Ausgang!", Plötzlich wurde er lauter und Louis zuckte zusammen. "Da!"

Die Schritte hinter ihnen waren immer lauter geworden und Harry wusste, wenn sie nun die Tunnel verließen, würden sie auf offener Straße sofort gefasst, wenn sie von Soldaten verfolgt wurden.

Er blieb stehen und lies Louis fallen.
Dieser kam dumpf auf dem Boden auf.

"Niall, leg mal deine Kleidung ab. Also nicht alles, den Mantel, Messer, ja genau so."
Ängstlich befolgte Niall seine Aufgaben.

Harry drückte ihm eine Fackel in die Hand. "Geh in die andere Richtung. Sie denken, ich wäre allein mit Louis unterm Arm, schließlich konnte Lottie nicht von mehr erzählen. Du lässt sie dir folgen, mindestens bis sie an uns vorbei sind und wenn sie dich haben, sagst du, du arbeitest als Pferdebursche in den Stallungen, hast beim Alarm Angst bekommen und hast nach einem Versteck gesucht. Du bist weggelaufen vor ihnen, weil du dachtest, sie seien die bösen. Du kommst zu den Booten, wenn du wieder allein bist.", nebenbei machte Harry die andere Fackel aus.

"Kann das nicht Cal -"

"Nein, du machst das. Und los jetzt!", er schubste ihn und Niall lief.

Schleichend trug er zusammen mit Calum Louis weiter, der verzweifelt versuchte, doch noch Geräusche von sich zu geben. Harry wurde nervös und gab ihm kurzerhand einen festen Schlag auf den Hinterkopf.

the pirate prince | larryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt