Kapitel 23: Du schwimmst gegen den Strom.

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Ich spüre eine Hand, die mich an stupst. Als ich meine Augen öffne ist das Erste, was ich sehe das, gleichzeitig das Letzte, das ich gestern gesehen habe: Justin.

"Shay..." Er lächelt und seine Augen kneifen sich dabei zusammen. "Wir müssen zur Schule, denke ich zumindest, oder?"

Ich strecke meine Arme aus. Schule war in den letzten Wochen kein Thema für mich, aber es war klar, dass es mich wieder einholen würde.

"Ja denke schon." Erst jetzt merke ich, dass ich in Justins Bett liege.

"Gut, mach dich fertig." Er hält mir die Tür auf und begleitet mich zur Badezimmertür. "Ich warte hier. klopf vorher, wenn du fertig bist."

Langsam regt mich Justins Vorsicht auf. Ich verstehe, dass er Freunde und Familie nicht vermischen will, aber das ist nun wirklich übertrieben.

Ich seufze und verschwinde im Badezimmer.

Ich könnte etwas dagegen sagen, aber die Stimmung zwischen mir und Justin ist gerade gut und ich halte mich lieber zurück. Immerhin darf ich bei ihm übernachten und allein dafür sollte ich dankbar sein und nicht rumzicken. Außerdem fand ich es schön, wie er mich gestern behandelt hat und sich um mich gekümmert hat.

-

Die restliche Zeit bei Justin ist ziemlich unspektakulär, ich bin es ja gewohnt nur in seinem Zimmer zu bleiben. Manchmal denke ich, er hat ein Geheimnis, das er vor mir verbirgt. Oder aber, ich bin das Geheimnis, das er vor seiner Familie verbirgt. Komischer Gedanke.

Da ich lange nicht in der Schule war, quäle ich mich heute hin. Natürlich habe ich noch einen Hintergedanken. Ich will Mystery Boy finden oder es zumindest versuchen.

Diese Aufgabe scheint schwerer als gedacht. Als ich durch die sterilen und gleichzeitig angsteinflößenden Flure der Schule gehe, wird mir bewusst, dass es jeder der 2000 Schüler sein kann. Außer Justin, den ich ja bereits ausgeschlossen habe. Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, dass es ein Mädchen sein könnte. Das würde natürlich alles in ein anderes Licht werfen. Aber irgendwie wünsche ich mir, dass die Worte, die mich so berühren, von einem Jungen geschrieben wurden.

Ich betrete das Klassenzimmer, Justin folgt mir, weil wir zusammen mit seinem Auto hergekommen sind. Die Augen sind auf uns beide gerichtet. Manchmal glaube ich, sie schließen Wetten ab, wann ich wiederkomme und aufhöre zu schwänzen. Wahrscheinlich werden sie später darüber spekulieren, ob Justin und ich zusammen sind, aber das macht mir wenig aus.

Mein Blick wandert zu all den Schülern, die sich in der Zeit, in der ich weg war, natürlich kein Stück verändert haben. Immer noch die gleichen Gesichter, das gleiche Gelächter und Getuschel. Manchmal frage ich mich, was wäre, wenn Oberflächlichkeit wehtun würde. Ich lache.

"Shay?" Ich höre eine Stimme hinter meinem Rücken. Die Stimme ist mir komplett unbekannt.

Als ich mich umdrehe, sehe ich einen Jungen, der etwa 19 sein muss. Er lacht mich verschmitzt an. Er hat Grübchen, die ihn irgendwie geheimnisvoll wirken lassen.

"Ich bin Tyler." Er lacht laut, obwohl es keinen Grund dazu gibt.

"Woher kennst du meinen Namen?"

"Tja, meine Liebe, ich denke, es wird einfach viel über dich geredet. Als neuer Schüler hört man hier so einiges über dich, Babe."

Babe Ich verziehe mein Gesicht bei dem Gedanken an das Wort aus seinem Mund.

Eine seiner Hände steckt in seiner Hosentasche, die andere fährt durch seine wuscheligen pechschwarzen Haare.

"Ach so ist das." Ich starre ihn an. Sein Outfit ist stimmig. Die graue Kapuzenjacke bildet mit einer schwarzen Skinny Jeans einen Look, der perfekt zu seinem Typ passt.

"Wir sollten uns kennenlernen. Ich merke schon, dass du anders als die anderen hier bist. Du schwimmst gegen den Strom Shay."

Ich halte den Atem an. Die Worte kommen mir bekannt vor.

"Schreibst du Artikel, Texte oder Geschichten?" Seine smaragdgrünen Augen leuchten auf, als ich das sage.

"Weißt du..." Noch ehe er den Satz beenden kann, klingelt es.

Ich kann die Antwort kaum abwarten, aber anstatt sie zu bekommen, werde ich von hinten an gestupst.

Ich drehe mich um und sehe in ein bekanntes Gesicht.

"Shay, schön Sie hier anzutreffen. Eine besondere Ehre für uns alle!" Mein Lehrer lacht künstlich und sucht seinen Weg nach vorne zum Pult.

Ich setzte mich schweigend auf meinen Platz.

"Haben Sie sich etwa mit Tyler angefreundet?" Er zieht eine Augenbraue hoch und lässt sich auf seinen Stuhl fallen. "Heilige Mutter Maria, Tyler und Shay zusammen wird mein Untergang. Bitte macht diesen Alptraum nicht wahr." Er und die gesamte Klasse lachen ironisch.

Wie gerne ich ihn gerade an die Wand werfen würde. Ich schaue zu Tyler rüber. Er kippelt mit seinem Stuhl, seine Füße sind auf dem Tisch abgelegt. Er lacht verschmitzt und zwinkert mir zu, als er sieht, dass ich zu ihm schaue.

Die restliche Stunde denke ich darüber nach, wie er die Frage beantworten wollte. Ist er Mystery Boy?


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