Justin's POV
Ich ziehe den Schlüssel und wende mich zu Shay. Für sie ist das alles komplett unangenehm, das sehe ich ihr an.
"Ich hab so Angst Justin, ich hab so Angst." Ich verstehe sie. Toby hätte sie fast vergewaltigt, wenn ich nicht da gewesen wäre und jetzt stehen wir wieder vor seinem Haus.
"Wir gehen dort hin und reden mit Vanessa. Wenn wir Glück haben, ist Toby garnicht da." Ich nähere mich ihrem Gesicht und küsse sie kurz. "Außerdem habe ich dich einmal vor ihm gerettet und es wird mir auch ein zweites Mal gelingen."
"Jetzt fühlst du dich wie ein Held, oder?" Sie lässt einen kurzen Lacher heraus und lehnt sich dann nervös zurück.
"Ich bin ein Held.", sage ich laut und verstelle dabei meine Stimme, damit sie besonders männlich klingt.
Während ich noch lache, hat Shay längst wieder einen ernsten Blick aufgesetzt.
"Das wird schon, Shay." Ich öffne die Fahrertür, steige aus und laufe lässig zur anderen Seite, um ihr die Tür aufzuhalten.
Als ich nach ihrer Hand greife, merke ich, dass sie zittert. Sie hat wirklich Angst und ich weiß, dass ich sie ihr nicht nehmen kann.
"Wenn wir das alles durchstehen, dann erfülle ich dir einen Wunsch, deiner Wahl, ok?"
"Danke." Ihre Wangen werden rot und sie grinst auf eine kindliche Art.
Das Haus liegt in einem Hinterhof und wird von Schatten bedeckt. Von Außen wirkt es unscheinbar, aber ich denke jeder hier weiß, was Toby hier für Geschäfte macht.
An der Tür angekommen, bemerke ich, dass sie offen steht.
Ich werfe Shay einen fragenden Blick zu und mit einem Nicken gibt sie mir zu verstehen, dass ich die Tür öffnen darf.
Mit einem Schritt betrete ich das Haus. Die Luft ist stickig und der Geruch von Rauch steigt in meine Nase.
Nachdem ich einmal laut huste, beginne ich nach Vanessa zu suchen.
"Vanessa?", rufe ich laut, während ich Shay sicher an meiner Hand halte und sie nicht aus den Augen lasse.
Stille erfüllt den Raum und ich beschleunige meinen Schritt, bis wir im Wohnzimmer angekommen sind.
Auf dem Boden liegen Falschen, Essensreste, benutze Zigarettenkippen. Der Raum ist durch die zugezogenen Gardinen verdunkelt und nur ein schmaller Spalt zwischen den Gardinen erfüllt den Raum mit wenigstens etwas Licht. Auf dem teilweise kaputten Sofa liegt ein junges Mädchen. Sie ist vielleicht 15, höhstens 16, hat braunes langes Haar und scheint zu schlafen.
"Ich kenne sie.", flüstert Shay leise in mein Ohr und stupst das Mädchen sanft an.
"Hey.", sagt sie etwas lauter. Daraufhin scheint das Mädchen aufzuwachen und fällt dabei fast von der Couch.
"Wer seid ihr?" Sie zuckt zusammen und kriecht in die andere Ecke des Sofas, wobei sie ihre Decke vor ihren Oberkörper hält.
Shay's POV
"Vielleicht erinnerst du dich an mich, wir sind uns hier an der Tür mal begegnet und ich habe dir geraten dich von Toby verzuhalten." Ich atme tief aus, ich denke nicht, dass sie es getan hat. "Zumindest hätten wir nur mal eine Frage, Rebecca?"
"Ja genau ich heiße Rebecca. Das Gespräch...Ich hätte auf dich hören sollen." Ihre Gesichtsmuskeln ziehen sich zusammen. "Wie auch immer, was für eine Frage habt ihr?"
"Weißt du, wo Vanessa ist. Die Blonde, die auch hier im Haus lebt oder vielleicht lebte?" Erwartungsvoll richtet sich mein Blick auf sie. Erst jetzt fällt mir ihre rotgeschwollene Wange auf.
"Vanessa ist bei Toby. Ich war zum Glück nicht da als sie kamen." Ihre Mine wird finster und ihre Augen strahlen Leere aus. "Sie wurden festgenommen, sind jetzt im örtlichen Gefängnis. Ich weiß nicht, wie lange sie drin bleiben, aber ich hoffe sie werden ewig in der Hölle schmoren."
Mein Mund steht offen. Nach so vielen Jahren ist es soweit, dass Toby festgenommen wurde. Wäre ich noch länger bei Toby geblieben, wäre ich vielleicht auch festgenommen worden. Diese Vorstellung lässt mich nicht mehr los, wie grausam würde meine Zukunft aussehen?
"Was haben sie mit dir gemacht?" Justin führt das Gespräch weiter.
Sie reißt ihre Augen für einen Moment auf und schaut dann auf den Boden. Eine Träne kullert über ihr Gesicht, das geschwollen aussieht, ganz anders als damals, als ich sie das erste Mal getroffen habe.
Langsam und sehr zögernd streift sie ihr T-shirt runter und richtet ihre Schulter zu uns.
Blaue und rote Flecken überdecken ihre ganze Haut. Sie nickt kurz und zieht ihr Oberteil wieder hoch.
"Rebecca, wir nehmen dich jetzt mit ins Krankenhaus.", sagt Justin bestimmt und reicht ihr seine Hand.
Ihre Augen werden glasig und sie zuckt zusammen, bis sie schließlich nach Justins Hand greift und er sie sanft vom Sofa hochzieht.
Als wir uns auf den Weg zum Auto machen, habe ich wieder ihre Schulter vor Augen. Ihren Blick. Und immer wieder denke ich daran, dass ich es hätte sein können. Wenn Justin nicht wäre...
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Fanfic"Liebe ist Anerkennung. Liebe ist Leben. Liebe ist Kraft. Liebe ist Geborgenheit. Liebe ist Glück. Was ist Liebe noch? Liebe ist Schmerz. Liebe kann wehtun. Nichts kann einem mehr wehtun als Liebe, die ausgenutzt oder nicht erwidert wird. Wer lie...