Kapitel 16

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Matze, das geht nicht", antwortete ich auf die Nachricht, die mir mein Teamkollege geschickt hatte. Es war einfach unmöglich, dass ich ihn jetzt noch sehen konnte. Er durfte nicht hinter Deans Fassade blicken. Es war einfach zu riskant.
"Bitte Dean! Ich brauche dich!", kam es fast bettelnd zurück. Ich seufzte, während ich aus dem Fenster sah und beobachtete, wie die Straßen Dortmunds an mir vorbei zogen.
"Wir klären das gleich übers Telefon okay?", versuchte ich einen Kompromiss einzubringen, "ich bin noch auf dem Weg nachhause."
"Das geht nicht übers Telefon Dean. Ich halte es ohne dich einfach nicht mehr aus. Ich will dich wieder halten. Dich spüren. Dir nahe sein", kam daraufhin die Antwort.
Ich seufzte erneut, ehe ich wieder aus dem Fenster blickte. Mir fehlten Matzes sanfte Berührungen ja auch irgendwie, aber außerhalb meiner Arbeitszeit war es einfach unmöglich.
"Komm bitte einfach zu mir. Ich wohne am Stadtrand von Dortmund. Da wird dich keiner sehen oder ansprechen. Bitte Dean!"
Ich lehnte den Kopf in den Nacken und atmete tief durch, während ich die Autodecke betrachtete.
Sollte ich es wirklich wagen mich auf so gefährliches Terrain zu begeben? Wenn jemand davon etwas mitbekam... Geschweige denn mich jemand als Erik Durm erkannte...
"Erik, wir sind da", zog der Fahrer des Kleinbuses mich aus meinen Gedanken.
"Danke", entgegnete ich daraufhin und öffnete die Autotür, ehe ich vorsichtig ausstieg. Mein Chauffeur war bereits damit beschäftigt meinen Koffer aus dem Kofferraum zu ziehen, den ich sogleich darauf entgegen nahm.
"Danke fürs fahren Lukas. Wir sehen uns dann übermorgen", verabschiedete ich mich von meinem Fahrer.
"Ja, bis übermorgen um zehn", entgegnete dieser und stieg dann wieder in den Kleinbus, ehe er davon fuhr. Ich sah ihm noch einen Moment nach, bevor ich schließlich mein Haus wieder betrat.
Ich warf meine Schlüssel auf die Anrichte und stellte meinen Koffer ab. Das Vibrieren meines Handys störte mich schließlich wieder als ich gerade Schuhe und Jacke auszog. Ich zog es hervor und erhaschte direkt einen Blick auf Matzes neue Nachricht, in der er mir seine Adresse niedergeschrieben hatte. Es war sogar wirklich seine Adresse, schließlich war ich schon öfter bei Matze gewesen. Er war echt naiv einem eigentlich Fremden direkt seine Adresse zu übermitteln. Wenn unter der Maske jemand anders als ich gesteckt hätte, wäre seine Adresse spätestens jetzt wahrscheinlich durch die ganze Welt gegangen und verrückte Fans würden ungeduldig vor seiner Tür auf ihr Idol warten.
"Ich warte auf dich ❤", erschien daraufhin noch eine weitere Nachricht und ich musste schmunzeln.
Es tat gut von jemanden so umgarnt zu werden. So gewollt zu sein. Ich hatte sowas noch nie zuvor erlebt. Besonders nicht in meinem zweiten Beruf.
Ein Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit, während diese Stimme in meinem Kopf es langsam schaffte mich davon zu überzeugen zu Matze zu gehen.
"Okay... Gib mir eine halbe Stunde", antwortete ich schließlich, steckte mein Handy wieder weg und hievte meinen Koffer noch immer etwas humpelnd in mein Zimmer.
Ich öffnete daraufhin meinen Kleiderschrank und überlegte, wie ich mich am besten tarnen konnte. Meine gewöhnlichen Alltagsklamotten fielen flach. Ich brauchte etwas, dass Matze noch nie an mir gesehen hatte um die Klamotten nicht wieder zu erkennen.
Ich kramte eine ganze Weile in meinem Schrank, bis ich eine enge, schwarze Jeans gefunden hatte, die ich noch nie angehabt hatte. Zudem hatte ich noch einen Strickpullover gefunden, den ich von meiner Großmutter zu Weihnachten geschenkt bekommen, aber nie getragen hatte, da das Muster so bunt war. Da ich jedoch wusste, dass Matze mich eher wegen des Vergnügens eingeladen hatte, suchte ich äußerst bedacht etwas im Fach meiner Unterwäsche. Ich hatte erst letztens neue Reizwäsche über's Internet bestellt, die ich mir für meinen Job im Zuckerhäusschen besorgt hatte. Heute war wohl der Tag gekommen, eines dieser neuen Stücke zu testen.
Ich entschied mich letztendlich für einen durchsichtigen Netzslip und verschwand mit den Sachen im Bad. Zunächst zog ich alles aus, ehe ich in den Slip schlüpfte. Mit so gut wie nichts an, kramte ich dann in meinem Badezimmerschrank und zog eine Rolle mit Tape hervor, um mir an meiner V-Line, sowie kurz unter meiner Brust jeweils ein paar Tapestreifen zu platzieren. Anschließend holte ich die rosa Sprühfarbe hervor und begann mir mein Haar pink zu färben. Nach einer Weile war ich schließlich zufrieden und holte ein paar neongelbe Kontaktlinsen hervor. Nachdem ich mir diese eingesetzt hatte, begann ich meine Augen schwarz zu schminken. Ich hatte meine Maske nicht hier und es war mir auch etwas zu auffällig mit einer Maske das Haus zu verlassen. Also machte ich mich daran meine Augen mit viel Lidschatten unkenntlich zu machen.
Nachdem ich auch damit fertig war, betrachtete ich mich im Spiegel. Ich sah mir selbst irgendwie immer noch zu ähnlich. Bei dem Versuch dies zu ändern, fummelte ich an meinen Haaren herum und beschloß sie nicht so zu stylen, wie ich sie normalerweise trug, sondern sie zu teilen und einen Scheitel zu ziehen. So sah ich schon gleich viel anders aus.
Als schließlich auch das geklärt war, zog ich Hose und Pullover an. Der Pullover war mir viel zu groß und der Ausschnitt ging mir bis zum Schlüsselbein. Auch im unteren Bereich fühlte es sich komisch an, da ich durch den Netzslip den Jeansstoff spüren konnte.
Anschließend verließ ich das Badezimmer wieder und zog noch einen alten Mantel aus dem Kleiderschrank hervor, den ich seit Jahren nicht mehr an hatte. Ich schnappte mir auch schnell noch eine Kappe und eine Sonnenbrille und setzte beides auf, ehe ich wieder den Flur betrat und nach meinen Schlüsseln griff.
Ich wusste, dass diese Aktion mehr als gewagt war, aber ich brachte es einfach nicht übers Herz bringen Matze abzusagen, vermisste ich ihn doch auch irgendwie. Ich atmete noch einmal tief durch und betrat dann meine angrenzende Garage durch die Verbindungstür.
Als ich Matzes Haus näher kam, parkte ich unbemerkt in einer Seitenstraße. Er kannte mein Auto und ich wollte jetzt nicht deswegen auffliegen. Ich lief so die letzten Meter zu Matzes Haus und sah mich noch einmal vorsichtig um, um auf Nummer sicher zu gehen, dass mich keiner bemerkte. Als die Luft schließlich rein war, atmete ich noch einmal tief durch und drückte dann auf die Klingel.

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