Kapitel 32

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Während der Reha lag mein ganzer Fokus auf den Einheiten, die ich absolvieren sollte. Ich wollte das Aufbautraining so gut wie möglich abschließen, um dann möglichst schnell wieder verschwinden zu können um Jule und seine durchlöchernden Fragen zu umgehen. Vielleicht dürfte ich ja noch früher weg, wenn ich sagte, dass ich noch einen wichtigen Termin hätte...
"Flo!", rief ich unseren begleitenden Physio, der daraufhin von Marcos Oberschenkel aufsah, "kann ich heute etwas früher gehen? Ich hab noch einen wichtigen Termin."
Florian musterte mich daraufhin skeptisch ehe er kurz zur Wanduhr über der Tür sah.
"Okay", begann er mir einen Kompromiss vorzuschlagen, "du hast regulär noch eine halbe Stunde Reha, aber wenn du dich jetzt richtig reinhaust, kann ich dich auch eine Viertelstunde früher gehen lassen."
Ich nickte auf seine Anforderung hin, dankte ihm noch einmal und konzentrierte mich jetzt voll und ganz auf mein Programm.
Das war meine Eintrittskarte zur Freiheit gewesen. Die Jungs würden niemals früher mit dem Training aufhören. Dafür war Tuchel viel zu vernarrt darauf jede noch so kleine Trainingsminute zu nutzen. Ich würde also weder Jule noch Matze noch einmal ins Gesicht sehen müssen.
Nach einer intensiven Viertelstunde entließ mich Florian schließlich mit einem Winken und ich ging, so schnell ich nunmal mit meinem lädierten Knie konnte, zurück in die Kabine. Dort angekommen ließ ich mich erleichtert auf meinem Platz nieder.
Endlich alleine. Ich verweilte so einen Augenblick, bis ich schließlich meinen Spind öffnete und mir eine neue, schwarz-gelbe Schiene entgegen blickte. Na toll... Schon wieder so ein dummes Metallgestell, das mich einschränkte. Daneben lag ein Zettel vom Doc.
"Ich hab nochmal mit Doktor Müller-Wohlfahrt gesprochen. Anstelle der Tabletten trägst du die nächsten drei Wochen bitte noch einmal diese Schiene. Dann werden wir sehen ob du eine neue Schiene brauchst oder nicht.
Liebe Grüße,
Doc Braun"
Ich seufzte. Hatte das mit diesen dummen Stützen nicht langsam mal ein Ende? Genervt zog ich das Gestell aus dem Spind hervor, öffnete meinen rechten Schuh und zog die Schiene vorsichtig über mein kaputtes Knie. Neben der schwarz-gelben Farbe hatte es sogar das BVB Logo klein an der Seite kleben. Genau in diesem Moment öffnete sich erneut die Kabinentür und ich sah überrascht auf. Wer konnte das denn sein? Sowohl das Reha- als auch das Mannschaftstraining liefen doch noch.
Als die Gestalt herein humpelte musste ich mich zurückhalten um die Augen nicht zu verdrehen. Natürlich war es ausgerechnet Jule, der mit einem Kühlpack in der Hand in den Raum gehüpft kam. Er ließ sich auf seinem Platz nieder und drückte das Eis dann an seinen Knöchel. Es dauerte einen Moment, aber dann bemerkte er mich doch und sah mich verwundert an.
"Was machst du denn schon hier?", fragte er verwirrt.
"Dasselbe könnte ich dich fragen", gab ich nur zurück.
"Bin im Training umgeknickt und soll kein Risiko eingehen. Der Doc schaut gleich nochmal drüber", antwortete er mir und sah nun mich abwartend an.
"Ich hab noch einen wichtigen Termin", entgegnete ich nur und konzentrierte mich wieder darauf meine Schiene festzuziehen.
"Ach, mit deiner Schnecke?", erwiderte Jule daraufhin nur mit einem frechen Grinsen.
"Nein", entfleuchte es mir genervt und ich zog mir mein Shirt über den Kopf.
"Belügen kannst du wen anders. Außerdem, du musst mir immer noch erzählen wie du dieses schöne Andenken bekommen hast."
Mit einem frechen Grinsen tippte Jule an seinen Hals.
"Okay, weil es dich ja so brennend interessiert, ich hatte letzte Nacht einen One Night Stand, na und?! Das war's! Nichts weiter!", gab ich ihm jetzt schnippisch zur Antwort, zog mir meinen Pulli über den Kopf, schlüpfte in meine Schuhe, schnappte mir meine restlichen Sachen und verschwand.
Ich hatte echt keine Lust auf seine neckischen Spielchen. Ich hatte mich doch absichtlich so schnell aus der Reha gemogelt, um ihm nicht begegnen zu müssen!
Genervt stürmte ich aus dem Trainingsgebäude und zu meinem Auto. Ich hörte schon die ersten Jungs lachend vom Platz kommen, doch ich schenkte ihnen keine weitere Aufmerksamkeit. Dafür war ich gerade einfach auch viel zu genervt. Ich schmiss mein Tasche auf den Beifahrersitz und startete den Motor. Im Moment wollte ich einfach nur so weit weg vom Trainingsgelände wie möglich.
Nach zehn Minuten stand ich so schließlich im Hinterhof vom Zuckerhäusschen. Es konnte nicht schaden, wenn ich mit meiner Schicht heute schon früher beginnen würde. Ich hatte schließlich eine ganze Woche nachzuholen. Ich schnappte mir also wieder meine Trainingstasche, in der ich auch mein Outfit für die heutige Schicht hatte, zog mir die Kapuze meiner Jacke tief unter die Stirn und betrat dann durch den Hintereingang das Zuckerhäusschen.
Ich schloß den Raum zu meinem Zimmer auf und schmiss die Tasche auf's Bett. Der Tag hatte heute morgen so gut begonnen, warum musste Jule ihn mir denn jetzt versauen?!
Genervt wühlte ich in meiner Tasche und verschwand dann mit dem Neonslip im Badezimmer.
Dummer Jule... Dummer Matze! Warum musste er mir auch diesen Knutschfleck verpassen?! Ich betrachtete sein Meisterwerk einen Augenblick im Spiegel. Er hatte sich wirklich alle Mühe gegeben das Ding so groß wie möglich zu bekommen. Es zeichnete sich beinahe auf der gesamten rechten Hälfte meines Halses ab. Wie hatte ich denn nicht mitbekommen können, dass er mir das verpasst hatte?!
Ich schüttelte meine Gedanken wieder von mir ab und machte mich daran mich fertig zu machen. Meine Haare waren bald darauf wieder pink, die Augen funkelten gelb, mein Oberkörper war wieder unkenntlich abgetapt und meine Maske klebte, genau wie zwei gelbe Tapestreifen darunter, wieder auf meiner Nase.
Anschließend streifte ich langsam meine Trainingshose von meiner Hüfte. Sie war zum Glück breit genug, sodass meine Schiene locker darunter passte. Als ich sie aus hatte folgte ihr meine Boxershorts. Ich griff daraufhin nach dem neon-gelben Slip auf der Kante der Badewanne und schlüpfte in diesen. Als alles zu meiner Zufriedenheit saß, verstaute ich meine restlichen Klamotten in der Kommode in meinem Zimmer und steuerte dann mein Bett an.
Ich zog noch einmal meine Handys aus der Trainingstasche, ehe ich die große Tasche unter mein Bett schob. Zu meiner Enttäuschung hatte ich jedoch keine neuen Nachrichten. Nicht von Jule, nicht von Matze und auch nicht von meiner Mutter. Ich seufzte noch einmal und ließ meine Handys dann in der Schublade des Beistelltisches verschwinden. Es wurde Zeit Mama Boo Bescheid zu geben, dass ich schon da war.
Ich griff also nach dem Telefon auf dem Beistelltisch und rief bei Mama Boo am Empfang an.
"Hey Mama Boo. Ich bin's, Erik. Ich bin schon da also falls du schon Kundschaft für mich hast, schick sie her. Ich muss ja schließlich noch eine Woche aufarbeiten", begrüßte ich sie und nur wenige Minuten später klopfte es auch schon an meine Zimmertür und der erste Kunde betrat den Raum.
"Showtime baby", murmelte ich leise zu mir selbst und konzentrierte mich nun darauf meinen Kunden zu beglücken und all seine Wünsche zu erfüllen.

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