Kapitel 5

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Schlendernd betraten Julian und ich das Vapiano in der Innenstadt von Dortmund.
"Und dann hat er ihm einfach eine über den Latz gezogen während die versammelte Mannschaft um ihn stand! Gott, das wird er sein Lebtag nicht vergessen", lachte Jule, während wir uns an einem Tisch nieder ließen.
"Erik? Erik, hörst du mir überhaupt zu?", fragte Jule schließlich und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, "sag mal, wo bist du denn mit dem Kopf man? Hat dir da jemand die Sinne verdreht?"
Sein Grinsen ging, für Jule typisch, über sein gesamtes Gesicht und er schaute verschmitzt zu mir.
"Wie? Was?", fragte ich nur desorientiert und sah verwirrt zu ihm.
"Na, rück schon raus mit der Sprache! Wer ist die Glückliche Erik", neckte er mich weiter und rammte mir seine Faust leicht gegen den Oberarm.
"Was für eine Glückliche?", fragte ich nur irritiert.
"Na, die Glückliche, die dir offensichtlich total den Kopf verdreht hat!", erläuterte Julian mir, "und so wie du dich verhältst, hat sie dich echt voll um den Finger gewickelt! Ich freu mich doch für dich Bro! Endlich hast du auch mal jemanden, dem du dein Leid klagen und schön durchvögeln kannst!"
Jules Grinsen wurde dabei nur noch breiter, falls das irgendwie möglich war.
"Da ist keine Glückliche Jule!", machte ich ihm nun Augen verdrehend klar.
"Ach, verarschen kann ich mich selbst! Wenn du nicht bei deiner Süßen bist, wo bist du bitte dann mit deinem Kopf?"
Auf die Frage hin herrschte Stille, da ich nicht wusste, was ich antworten sollte. Ja... Wo war ich gerade mit meinen Gedanken? Ganz offensichtlich befand ich mich nicht hier bei Julian, der sich köstlich über mein Gesicht amüsierte.
"Alter, dich hat's ja sowas von erwischt!", lachte er und griff nach der Speisekarte.
Ich konnte ihm ja schlecht sagen, dass ich mit dem Kopf gerade im Zuckerhäusschen steckte und hinterfragte, wieso Matze sich so mir gegenüber verhalten hatte. Es war einfach total untypisch und er war so liebevoll gewesen. Es machte einfach keinen Sinn. Schließlich war Matze in ein Bordell und nicht zu einem Elitepartner.de Date gegangen.
"Verdammt, Erik man! Was du essen willst hab ich gefragt!", rief Jule mich wieder zurück in die Realität.
"Ich... äh...", antwortete ich nur geistreich und sah zu dem Kellner, der mich abwartend mit Block und Stift bewaffnet ansah, "ich nehm die Spaghetti Bolognese, Danke."
Der Kellner notierte sich meine Bestellung daraufhin.
"Was möchten Sie dazu trinken?"
"Ein stilles Wasser bitte", antwortete ich und nachdem der Kellner genickt hatte, verschwand er wieder.
"Alter, was ist denn los bei dir? Das ist ja echt nicht mehr normal", meinte Jule als wir nur noch zu zweit waren.
"Sorry man", entgegnete ich schließlich seufzend und sah zum Tisch, während ich mein Handy hervorzog und es nervös in meinen Händen rieb, "der ganze Rehastress geht mir nur an die Nerven", äußerte ich die plausible Antwort, die Julian zu beruhigen schien, denn sein besorgter Blick wurde mitleidiger.
"Ach Bro... Mach dich deshalb doch nicht so fertig. Du kommst wieder, wenn du wiederkommst. Niemand stresst dich außer du dich selbst. Das wird schon wieder", sprach Jule mir gut zu und ich legte mein Handy neben mir auf dem Tisch ab, ehe ich erneut seufzte.
"Ich weiß, aber es ist trotzdem alles so frustrierend Ju. Ich hab das Gefühl ich mache kaum Fortschritte. Und wer kann mir schon vergewissern, dass ich mich nach meinem Comeback nicht wieder direkt verletze?"
"Mit der Einstellung definitiv niemand. Du musst mal ein bisschen mehr an dich glauben Erik! Verdammt, du bist Weltmeister! Du hast schon so viel schlimmeres gemeistert! Du wärst echt dumm, wenn du jetzt aufgibst", redete Jule mir gut zu.
Erneut entfleuchte mir ein Seufzen.
"Du hast ja recht aber es ist halt auch nicht so einfach sich immer und immer wieder zurück zu kämpfen. Du kannst da ja auch kaum mitreden. Du hast dich bis jetzt noch nie so richtig schwer verletzt. Bei dir läuft alles wie am Schnürchen, während ich weiter einen Kasten rauf und runter hüpfe."
"Deine deprimierende Stimmung bringt mich noch zum kotzen Erik. Versuch doch bitte mal nicht immer den Teufel an die Wand zu malen!"
"Ich versuch es ja!", entgegnete ich und sah zum ersten Mal zu ihm auf.
"Gut! Dann lass uns jetzt aufhören Trauerlieder zu schreiben und erzähl mir lieber, was die Woche noch bei dir läuft!", versuchte Julian nun das Thema zu wechseln und bei seiner motivierten Stimme musste ich leicht lächeln.
In genau diesem Moment blinkte schließlich eine Nachricht von Mama Boo auf meinem Display auf.
"Mama Boo?! Ernsthaft Erik?!", lachte Jule, der den Namen wohl überkopf gelesen haben musste. Schnell zog ich mein Handy wieder an mich. Es wäre fatal wenn Jule die Nachricht weiter gelesen hätte.
"Zuckerstück, du musst so schnell wie möglich den Dienst antreten. Big Bob steht vor der Tür und ich bekomme ihn nicht abgewimmelt", laß ich mir die Nachricht durch und musste schlucken.
Big Bob war einer meiner Stammkunden. Er war das genaue Gegenteil von dem was Matze war. Ihm war es vollkommen egal inwiefern er mich in seinem Tun verletzte und ob ich um Hilfe schrie.
Er war mit der Grund, weshalb unsere Türen nicht mehr verschließbar sein durften. Seit dem Vorfall hatte er mich jedoch so gepeinigt, dass ich es nicht mehr über mich brachte auch nur irgendein Geräusch von mir zu äußern.
Wenn ich gesagt hatte, dass Boss schlimm war, dann war Big Bob wirklich der Schrecken in Person.
"Wieso denn bitte 'Mama Boo'?", erkundigte sich Julian noch immer lachend, "nennt Mama dich noch immer Boo Boo Bär?"
Jetzt erfüllte sein Lachen inzwischen den ganzen Raum, während ich ihn nur sauer ansah.
"Das ist nicht lustig Ju! Lass meine Mutter aus dem Spiel!", setzte ich mich zur Wehr und tatsächlich beruhigte Julian sich wieder.
"Okay, okay. Sorry Bro", meinte er und hob entschuldigend die Arme, "was will sie denn?"
"Ich muss zu ihr. Ihre... ihre Couch klemmt und ich soll sie wieder einrenken", erklärte ich.
"Die Couch klemmt? Echt jetzt? Was ist mit deinem Vater?", fragte Julian nur neugierig weiter.
"Er ist grade auf Geschäftsreise", antwortete ich knapp.
"Und deshalb sollst du jetzt nach Pirmasens fahren?"
Ich verdrehte auf seine andauernden Fragen nur meine Augen und stand auf. Schnell zog ich noch einen Zwanziger und einen Zehner aus meinem Portmonee, ehe ich mir die Jacke wieder überzog.
"Lass es dir schmecken Ju", äußerte ich nur, legte die Scheine auf den Tisch und ging.
"Meld dich, wenn du gut angekommen bist du komischer Vogel!", rief Jule mir noch hinterher, ehe ich das Vapiano schließlich verlassen hatte und mich auf den Weg ins Zuckerhäusschen begab.
Ich hatte einen Job zu erledigen. Und auch wenn mir gerade wirklich nicht nach schmerzhaften Sex war, wusste ich doch, dass Big Bob gut zahlte und ich war nunmal auf das Geld angewiesen.

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