"So. Rein in die gute Stube", sagte Matze während er sein Haus betrat.
Ich folgte ihm und sogleich stieg mir ein intensiver Duft von Lasagne in die Nase.
"Hmm, das riecht ja lecker", äußerte ich und striff mir die Schuhe von den Füßen.
"Ja, ich dachte du wärst hungrig nach der Arbeit und könntest ein paar Kohlenhydrate gebrauchen", erläuterte Matze und wartete schon fertig im Flur auf mich.
Ich stellte die Trainingstasche noch schnell neben die Treppe und folgte ihm dann in die Küche. Während ich den einladenen Raum betrat, wurde der Geruch der Lasagne noch ausgeprägter und verfestigte sich schließlich, als Matze den Ofen öffnete und die Einlaufform mit Handschuhen hervor zog.
"Setz dich ruhig. Wir können direkt essen", entgegnete er und erst jetzt landete mein Blick auf dem gedeckten Esstisch im angrenzendem Raum.
Er war schön gedeckt und sogar eine Kerze stand in der Mitte.
"Ist das hier ein Dinner-Date oder was?", fragte ich lachend.
"Ich weiß nicht", entgegnete Matze lediglich schulterzuckend, "willst du, dass es eins ist?"
Ich sah daraufhin wieder zu ihm und war von der Frage irgendwie komplett überrumpelt.
"Lass uns einfach essen, ja? Ich hab wirklich Hunger", entgegnete ich nur und setzte mich an den gedeckten Tisch.
Matze folgte mir mit der Einlaufform in der Hand und stellte sie auf dem Tisch ab.
"Wein?", fragte er und hielt eine Rotweinflasche hoch.
"Nein, ich nehm lieber ne Cola", entgegnete ich und tat mir schnell selbst etwas von der Lasagne auf den Teller, ehe Matze noch auf die Idee kam, mir auch diese Arbeit abnehmen zu wollen.
"Sicher? Ich hab auch noch Bier kalt stehen", bot er nun an und ich musste kurz abwägen, entschloss mich aber dann doch den Kopf zu schütteln.
"Nein, wir haben morgen Training. Beziehungsweise hab ich morgen früh Reha und da will ich nicht verkatert antanzen."
"Hat ja niemand gesagt, dass wir uns besaufen müssen", entgegnete Matze und stand auf, um zum Kühlschrank zu gehen und mit einer Cola wieder zu kommen.
"Und? Was hattest du heute so für Kunden?", versuchte er nun Smalltalk zu betreiben während er mir die Cola einschenkte.
"Seit wann interessierst du dich denn für meine Kundschaft?", fragte ich nur und nahm einen Schluck meiner Cola.
Zur Antwort zuckte Matze nur mit den Achseln und sagte dann:
"Keine Ahnung, aber ich hab mich schon immer gefragt ob du mehr weibliche oder männliche Kundschaft hast."
Ich zog daraufhin die Augenbraue hoch.
"Ich weiß nicht ob es dich beruhigt, aber es sind zu 90 Prozent männliche Kunden."
"Und was sind das so für Kerle? Ich mein, ich will keine Details, aber man denkt irgendwie immer, dass die schmirriegsten Leute da hin gehen."
"Du weißt schon, dass du auch ein Kunde von mir bist?", erinnerte ich ihn, um ihm klar zu machen, dass er sich mit seinem Klischee selbst ins Bein schoss.
"Ja, ich weiß und deshalb frag ich ja. Damit du meine Vorurteile entkräftigen kannst."
"Okay, damit du Ruhe gibst. Ich hatte heute insgesamt sechs Kunden. Alle männlich. Einer Bürokaufmann, einer Bauarbeiter, ein Finanzwirt, ein unglücklich verheirateter Arbeitsloser, ein Junkie."
"Und?", fragte Matze weiter und sah mich gespannt an.
"Was und?", entgegnete ich nur und sah in gespielt verwirrt an.
"Wer noch? Du hast gesagt du hattest sechs Kunden. Du hast aber nur fünf aufgezählt."
Ich wägte ab, ob ich ihm wirklich von dem sechsten Kunden erzählen sollte, der heute als erstes in meinem Zimmer stand.
"Erik, wer ist es...", forderte Matze nun zu wissen.
Ich ließ meine Gabel klirrend auf den bereits halbleer gegessen Teller fallen.
"Du schweigst viel zu lange. War es wer, den ich kenne?", fragte Matze weiter. Ich schwieg noch immer.
"War es einer meiner Kumpels?"
Ich schüttelte den Kopf.
"War es der Physio bei uns von dem jeder munkelt er sei schwul?"
Wieder ein Kopfschütteln meinerseits.
"Ist es meine Ex?"
"Es war ein Kerl Matze", erinnerte ich ihn.
"Ich weiß. Ich wollte nur mal testen, ob du noch geistig anwesend bist", erklärte er, "ist es jemand aus der Mannschaft?"
Ich blieb daraufhin einen Moment wie erstarrt sitzen und versuchte mich dann wieder unbeeindruckt meinem Essen zu widmen.
"Es ist einer aus der Mannschaft", stellte Matze fest und ich sah, wie seine Knöchel schon weiß hervorstachen, da er die Gabel in seiner Hand so fest drückte.
"Wer ist es?", wollte er jetzt wissen und klang dabei todernst.
"Es ist vollkommen egal Matze. Ich glaub nicht, dass er bald wiederkommt", beschwichtigte ich ihn, doch das schien der Sache keineswegs gut zu tun.
"Erik, wer war es?"
"Matze, es ist wirklich nicht von Bedeutung."
"War es Marco? Oder Mario?"
"Gott, Matze. Die beiden haben doch was miteinander. Wieso sollten sie dann zu mir kommen?"
"Die beiden haben was miteinander?"
"Ach, bitte Matze. Ich dachte nach Marios Aktion mit dem Trikot beim Finale war's dir klar. Jeder weiß, dass sie inoffiziell was miteinander haben. Es gibt nur eben keiner von beiden zu."
"Okay. War es dann Auba?"
"Auba hat ein Kind Matze."
"Eine Hürde, aber kein Hindernis. War es Schmelle? Piszczu? Schü? Der Coach?!"
"Es war Jule okay?!", entgegnete ich schließlich laut, denn ich war inzwischen von seinen permanenten Fragen genervt.
"Jule?", fragte Matze nur fassungslos.
"Ja, Jule", entgegnete ich und sah ihn nun an, "er war der Erste, der heute bei mir vor der Tür stand. Aber er wird so schnell nicht wieder kommen, denk ich."
"Warum?", fragte Matze nun irritiert.
"Weil er einen Freund hat Matze", erklärte ich.
"Er hat einen Freund?!", fragte Matze und kam nun wohl gar nicht mehr mit.
"Ja, er hat einen Freund, aber der wusste von der Sache. Sie wohnen weiter auseinander, deshalb suchen sie sich so den Körperkontakt, denn sie nicht voneinander bekommen", erklärte ich.
"Weißt du wer es ist?"
Ich schwieg einen Moment und sah Matze tief in die Augen. In ihnen spiegelte Ehrlichkeit und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es okay war es ihm anzuvertrauen. Dass er dicht halten würde.
"Es ist Joshua. Joshua Kimmich", antwortete ich schließlich.
Matze nickte.
"Ja... Ja, das macht Sinn. Die beiden haben sich schon immer gut verstanden."
"Ach, bei den beiden siehst du's, aber bei Mario und Marco nicht?!", fragte ich nun verwirrt.
"Mit Ju und Jo hab ich ja jetzt auch schon deutlich länger zu tun", entgegnete mir Matze und schob sich eine weitere Gabel Lasagne in den Mund.
"Und wie ist es so mit Jule?"
"Matze, ich werd dir jetzt nicht die schmutzigen Details erzählen. Ich posaune ja schließlich auch nicht damit herum, was du so im Bett magst", wies ich meinen Teamkollegen zurecht.
"Okay, okay", sagte er und hob entschuldigend die Arme, "verrätst du mir wenigstens wer Top war?"
Ich schwieg erneut und aß weiter meine Lasagne.
"Okay, wow. Das hätte ich jetzt nicht erwartet, aber gut", entgegnete Matze und so aßen wir schweigend weiter.
"Ich glaube, wir sollten dir einen anderen Zweitjob suchen", äußerte Matze nach einer Weile der Stille und ich verdrehte die Augen.
Schon wieder dieses Gesprächsthema.
"Zeitung austragen, Hunde ausführen oder kellnern wäre doch viel geeigneter."
"Matze, wir hatten das Thema schon. Ich will meinen Job nicht aufgeben. Außerdem bringt nichts von dem was du gesagt hast genug Geld ein."
"Dann lass mich dir helfen!", verharrte Matze nun.
"Matze, auch darüber haben wir schon-"
"Ich will einfach nicht mehr, dass du dich prostituieren musst, nur damit du dich über Wasser halten kannst", unterbrach Matze mich, "ich will dir wirklich helfen Erik. Ich will für dich da sein. Aber vor allem will ich nicht, dass du noch mit anderen schläfst. Ich will dich für mich und nur für mich."
Er griff nach meiner Hand und strich mir sanft über den Handrücken.
"Ich will dich Erik. Weil ich-... Weil ich mich in dich verliebt habe", schüttete er mir sein Herz aus und auf einmal spürte ich einen unheimlich fiesen Knoten im Magen.
Mein Mund und auch mein Rachen waren komplett trocken und ich war nicht fähig etwas zu sagen.
"Erik, bitte. Lass mich wenigstens die Rechnung für den Krankenhausaufenthalt deines Vaters zahlen! Ich will dir helfen!", versuchte Matze es verzweifelt weiter, doch ich war gerade wie erstarrt.
Matze hatte sich in mich verliebt. Matthias Ginter hatte sich in mich, Erik Durm, verliebt!
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A Secret To Keep
FanfictionEriks Leben war noch nie leicht. Monatlange, beinahe jahrelange Verletzungen plagten ihn im Verlauf seiner Profikarriere immer wieder. Es war nicht einfach für ihn und auch die Zukunft sollte nicht besser werden. Mit einem dunklen Geheimnis versuch...