Kapitel 44

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"Muss ich wirklich mitkommen? Findest du das nicht irgendwie auffällig?", nörgelte Matze lustlos und streckte sich im Bett.
"Ja. Es sind dann sowieso nur wir zwei", argumentierte ich und striff mir gerade noch mein T-Shirt über den Kopf, "außerdem tut dir das zusätzliche Training auch mal gut."
Ich klopfte ihm demonstrativ auf den noch immer nackten Bauch und grinste ihn an.
"Tzz! Ich trainier mehr als genug!", protestierte Matze weiter, setzte sich aber trotzdem im Bett auf.
"Deswegen warst du eben auch so außer Atem", argumentierte ich nur und richtete mir meine Haare im Spiegel neben Matzes Kommode.
"Ach halt die Klappe! Du hast auch nicht grade tiefenentspannt geatmet."
"Aber auch definitiv nicht so gehechelt wie du", entgegnete ich weiter.
Matze raffte sich daraufhin doch vom Bett auf und griff nach seinen Boxershorts.
"Sicher, dass dann niemand da ist?", hinterfragte er noch einmal.
"Ganz sicher. Ich komm immer noch extra eine Stunde früher um in Ruhe ein paar Gewichte zu stemmen. Flo kommt immer erst später und fängt dann mit mir meine Einheit an", antwortete ich.
"Und was hast du dann vor wenn wir da ganz alleine sind? Die Pärchenübungen ausprobieren, die sie letztens in nem Magazin gedruckt haben?", fragte Matze amüsiert und griff nach seiner Hose.
"Nein du Idiot. Die find ich echt lächerlich", antwortete ich ihm und wandte mich vom Spiegel ab, um kurz zu ihm zu sehen.
"Aber sonst würdest du es probieren wollen?", fragte Matze daraufhin nun ernster nach.
"Ich hab dir doch grade gesagt, dass ich diese Übungen total lächerlich finde. Außerdem-"
"Ich meinte damit nicht die Übungen Erik", unterbrach er mich sofort mit ernster Stimme und sah mir ebenso ernst und selbstsicher in die Augen.
Was meinte er denn damit, dass er nicht die Übungen meinte? Was hätte er denn sonst meinen können? Was anderes konnte man doch nicht probieren bis auf diese Pärchenübungen, oder? Oh...
Auf einmal sprang es mir vor die Augen wie eine riesige rote Ampel. Er meinte nicht den Übungs-Teil, sondern den Pärchen-Teil. Er hatte mich also gefragt ob ich...
"Erik, du bist viel mehr für mich als nur ein Freund mit Vorteilen. Du bist für mich nicht nur eine gelegentliche Nummer. Ich kann mir wirklich vorstellen, dass wir beide mehr sein könnten. Wir kennen uns, wir vertrauen uns gegenseitig und wir teilen ein tiefe Verbindung miteinander", erklärte Matze schließlich und unterbrach damit meine Gedanken, während er nach meiner Hand griff und sanft mit dem Daumen über meinen Handrücken strich, "Erik, ich will das wirklich mit dir versuchen. Willst du mein Freund sein? Wir müssen es auch niemandem erzählen. Es kann unsere eigene, kleine und wunderschöne Beziehung sein wenn du möchtest."
Perplex und überfordert sah ich auf unsere Hände und dann zu Matze. Das überforderte mich gerade extremst. Am liebsten hätte ich, dass sich genau in diesem Moment der Boden unter mir auftat und mich in einem schnellen Zug einfach verschluckte. Das war gerade alles zu viel. Zu schnell. Ich wollte Matze doch nicht weh tun, aber eine Beziehung? Das war einfach viel zu riskant! Gerade wegen meines Zweitjobs und dann auch noch wegen der Öffentlichkeit, der wir tagtäglich ausgesetzt waren. Natürlich genoss ich jede Sekunde mit ihm, aber eine Beziehung?
Ich spürte wie mein Körper begann zu rebelieren und die Finger meiner freien Hand langsam begannen unkontrolliert zu zucken. Das Blut rauschte durch meinen Körper wie ein ICE und langsam sah ich nur noch Sterne vor den Augen. Es war zu viel. Alles viel zu viel.
Ich kannte dieses unberuhigende Gefühl bereits. Schon so oft hatte ich einen solchen Moment während ich im Zuckerhäusschen arbeitete.
Mein ganzer Körper begann schließlich zu zucken und meine Hände wurden kalt, während auch mein Gesicht an Farbe verlor. Es war nicht mehr zu leugnen. Ich hatte gerade eine Panikattacke.
"I-Ich...", brachte ich nur mit zitternder und brüchiger Stimme hervor, ehe ich meine Hand zurück zog, "Matze, ich-... Das kann ich nicht... Das-... Das geht alles zu schnell. Viel zu schnell!"
Der Blick von Matze änderte sich daraufhin schlagartig und pure Sorge funkelte in seinen Augen. Er hatte bemerkt, dass ich wie Espenlaub zitterte und versuchte mich nun an den Oberarmen festzuhalten und zu stabilisieren.
"Okay okay. Ich dränge dich zu nichts Erik, aber bitte bekomm deshalb jetzt keine Panikattacke. Ich würde dir alle Zeit der Welt geben. Ich will nur, dass du dich wohl fühlst", begann er auf mich einzureden und setzte mich vorsichtig wieder auf dem Bett ab.
Sofort ließ er sich ebenfalls neben mich nieder und zog mich an seine Seite.
Ich starrte noch eine Weile auf einen unsichtbaren Punkt vor mir und versuchte mich zu beruhigen.
Ich musste mich entspannen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich einfach auf Matzes Hand, die mir über den Arm strich. Langsam spürte ich, wie sich mein Körper entkrampfte und ich legte meinen Kopf schließlich erschöpft auf Matzes Schulter ab und atmete tief durch.
"Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein", hörte ich Matze murmeln und spürte daraufhin, wie er mich mehr an sich drückte.
"Tut mir leid", brachte ich nur leise hervor, "auch wegen meiner Antwort."
"Dir muss nichts Leid tun", beschwichtigte er mich sofort, "ich kann es gut verstehen und akzeptiere es. Ich kann warten Erik. Für dich würde ich für immer warten."
Ein Lächeln huschte auf seine Worte hin über meine Lippen und ich sah mit einem Gefühl der Wärme, die meinen Magen durchströmte, zu ihm auf.
Es dauerte einen Moment bis er meinen Blick bemerkte hatte, doch als er ihn schließlich sah, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und küsste ihn einfach.
Die anfängliche Panik war nun vollkommen verflogen. In Matzes Armen konnte ich einfach immer wieder eine unheimliche Ruhe finden und jede Sekunde genießen.
Matze erwiderte meinen Kuss nur vorsichtig. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen. Ich hatte gerade eine Panikattacke gehabt. In seiner Situation wäre ich mir auch unsicher.
Ich beschloß ihn daraufhin aus seinem Leid zu befreien und löste mich von ihm.
"Danke", hauchte ich nur mit einem Lächeln.
Matze erwiderte dieses und so sahen wir uns eine Weile an, bis ich wieder aufstand.
"Jetzt komm. Wir sollten wirklich los. Ich will echt noch etwas Hanteltraining machen bevor ich eine Millionen mal auf den selben Kasten rauf und runter steigen muss", entgegnete ich und zog nun auch Matze vom Bett.
"Okay gut, aber wein nicht, wenn ich mehr stemmen kann als du", erwiderte er nur frech, griff nach seinem Shirt, zog es sich über und schnappte sich dann seine Trainingstasche neben der Kommode.
"Pah! Als ob das möglich wäre!", witzelte ich nur weiter, während ich Matze nach unten folgte, wo wir uns wieder unsere Schuhe anzogen und uns dann auf den Weg zum Trainingsgelände von Borussia Dortmund in Brackel begaben.

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