Die nächsten drei Wochen ging ich nicht zur Schule, da nun einiges zu erledigen war. Auch wenn Engel magische Wesen waren, wir mussten uns trotzdem bei den Ältesten melden, sobald wir „erwacht" waren, wie man es bezeichnete, wenn man sich zum ersten Mal verwandelt hatte.
Nach ungefähr eineinhalb Wochen erhielten wir eine Einladung zu der magischen Zeremonie, bei der sich die magischen Kräfte zeigen würden.
Es gab unendlich viele, beispielsweise diverse Elementarkräfte, Gedankenlesen oder in die Zukunft sehen zu können, um nur ein paar zu nennen.
Nachdem wir unsere Sachen gepackt und uns ins Auto gequetscht hatten, fuhren wir los. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit und ich wurde mit jedem Kilometer, den wir zurücklegten, zunehmend nervöser. Wie ein kleines Kind fragte ich immer wieder nach, wie lange es noch dauere. Die Zeit verstrich quälend langsam und mir schien es so, als ob auch das Auto mit immer weniger Geschwindigkeit die holprigen Feldwege entlangkroch, in die die geteerten Autobahnen inzwischen übergegangen waren.
Dann, endlich, kamen wir an. Mum parkte etwas außerhalb des eigentlichen Treffpunkts, der sich — sehr klischeehaft — mitten im Wald befand. Wir liefen ein Stück in den Wald hinein, um uns vor neugierigen — und menschlichen — Blicken zu schützen, denn nach einigen Metern kündigte Mom an: „Wir müssen uns verwandeln und uns somit als Engel zu erkennen geben."
Auch das noch. Ich hatte es seit der ersten Verwandlung nicht mehr geschafft, mich in meiner wahren Erscheinungsform zu zeigen und zweifelte sehr daran, dass ich heute erfolgreicher sein würde. Doch ich ordnete mich unter und intensivierte meine Gedanken an die Schwingen, indem ich versuchte, mit allen Sinnen zu fühlen, wie sie gewesen waren.
Ich hatte alle Sinneseindrücke beisammen, als das Kribbeln ganz leicht zu beginnen schien. Doch es verzog sich viel zu schnell wieder an seinen Ursprungsort.
Frustriert versuchte ich es erneut. Ich musste mich verwandeln. Heute kam es wirklich darauf an!
Komm schon!, spornte ich mich selbst in Gedanken an. Doch auch dieses Mal klappte es nicht. Ich warf einen unsicheren Blick zu meiner Familie hinüber. Mom lächelte mich aufmunternd an, während Lany eher ungeduldig aussah.
Zwei weitere Versuche folgten, doch nichts geschah oder das Kribbeln dauerte zu kurz an. Langsam wurde ich wütend. Tief durchatmend konzentrierte ich mich erneut und richtete meinen Ärger auf die Verwandlung. Die überschüssige Energie ließ sich perfekt in Konzentration und Visualisierung umwandeln und langsam mischte sich auch neue Hoffnung darunter.
Da! Das Kribbeln kehrte mit ungeahnter Intensität zurück und ich erschrak ein bisschen vor seiner Wucht. Doch als ich die Augen wieder öffnete, umgab mich der charakteristische Schein und meine Schwingen raschelten ganz leise im Wind.
Ich unterdrückte das strahlende Lächeln, das sich angesichts meines Erfolgs an die Oberfläche drängen wollte, und folgte meiner Familie auf einen moosigen, mit kleinen Farnen gesäumten Pfad, der uns nach einigem Zickzack, das vermutlich dem Abschütteln von zufällig auf den Pfad geratenen Menschen diente, zu einer wunderschönen, großen Lichtung führte, in deren Mitte ein riesiger Baum stand, um den unendlich viele Glühwürmchen ihre Runden zogen.
„Wow!", entfuhr es mir und auch meine Familie konnte ihre Ehrfurcht nur schwer verbergen, obwohl sie ihn schon mehr als einmal gesehen haben mussten. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse, um die Schönheit dieses Ortes auf mich wirken zu lassen. Einige Engel waren schon da und beäugten uns neugierig. Wir stellten uns neben eine Familie, die ihre Nervosität sehr schlecht verbergen konnte und die mir deshalb sofort sympathisch war.
Das Mädchen, das besonders nervös war stach mir sofort ins Auge. Sie war augenscheinlich auch ein „Neuzugang", so wie ich. Das Alter schien ebenfalls zu stimmen und ich lächelte ihr aufmunternd zu. Sie tat mir leid, also beschloss ich, sie anzusprechen.
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Fantasy„Sein Leben ist wichtiger als deins. Und du musst es um jeden Preis beschützen." Der 17-jährigen Hazel O'Connor ist eine besondere Zukunft vorhergesehen. Sie ist, wie auch ihre Familie, ein Schutzengel. Sie freut sich sehr darauf, von nun an einen...