„Hazel? Was machst du da?", fragte Faye und kam mit neugierigen Blick herangetapst. Sie trug ihr Nachthemd und beäugte kritisch die Dokumente, die ich um mich herum ausgebreitet hatte.
Ich stapelte sie sorgfältig und legte sie zur Seite. „Erwachsenenkram.", antwortete ich nur und setzte das Lächeln auf, von dem ich in letzter Zeit so oft Gebrauch gemacht hatte.
Zwei Wochen nach Calebs...Tod hatte ich die anderen in dem Glauben gelassen, mir ginge es gut. Und genau das sagte dieses Lächeln: Mir geht es gut. Aber das tat es nicht. Doch es war für alle einfacher, wenn sie es glaubten.
„Na komm. Zeit fürs Bett.", seufzte ich und griff nach Fayes Hand. Ich führte sie in den kleinen Raum in Jacobs und meiner Wohnung, den wir provisorisch in Fayes Kinderzimmer umfunktioniert hatten. Nach unserer mehr oder weniger erfolgreichen Flucht vom Dämonennest hatten wir zuerst nicht gewusst, wohin. Doch dann hatte ich Faye mit in Jacobs und meine Wohnung genommen. Ihre Mutter war in dem Kampf gefallen und ihr Vater wollte sich nicht um sie kümmern, sondern war mit den anderen Wachen im Dämonennest geblieben.
Die kleine Dämonin krabbelte müde unter die Decke und rieb sich schläfrig die Augen. „Aber ich bin noch gar nicht müde!", protestierte sie trotzdem. Im nächsten Moment riss sie ihren Mund auf und gähnte herzhaft. Ich hob belustigt eine Augenbraue. „Ach ja?"
„Das war aus Versehen.", verteidigte sie sich und klopfte neben sich auf die Bettkante. „Liest du mir noch was vor?", fragte sie dann leise und hoffnungsvoll.
Ich nickte. Mein winziges Lächeln, welches jetzt meine Mundwinkel umspielte, war wirklich echt. Solche kleinen Momente ließen mich die schrecklichen Ereignisse für einen Augenblick vergessen.
Aus dem Bücherregal neben Fayes Bett zog ich wahllos ein dünnes Kinderbuch heraus.
Ich klappte es auf und begann zu lesen.
Die Handlung entsprach der, die man in jedem Kinderbuch vorfand, mit Happy End und neuen Freunden.
Happy End...
Im echten Leben sah es damit anders aus. Ich unterdrückte die Trauer, die sich wieder an die Oberfläche schleichen wollte, und las das Kapitel zu Ende. Anschließend strich ich Faye übers Haar und deckte sie zu. „Jetzt wird geschlafen. Gute Nacht, Faye.", wünschte ich ihr.
„Gute Nacht, Hazel.", flüsterte sie zurück und gähnte nochmal, ehe sie ihre Augen schloss und sich in die Bettdecke kuschelte.
Es war irgendwie seltsam. In den letzten beiden Monaten war sie mir unheimlich ans Herz gewachsen. Beinahe war sie wie eine Tochter für mich.
Ich knipste das Licht aus und zog die Tür hinter mir zu, wobei ich sie einen winzigen Spalt offen ließ. Faye brauchte ein wenig Licht, sonst fürchtete sie sich nachts. Kein Wunder, wenn man bedachte, was sie bereits alles erlebt hatte.
Früher waren sie, ihre Mutter und ihr Vater eine kleine, glückliche Familie gewesen. Doch dann war ein neuer Alphadämon bestimmt worden, der Anführer der Dämonen für eine Regentschaftsperiode von 100 Jahren. Dieser Alpha war die erste Frau an der Spitze und das hatte sie auch bleiben wollen, also beraubte sie die anderen Frauen jeglichen Rechten. Die Männer rekrutierte sie allesamt, um Wache zu halten und um sie zu beschützen.
Die Jahre vergingen und den Frauen ging es immer schlechter. Sie träumten davon, dieser Hölle zu entkommen, doch sie wussten nicht wie oder wann, geschweige denn was geschehen würde, wenn sie scheiterten. Doch dann waren Caleb und ich in das Nest geraten.
An jenem schicksalshaften Tag, als wir dort ausbrechen wollten, wollte ebenjene Alpha ihren Nachfolger bestimmen und unser Auftauchen hatten die Frauen als ihre Chance zu fliehen angesehen und hatten gegen ihre männlichen Widersacher gekämpft, sodass wir ausbrechen konnten.
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Fantasy„Sein Leben ist wichtiger als deins. Und du musst es um jeden Preis beschützen." Der 17-jährigen Hazel O'Connor ist eine besondere Zukunft vorhergesehen. Sie ist, wie auch ihre Familie, ein Schutzengel. Sie freut sich sehr darauf, von nun an einen...