Kapitel 13✨

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Es war seltsam, mit Jacob zusammen durch die Luft zu fliegen, wenn weder ich noch er uns gegenseitig sehen konnten. Noch komischer war es allerdings, sich selbst nicht sehen zu können. Ich spürte zwar, dass der Wind mir durch die Haare fuhr und fühlte die kühle Luft auf meiner Haut, aber sehen konnte ich meinen Körper nicht.

Jacobs Schwingen erzeugten ein regelmäßiges, langsam flatterndes Geräusch und auch meine ordneten sich in demselben Rhythmus unter. Plötzlich hörte ich direkt neben meinem Ohr Jacobs Stimme. Er hatte sich unbemerkt neben mich geschlichen.

Aber wie hätte ich auch einen Unsichtbaren bemerken sollen?

„Hazel!", rief er und ich erschrak mich so sehr, dass ich kurz ins Straucheln geriet. „Jacob!!", fuhr ich ihn an, doch ich musste selber grinsen. Zum Glück sah er das nicht.

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken!", lachte er.

Kopfschüttelnd sah ich nach unten, wo Los Angeles' gigantische Wolkenkratzer zügig an uns vorbeizogen.

„Wohin müssen wir eigentlich?", fragte ich, denn Jacob hatte kein Sterbenswörtchen darüber verloren, was eigentlich unser Ziel war. „Fünfzigste Ecke Hollywood Boulevard.", antwortete er knapp und deutete auf eine Straße, der wir uns in raschem Tempo näherten.

Ich legte die Arme an meinen Körper an und rauschte immer weiter auf den Boden zu, zu der Stelle, auf die Jacob gedeutet hatte. Leise landete ich neben einem für Amerika bekannten, roten Feuerlöscher, der aus der Straße ragte. An dem nahezu geräuschlosen Aufprall, der wenig später ertönte, erkannte ich, dass auch Jacob wenige Meter neben mir gelandet war.

„Folg mir.", forderte er mich flüsternd auf.

Ich rollte mit den Augen. „Wie soll ich das machen, wenn ich dich nicht sehen kann?", zischte ich leise, um bei den vorbeieilenden Passanten keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen.

Ich spürte eine Hand, die nach mir tastete und sich schließlich um meinen Arm schloss. Jacob zog mich in einen breiten Weg, der von dicht an dicht gedrängten, luxuriös wirkenden Häusern gesäumt war. Anschließend führte er mich zu einem Haus, welches neben einer kleinen, roten Hütte stand und hielt dort an.
Ich ließ meinen Blick an der imposanten Villa hochwandern. Mir entfuhr ein verächtliches Schnauben.

Reich und unfreundlich, wie überaus passend.

Ich hörte Jacob leise lachen. „Hör endlich auf, meine Gedanken zu lesen!", rief ich aufgebracht und blickte ihn vorwurfsvoll an. Zu spät fiel mir ein, dass er das ja nicht sehen konnte. Oh Mann...

Das Haus war in einem tadellosen Weiß verkleidet, an keiner Stelle bröckelte auch nur das winzigste Teilchen Putz ab. Die großen Fenster, die sich überall an der Fassade verteilt befanden, waren blitzsauber und glänzten in der Sonne. Auf dem schwarzen Dach befand sich ein grauer Swimmingpool, welcher halb ins Dach eingearbeitet zu sein schien, wenn ich das richtig sah. Staunend bewunderte ich den riesigen Garten, der aus einheitlich geschnittenem, tiefgrünem Rasen bestand und von einem weißen Gartenzaun umrahmt wurde. Vereinzelt konnte ich so etwas wie Blumen erkennen, aber nirgendwo auch nur die winzigste Spur von Unkraut.

Ich riss mich von dem Anblick los und drehte mich zu Jacob um. Also in die Richtung, in der ich ihn vermutete. „Und jetzt?", fragte ich.

„Jetzt gehen wir rein.", sagte er.

„Wie bitte? Wir können doch nicht einfach einbrechen!" Entsetzt riss ich meine Augen auf.

„Tun wir ja auch nicht.", meinte Jacob nüchtern.

„Aber..."

„Es ist deine Aufgabe, ihn zu beschützen. Dafür musst du alles tun, also haben wir nur gute Absichten.", beruhigte er mich. Ich atmete durch. Hoffentlich wusste er, wovon er sprach... „Okay...", gab ich mich schließlich geschlagen.

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