Kapitel 40✨

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Calebs P.O.V.

Ich lief aus dem Raum und fand mich wenig später auf dem breiten Flur wieder, der völlig verlassen vor mir lag.

Genervt drehte ich mich einmal um die eigene Achse. So langsam hatte ich wirklich keine Lust mehr auf das hier.

Ich folgte dem Flur nach hinten, und beschloss, einfach gezielt nach Hazel zu suchen. Dieses Haus war von innen viel größer als erwartet. Vermutlich wirkte es durch sein kaputtes Erscheinungsbild von außen ein bisschen kleiner als es wirklich war.

Oder es ist Magie. So wie bei Wolfgang, schoss es mir durch den Kopf. Ich verdrehte die Augen. In Ordnung, wenn es Schutzengel gab, die uns Menschen beschützten. Aber solche Harry-Potter-Magie wie ein Haus, das tausendmal größer war als es eigentlich sein könnte, ging mir dann doch etwas zu weit.

Meine Schritte durchquerten selbstsicher den Gang und wurden an dessen Ende von Teppichboden gedämpft. Vielleicht war ich nun in einem anderen Teil des Hauses.

Hin und wieder blieb ich stehen, um nach Geräuschen Ausschau zu halten, aber kein Laut traf auf meine Ohren. Stirnrunzelnd versuchte ich es an einer anderen Stelle. Es konnte doch nicht sein, dass hier niemand war!

Lauschend arbeitete ich mich durch den Teppichbodenflur. An seinem Ende zweigten zwei weitere Gänge ab. Ich entschied mich für rechts und hörte wieder genau. Dieser Flur war erstaunlich kurz. Es gab dort nur eine einzige Tür ganz hinten am Ende. Sie war aus Stein und beidseitig mit verschlungenen Efeuranken geschmückt. Irgendetwas sagte mir, dass ich hinter diese Tür blicken musste. Allerdings drückte ich vorher mein Ohr an die Tür. In so einem Haus wie diesem lernte man schnell, vorsichtig zu sein. Nichts. Möglicherweise hatte ich ja Glück und es war auch hier niemand drin.

Ich erwartete, mich mit meinem gesamten Gewicht gegen die Tür lehnen  zu müssen, um sie auch nur einen Millimeter bewegen zu können, aber zu meiner Überraschung sprang sie geräuschlos und leicht auf.

Erst einmal ließ ich nur einen Spalt offen, damit die Menschen, die dahinter waren, mich nicht sehen konnten — falls überhaupt welche dort waren.

Ich hätte mich für diese Entscheidung selbst umarmen können. Es waren nicht nur ein paar Leute dort, sondern hunderte. Meine Gesichtsmuskeln machten sich selbstständig und verwandelten meinen entspannten Ausdruck in eine erschrockene Maske des Grauens.

Auch wenn ich es nicht gerne zugab: mein Puls schoss rapide in die Höhe und mein Herz klopfte heftig in meiner Brust. Es mochte ja sein, dass ich mich gerne selbstbewusst gab, aber von dem Mut, den Hazel an den Tag legte, wie sie ihr Leben wieder und wieder für mich aufs Spiel setzte...von solchem Mut konnte ich nur träumen.

Ich spähte in den rechteckigen Raum, der völlig aus grauem Stein bestand und von gigantischen, rubinenbesetzten Kronleuchtern beleuchtet wurde, und überlegte gleichzeitig fieberhaft, was ich jetzt tun konnte, ohne mich selbst oder Hazel noch mehr in Gefahr zu bringen.

Auf einer anderen Seite des Raumes erspähte eine kleine Tür, verdeckt von einigen Felsbrocken. Eigenartig, aber nützlich für mich.

Wenn ich das richtig sah, musste ich den Raum hier etwa einmal halb umrunden, was angesichts des weit verästelten Gängelabyrinths in diesem Haus eine Herausforderung werden konnte. Dennoch prägte ich mir die Lage der Tür genauestens ein und zog mich zurück.

Okay. Du schaffst das, Caleb.

Gott, ich klang wie ein hysterisches Kleinkind. Wie peinlich. Meine Hände ballten sich wie von selbst zu Fäusten und ich atmete tief durch. Ich würde das schaffen.

Und niemand würde diese Seite hier an mir jemals kennenlernen!

Mit etwas wackligen Schritten ging ich los und nahm bei der nächsten Abzweigung den linken Weg. Dann hielt ich mich geradeaus. Ich befand mich nun in einem breiteren und wesentlich helleren Flur, der von runden, in die Decke eingelassenen Lichtern beleuchtet wurde. Wanddekoration gab es hier allerdings nicht, wie auch in allen anderen Gängen.

Ich hielt nach einer schmalen, schlichten Steintür Ausschau und fand sie schließlich nach einiger Zeit sogar.

Das war ja leichter gewesen als ich gedacht hatte!

Okay, was jetzt?

Langsam streckte ich den Arm nach dem unscheinbaren, steinernen Türknauf und bemühte mich, ihn so geräuschlos wie möglich herumzudrehen. Bei jedem noch so kleinen Geräusch hielt ich inne und wartete, bis es vorüber war.

Die Tür ging mit einem kaum wahrnehmbaren Quietschen auf, aber trotzdem verharrte ich still in meiner Position und hoffte, dass mich niemand bemerkte.

Mein Herzschlag könnte mittlerweile locker mit einem galoppierenden Rennpferd mithalten und mein Atem hatte etwas von einem altersschwachen Staubsauger.

Grüne Palmwedel klatschten mir ohne Vorwarnung ins Gesicht. Beinahe hätte ich erschrocken aufgeschrien, da ich dachte, man hätte mich erwischt, doch zum Glück war dem nicht so.

Ich spähte zwischen einigen Wedeln hindurch und sah die Masse an Menschen, die vorhin schon da gewesen war und die jetzt wild durcheinanderredeten. Man konnte beinahe nicht erkennen, welcher gestikulierende Arm zu welchem Körper gehörte. Es war wie ein wogendes Meer aus sich bewegenden Körpern.

Während ich auf die Menge fixiert war, blitzte in meinem Augenwinkel etwas Rotes auf und mein Kopf ruckte in die Richtung. Glühende Augen starrten in die Richtung, in der ich mich befand.

Mein Puls verdoppelte sich mindestens nochmal, ich zog den Kopf ein und duckte mich hinter die Pflanzen, bei denen ich mich befand.

Einige Sekunden — oder waren es Minuten? — verharrte ich in dieser Position, ehe die Augen sich wieder abwandten und ich aufatmen konnte.

Eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Körper, als mir klar wurde, dass dies hier keine Menschen waren. Es waren Dämonen.

In diesem Moment ging eine Regung durch das Dämonenmeer. Sie teilten sich wie ein Vorhang und zwei Gestalten trugen eine weitere in ihrer Mitte durch die entstandene Schneise. Gruseliges Fauchen ertönte von allen Seiten. Die Gestalten zerrten das arme Ding in ihrer Mitte zu einer kleinen Anhöhe, auf der ein steinerner Thron stand.

Den hatte ich noch nicht einmal bemerkt!

Die Person wurde grob auf den Boden geschleudert und rappelte sich leicht auf, sodass sie der Frau ins Gesicht sehen konnte, die auf dem Thron saß. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich erkennen, wie hübsch diese Frau war.

Dann sah ich etwas genauer hin und erkannte auch die zweite Person — Hazel.

Meine Augen weiteten sich und ich beugte mich unweigerlich ein wenig nach vorne, um besser sehen zu können, was natürlich völliger Schwachsinn war.

Die Frau erhob sich und ihre ehrfuchtgebietende Stimme hallte durch den gesamten Saal. Sofort verstummten die Dämonen und starrten wie gebannt auf die Anhöhe.

Die Frau sprach davon, ihren Nachfolger bestimmen zu wollen, vorher aber noch ein kleines Problem zu lösen hatte. Zumindest war das alles, was ich verstand.

Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, aber es wirkte falsch und aufgesetzt.

Ihre stechend blauen Augen wanderten durch die Menge und fanden die meinen, obwohl ich mich hinter den Pflanzen versteckt hatte.

Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinab angesichts der Intensität dieses einen Blickes...Wieso hatte sie blaue Augen?

Doch schon war der Moment vorbei und sie sah wieder die Dämonen an, die nun applaudierten und jubelten.

Doch ich konnte mich nicht bewegen und starrte mit weit aufgerissenen Augen ins Leere.

Was hatte das alles hier zu bedeuten?

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