Kapitel 14

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Janeik

„Doch sie sind geflohen, mein Prinz." Der Soldat verbeugte sich und sah mich ehrfürchtig an. „Ihr wollt mir sagen, dass sie meinen Verstand vergiftet haben soll und euch dazu gebracht hat sie gehen zu lassen?" Wut überkam mich.

„Ihr habt sie doch bloß verhört, weil sie aus Norda kommt. Und ihr solltet euch ebenfalls nicht auf das Geschwätz der Soldaten verlassen! Wozu werdet ihr eigentlich ausgebildet?!"

„Verehrter Prinz." Nun trat einer der Wachen meines Vaters vor. „Sie ist die Auserwählte Thronerbin von Königin Amaris. Wir denken, dass es ihre Prüfung war euch zu verführen und euch wichtige Informationen erzählen zu lassen. Ist es denn zu so etwas gekommen? Habt ihr ihr etwas Vertrauliches verraten?" Ich schluckte und ließ mich auf einem Stuhl nieder.

Mein Gesicht stützte ich in meine Hände, alles drehte sich. „Wie kommt ihr darauf?" keuchte ich und nahm meine Kraft zusammen, um aufzublicken.

„Wir haben unsere Spione am Hof befragt und alles deutet darauf hin." „Sie ist viel zu jung! Sie hat nichts mit all dem zu tun." „Und warum ist sie dann geflohen?" Gereizt sprang ich auf und wurde lauter.

„Weil ihr ihr Angst gemacht habt und mein Bruder wollte ihr bloß..." ich stockte. Nein. Er hat mir versprochen, dass er nichts für sie fühlt. Er konnte sie nicht leiden, warum sollte er ihr helfen?

Mir fielen die kleinen Gesten ein und ein Schauer lief über meinen Rücken. Nein, er würde mir das nicht antuen. Sie ebenso wenig.

„Geht nun, für weitere Informationen werde ich nach euch schicken lassen." Sie verbeugte sich und verließ den Raum.

Zitternd fuhr ich durch mein Haar. Ich zwang mich zu lächeln. Nein, das würden sie mir nicht antuen. Sie würden zurückkommen. Der Grund, warum sie geflohen waren, war die Angst vor meinem Vater gewesen. Und Mira konnte auch keine Menschen manipulieren, alles war bloß ein großes Missverständnis.

Erst mit einem Blick nach draußen wurde mir klar, wie spät es war und ich ging durch die Flure zu meinem Schlafzimmer. Bevor ich schlafen ging, sah ich noch einmal aus meinem Fenster auf den Wald hinunter.

Im Traum sah ich sie wieder vor mir, ihr Gesicht so nah an meinem. Doch dann sah ich wie ihre Augen den Blick annahmen, als sie zum ersten Mal Dorian gesehen hatte. Wie sie sich angesehen hatten.

Ich riss mich von meinem Traum los und schnellte hoch. Die Sonne schien durch mein Fenster auf den Boden und ließ die roten Mosaiksteinchen leuchten.

Sie hatten mich nicht verraten. Mein Hemd zog ich mir schnell über den Kopf und ging schnellen Schrittes wieder zu der Frau, die die Beiden verhört hatte.

„Gibt es etwas Neues?" sie schüttelte ihren Kopf „Ich verlange, dass mir sofort Bescheid gegeben wird, sobald man etwas Neues von ihnen hört." „Selbstverständlich, mein Prinz."

Während ich versuchte mich abzulenken und die Zeit totzuschlagen, malte ich ein sinnloses Bild auf eine Leinwand. Sie hatte allein auf der Brücke gesessen, Dorian hatte versucht mir etwas zu sagen. Beide hatten so verwirrt gewirkt. Konnte es stimmen, dass sie sich geküsst hatten? Mein Herz wurde schwer, eine Last senkte sich auf mich. Nein. Nein. Nein. Es konnte niemals sein. Aber wie gut kannte ich Mira schon?

Als ich bemerkte, wie sehr ich zitterte ließ ich meinen Pinsel sinken. Farbkleckse bedeckten meinen Arm.

Seit zwei Tagen. Genauer genommen schon länger, aber ich hatte mich erst vor drei Tagen angefangen für sie interessieren. Und mich in zwei Tagen so sehr in sie verliebt, dass ich ihr einen Antrag gemacht hatte. Alles kam mir so fern vor.

Meine Lippen begannen zu beben und ich schloss meine Augen. Ich war bereit alles für sie aufzugeben. Mein Herz krampfe sich zusammen, ich riss meine Augen auf. Das war ich nicht, auch wenn ich manchmal übereilt war konnte es nicht stimmen, dass ich mich so schnell in sie verliebt haben sollte. Sie beherrscht die Manipulation. Schoss es mir durch den Kopf, alles begann sich zu drehen.

Wie hatte ich nur so sehr auf sie hineinfallen können? Kopfschüttelnd sah ich das Bild an, ich hatte gar nicht gemerkt, was ich gemalt hatte. Ein einziges Chaos und in der Mitte: sie.

Aber wenn sie doch die Richtige war... sie hatte den weißen Stern, so wie Nanna es gesagt hatte. Wenn sie dich verlässt, wird es dich zerstören. Nicht nur dich.

Doch was, wenn diese ganze Prophezeiung nur völliger Schwachsinn war? Dennoch, wie wahrscheinlich war es denn, dass genau sie diese Narbe hatte?

Früher fallen. Etwas in mir begann zu verbluten, zu sterben. Alle Gefühle platzen auf einmal. Ich schlug mit meiner Faust auf die Leinwand, welche Riss und meine Finger mit noch mehr Farbe bedeckte.

Ich war so unfassbar dumm, ich konnte nicht glauben, dass ich auf sie hereingefallen war. Doch es hatte sich so echt angefühlt. Dann fielen mir wieder ihre Blicke ein, ihre kalten Augen. Sie hatte mich so blind gemacht. Nur ein Zauber hatte gereicht und sie hatte begonnen mein ganzes Leben durcheinander zu würfeln.

Sie war die Thronerbin von Norda. Mit meinen Händen fuhr ich durch mein Gesicht. Die ganze Geschichte mit den Abgesandten, ich war so unfassbar dumm. Sie war ehrgeizig, sie hätte niemals die Magie aufgegeben. Ich musste meinen Verstand verloren haben, so wie mein Vater.

Die Erkenntnis war das härteste. Ich wurde so hintergangen, wie ich bald meinen Vater hintergehen würde.

Dorian. Mit ganzem Herzen wünschte ich mir, dass es nicht so war, wie sie gesagt hatten. Er würde mich nicht verraten, schließlich war er mein Bruder.

Die Schwäche sank auf mich wie eine schwere Decke. „Bitte verlasst mich nicht." In meinem Herzen spürte ich den Funken Hoffnung, dass alles bloß ein Traum war, eine Illusion, ein Missverständnis.

Doch was Mira betraf wusste ich es bereits. Mein Schmerz riss mich innerlich auf und ich stieß einen lauten Schrei aus.

Wegen so etwas durfte ich nicht fallen. Nanna hatte es gesagt, ich durfte mich nicht zerstören lassen.

Die Degen, die über meinem Kamin hingen funkelten im Licht und ich stand auf. Auf einmal überkam mich das Bedürfnisse etwas zu zerstören. Also riss ich sie von der Wand und begann auf mein Bett einzustechen. Fetzen und Federn flogen durch die Luft, doch mich überkam keine Genugtuung.

Ich war mir nicht sicher, ob ich wütender auf mich oder auf sie war. Was Dorian mit allem zu tun hatte. All meine Trauer war wie verraucht und heiße Wut erfüllte mich. Im Gegensatz zu der Trauer und der Enttäuschung gab die Wut mir Kraft und ich spürte das Feuer in meinen Adern.

„Wäre es nicht besser, wenn du deine Wut an Strohpuppen auslässt und nicht an deinem Bett?" Mit funkelnden Augen drehte ich mich um und Arthur lehnte lässig am Türrahmen. Er hatte weniger Respekt vor mir, als mein Bruder es hatte.

Vielleicht war es das, was ich an ihm schätzte. Mit einem letzten Ruck stach ich den Degen in die Matratze und ging zu ihm.

„Finde sie. Finde Mirabelle und Dorian und bring sie mir." Er wich ein Stück zurück und sah mich für einen Augenblick entgeistert an, dann nickte er."

AbluvionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt