Kapitel 21

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Mirabelle

„Die Lady stellte sich vor mich. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, was so viel wiederspiegelte. Machthunger. Triumpf. Freude. Stolz. Hinterlist.

„Dorian gehörte zu unserem Plan." Sagte sie so laut, dass nur ich und Janeik es hören konnten. Sie blickte mir fest in die Augen.

Es zerbrach.

Der Rest, der da noch in mir übriggeblieben war. Das hast du nicht getan, Lysander, nicht du, Dorian. Hilfesuchend blickte ich zu Janeik. Verzweifelt versuchte ich mich innerlich an etwas festzuhalten.

Ich biss mir auf die Lippe, so fest, dass sie zu bluten begann. Mein Herz pochte in meinen Ohren. Schwindel durchfuhr mich. Sie hatte das Ass in der Hand.

Sie hatte gewonnen. Sie hatte meine Insel, mein Land gewonnen.

Sie wusste, was mir am wichtigsten war. Was mich verwundbar machte.

Es war unmöglich. Ich verstand es nicht.

Doch, obwohl es unmöglich schien, suchte ich nach einem Funken. Ein Funken, der mein letzter Triumpf war. Ein paar Mal öffnete ich meinen Mund, unfähig etwas zu sagen. Doch dann, mit einer ungeheuren Wut, einer Enttäuschung, einer Wucht, einem Rest Liebe und einer Sehnsucht die mich seit seinem Tod Leben ließ:

„Ich werde dich niemals gewinnen lassen."

Die Worte hatten den Klang eines zerschmetterten Traums.

Ich war eine gefallene Königin.

Doch sie ließ sich nicht einschüchtern. Zeigte nicht mal eine Reaktion. „Nehmt sie fest." Befahl sie und ich wurde von einem der Soldaten zu Boden gedrückt. Meine Hände wurden zusammengefesselt, doch ich hatte nur Augen für die Lady. Ein weiteres Pferd kam angeritten. Diesmal mit der Königin.

Sie trug ein bezauberndes Lächeln auf den Lippen, von dem mir Übel wurde. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Was ich fühlen sollte. Ob es sich lohnte weiterzukämpfen.

Es lohnt sich immer weiterzukämpfen, wenn es um etwas geht, was du liebst.

Ich horchte auf mein Inneres und schloss meine Augen. Dorians Gesicht. Ich hatte es nicht vergessen. Ich öffnete meine Augen wieder und wurde auf die Beine gezogen.

Da war immer etwas, was man einem Menschen nehmen konnte. Ich wusste bereits, was ich ihr nehmen konnte.

Und es war nicht ihr Geliebter.

Sie brachten uns in das Parlamentsgebäude von Geltea. Sie hatten alle Nefaria entweder ermorden oder einsperren lassen. Mit einem Zug hatten sie es geschafft den ganzen Kontinent, ganz Atlantis, einzunehmen.

In dem Parlamentsgebäude ließen sie zwei goldene Throne erbauen. Daneben sperrten sie Janeik und mich. In einen Käfig aus Platin.

Wir müssten zusehen, wie sie unsere Leute hinrichteten. Solange, bis der weiße Boden nach und nach Rot vor Blut war und es bereits in den Ritzen des Marmors versank.

Erst waren es Majore, Offiziere und Ratsmitglieder, die ich kaum kannte. Dann wurde an einem Tag General Yoasch vorgeführt.

Er war der erste von denen, die wir wirklich liebten. Janeik schrie sich die Kehle aus dem Leib, doch es änderte nichts. Auch Brick und Nevis wurde kurz danach der Kopf abgeschlagen.

Sie zwangen uns jede Hinrichtung mit anzusehen. Als Nathan vorgeführt wurde, blieb mein Herz stehen.

Ich suchte rasend nach Antworten. Einen Weg, wie ich ihn beschützen konnte und unsere Blicke verhakten sich. Seine Augen waren strahlend blau und er trug dieses Lächeln auf den Lippen. Sein Nathan Lächeln, welches symbolisierte, dass alles auf dem richtigen Weg war. Doch ich wusste, dass er diesmal falsch lag.

AbluvionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt