Wolf

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Dafür, dass ich es war, der dafür gesorgt hatte, dass Greer eine Karte der Geheimgänge von Cylnie besaß, behandelten sie mich erstaunlich gut.
Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als Nigos in Nytar einfiel. Meine Zelle wurde steht's von zwei Wächtern bewacht und so wie ich es erkennen konnte, gab es keine Chance für mich zu fliehen. Sogar das Essen, welches sie mir gaben war lecker.

Meistens war es gekochtes Wintergemüse und klares Quellwasser, welches sie direkt aus den Bergen bekamen. Insgeheim wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass Greer doch endlich mit ihnen eine Einigung traf, egal wie grausam doch die Einstellung dieser Atlantianer war.

Zwei Tage, nach denen ich die Explosionen gehört hatte, kam einer ihrer Generäle in meine Zelle gestürmt. Sein Gesicht war übersäht von Verletzungen und er sah noch verwilderter aus, als er es ohnehin schon tat. Ich hatte ihm den Spitznamen „Barbar" gegeben.

„Ihr ermordet selbst Kinder ohne mit der Wimper zu zucken." Keifte er mich auf atlantianisch an, doch ich schnaubte bloß. Wer war es denn, der Kinder entweder zum Umgang mit teuflischen Kräften zwang oder sie direkt aufs Meer verbannte?

„Trotz allem wollen meine Herrscher, dass ihr etwas vernünftiges esst, damit ihr bei dem Verhör einen klaren Kopf habt." „Nur Idioten unterwerfen sich anderen Menschen." Zischte ich in nigorisch und erntete eine Ohrfeige von ihm.

„Da deine liebe Königin das Abkommen gebrochen hat, habe ich nun die Erlaubnis, endlich so mit dir umzugehen, wie du es verdienst!" Er grinste, seine Zähne waren schief und gelb.

„He, Finn! Wo ist das Tablett?" Ein schmächtiger Junge überreichte dem Barbaren eine Schüssel, einen Krug und Besteck.

Es war eine milchige Suppe aus Kartoffeln und Schinkenscheiben. Mein Magen drehte sich um.

„Ihr seid ja wirklich zurückgebliebener, als ich dachte, wenn ihr von mir erwartet, dieses tote Tier zu essen!" Für diesen Satz musste ich mein gesamtes Vokabular zusammenfügen.

Der Barbar zog seine wuchtigen Augenbrauen zusammen.

Bedeutungsvoll fischte er die Fleischbrocken aus der Suppe, um sie selbst zu essen. „So besser, feiner Herr?" Er stellte die Schüssel neben mir ab und blickte angewidert zu mir hinunter.

Ich biss meine Zähne zusammen. Mein Magen knurrte, doch ich würde niemals meine Überzeugungen aufgeben, schon gar nicht vor diesen Menschen.

„Ich werde auch nicht die Muttermilch einer vergewaltigten Kuh trinken!" „Du solltest dich nicht so aufspielen und nun dein götterverdammtes Essen essen!" Ich lachte und schnaubte gleichzeitig. „Niemals."

Mit einem Ruck zog der General mich hoch und drückte mich gegen die Wand. Ich blickte ihm angriffslustig in die Augen. Sein Atem roch nach totem Tier.

„He, Yoasch, was wird das?" Er ließ mich ruckartig los, nur um vor König Janeik zu salutieren, doch dieser winkte ab. Sein Blick fiel zu mir und zu der Schüssel, die währenddessen umgekippt war. Er zog seine Augenbrauen zusammen.

„Er weigert sich, zu essen." Gab der Barbar als knappe Erklärung von sich. „Ich weigere mich Leichen zu essen oder fremde Muttermilch zu trinken." Janeik konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Was ist das? Ist das normal bei euch? Dein Volk ist wirklich seltsamer, als ich dachte." Ich schnaubte wieder und funkelte ihn wütend an. Leider reichte mein Vokabular für eine vernünftige Diskussion nicht aus.

„Mach ihn fertig für das Verhör, ich warte oben."

Mit jedem Tag wurden ihre Methoden brutaler, doch ich verriet ihnen nicht die kleinste Information. Ich wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie mich gegen die kleine Königin tauschen müssten.

AbluvionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt