Kapitel 4

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Mirabelle

„Als ich geweckt wurde spürte ich die Nervosität in meinen Knochen.

Der Ball.

Den Vormittag verbrachte ich mit Etikette, den Nachmittag mit Kleidern, Bürsten, Schmuck und Schminke.

Als ich in den Spiegel blickte starrte mich eine eiskalte Schönheit an. Das Kleid hochgeschlossen, damit man ja nicht ihren Makel bemerkte, die blauen Flecken überschminckt, die Wangen rosig, damit sie unschuldig wirkte.

Doch das Kleid genauso kalt und Blau wie ihre Augen, damit man trotzdem ihre Macht erkannte.

Eine Gänsehaut zog sich über mich. Ich wollte nichts Anderes, als dass sie die Malerei sahen. Damit ich nicht ganz so perfekt schien.

„Seid ihr zufrieden, Hoheit?" fragte Lyria, ein junges, kleines Mädchen. Ich drehte mich zu ihr um und schüttelte meinen Kopf.

„Oh." Sie wirkte enttäuscht. „Bitte. Entfernt die Schminke auf meinen Wunden und du" ich drehte mich zu der anderen, dessen Namen ich immerzu vergaß.

„Bitte hol mir ein Messer und Garn, du kannst doch nähen nicht wahr?" sie nickte und verbeugte sich. „Sehr wohl meine Hoheit." Wiederholten sie im Chor und verschwanden.

Ich drehte mich zu Nevis, meinen neuen Leibwachen um. Er hatte mich verstohlen betrachtet und sah nun zur Seite.

„Wie sehe ich aus?" „Wunderschön, Hoheit." Ich schüttelte meinen Kopf und sah in den Spiegel.

„Und?" „Majestätisch." Wieder drehte ich mich zu ihm um. „Ich sehe falsch aus." Er blieb stumm und ich nickte.

„So unglaublich falsch. Würdest du mich so heiraten?" „Mit Verlaub, eure Hoheit, das kann ich nicht beantworten." „Dann befehle ich es dir." Er öffnete seinen Mund.

„Ehrlich." Befahl ich herrisch und ich erkannte Angst in seinen Augen aufblitzen. Lyria kam zurück und begann die Schminke von meinem Arm und meinen Wangen zu lösen.

Nevis ließ die Frage im Raum stehen.

„Schneide mir meinen Rücken frei." „Seid ihr sicher?" „Jetzt mach schon." Ihre Hand zitterte, doch sie begann die Malerei frei zu schneiden.

„Lyria, hol mir einen Umhang, ich möchte, dass die Königin es erst auf dem Ball sieht." Sie rannte weg und die andere Zofe begann die Ränder zu vernähen.

Als sie fertig war drehte ich mich.

Die Wunden und Blutergüsse auf meiner Haut waren unverkennbar und ich musste Lächeln.

„Ich danke euch." Ich nickte stolz, während Lyria mir meinen Umhang umlegte. Ihre Wangen färbten sich rosa und sie nickte.

Mit Nevis verließ ich den Raum und wurde sofort von den Hofdamen umzingelt. Als sie erkannten, dass man den Schnitt und den Bluterguss auf meiner Wange nicht verdeckt hatte blieben ihre Münder offenstehen.

Ein Grinsen zog sich über mein Gesicht und ich freute mich schon auf die Reaktionen, der anderen, wenn ich meinen Umhang ablegte.


Am Ballsaal angekommen, eilte mir sofort einer der Diener entgegen. Demonstrativ langsam löste ich den Knopf meines Umhangs. Der Mann nahm ihn mir ab und atmete lauter als normal ein. Doch er war klug genug es dabei zu belassen. 

Hinter mir verstummte plötzlich das Tuscheln der Hofdamen. Ich machte die ersten Schritte in die Mitte des Saals.

Tausend Augen verfolgten mich, Amaris eingeschlossen. Nur, dass sich ihr Blick von den anderen unterschied. Sie wirkte mehr wütend als verwirrt.

AbluvionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt