Kapitel 16

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Janeik

„Als es erst die Wellen gewesen waren, die meine Magen aufwirbelten, waren es jetzt die Blicke derer, die wilde Worte mit Mira wechselten. Die Worte, die ich nicht einmal ansatzweise verstand und die vielleicht über unser Schicksal entscheiden sollten. Die Königin, Ariana, war eine der schönsten Frauen, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Das rote Kleid, welches sie trug, schmiegte sich an ihre Haut und wurde an der Taille von goldenen Ranken umsäumt. Ihr dunkles Haar floss ihre Schultern hinab und fast unscheinbar berührte sie mit ihren Fingern die des Königs Kael.

Er hingegen hatte blondes Haar und erinnerte mich an Lysander. Er schien auch mehr an ihr, als an der Verhandlung interessiert zu sein. Ganz im Gegensatz zu der jungen Frau, die ein wenig abseits lautstark mit Mira diskutierte. Am Anfang hatte sie eine kühle Beherrschung gehabt, doch nun funkelten ihre Augen angriffslustig und ihre Wangen waren gerötet.

Immer wieder verstand ich den Namen des Gefangenen, den wir in Cylnie festhielten. Plötzlich wurden die Worte von ihr so laut, dass Mirabelle verstummte und die Königin ihren Namen zischte. „Greer."

Greers Finger bebten und sie ballte sie zu einer Faust. Die Königin blickte zu uns sagte etwas. Mira presste ihre Lippen zusammen und blickte mich an.

„Sie sagen, dass sie uns nicht fürchten. Sie haben uns Bedingungen gestellt und wir sollen bis nächste Wochen entscheiden ob wir sie annehmen." „Welche Bedingungen?" fragte ich und spürte, dass die Blicke aller auf uns lagen.

„Das erkläre ich dir später." Sie setzte ein schmales Lächeln auf und nickte dem Königspaar zu, dann erhob sie sich und ich tat es ihr nach. „Pioni?" fragte ich, nachdem sie sich nicht bewegte.

Sie starrte wie gebannt in die Augen des Mannes, der neben den Sesseln stand. Erst als Mira über ihre Schulter strich zuckte sie zusammen und eine ertappte Röte zog sich über ihr Gesicht.

„Ich habe doch gesagt, dass sie zu jung hierfür ist." Flüsterte ich, doch sie schien es gehört zu haben. Wir gingen zurück und Pioni drehte sich im Türrahmen noch einmal um. Ich schaffte es sie zu packen und mit mir zu ziehen.

„Mach dir keine Hoffnungen, Kleine." Zischte ich ihr zu und sie blickte mit zusammengebissenen Zähnen auf den Boden.

Wo ich vorher noch höflich mit ihr geredet hatte, hatten wir uns mit der Zeit darauf geeinigt unsere Vornamen zu benutzen. Wir hatten so viel Zeit miteinander verbracht, dass alles andere sich merkwürdig anfühlte. Selbst der alte, mürrische König Erarius hatte damit kein Problem gehabt.

Pioni erinnerte mich an eine meiner Halbschwestern, mit der ich in meiner Kindheit viel Zeit verbracht hatte. Marlena, die, die man mit sieben Jahren der Magie beschuldigt hatte und verbannt hatte.

Ich sah zu Mira, doch sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, während sie Nevis Hand annahm und zurück auf unser Schiff kletterte. Ihre Krone funkelte im Licht der Sonne auf und mir fiel auf, wie sehr ihre Hände zitterten.

Ich kniff meine Augen zusammen und musterte sie. Ihre Haltung war majestätisch wie immer, ihr Kinn gereckt, doch ihre Haut schien fast grau zu schimmern. Und ihre Fingerspitzen waren dunkel angelaufen.

Mit wenigen, geschickten Schritten war ich auf dem anderen Boot und trat zu Mira. Nevis entfernte sich ein Stück und ich blickte in ihre Augen.

„Was haben sie gesagt?" „Warte." Flüsterte sie und sah sich um. Sie hielt sich an dem Mast fest und fuhr sich über das Gesicht.

Ihre Augen bewegten sich rastlos hin und her. Ich berührte sie kurz an der Schulter und ihr Blick blieb an mir hängen.

Ich sah noch einmal zu Pioni und hätte mich selbst schlagen können, als sie sich lächelnd von dem Mann die Hand reichen ließ und auch auf unser Schiff kam.

AbluvionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt