Kapitel 22

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Janeik

„Mirabelles Berater schien verwundert, dass ich ein einfaches Gasthaus ausgewählt hatte und mich zu dem einfachen Volk in die Gaststube setzte, um zu essen. Doch er begleitete mich ohne zu fragen und wir Beide warteten nur noch darauf, dass Mirabelle kam.

Meine zahlreichen Versuche Schlachten aufzuhalten endeten als Blutbad und mir wurde mit jedem Mal klarer, dass so nicht die Lösung war.

Marx war schlau und er hatte bereits viele verschiedene Pläne für den Frieden entworfen.

Als sie schließlich kam, mussten wir das ganze Gasthaus für die Soldaten, die Berater, Mirabelle und mich beanspruchen, während wir begannen zu reden, die Lage zu beobachten und Strategien zu entwickeln.

Ich hatte immer gedacht, dass es schwierig sei mit meinem Rat eine Lösung zu finden, die alle zufrieden stimmte, doch mit zwei Räten aus komplett unterschiedlichen Ländern schien es unmöglich zu sein.

Ich mied Mirabelle. Doch während den Besprechungen konnte ich meine Augen nicht von ihr lassen.

Sie versuchte unablässig aufmerksam zu sein, die Hoffnungsvolle und Starke zu sein, doch es war nicht nur Waynes Tod, der die Bedrückte. Ich wollte nicht behaupten sie zu kennen. Doch die Art, wie sie, wenn sie dachte, die Aufmerksamkeit läge auf anderen, ins Nichts starrte, verriet sie.

Ich spürte, dass selbst die Soldaten der unterschiedlichen Länder, die in einem Gasthaus waren, sich gegenseitig hassten und nur auf die Vorteile ihres Landes achteten.

Am zweiten Abend, nach den vielen Gesprächen spürte ich auf meinem Zimmer, dass ich frische Luft brauchte. Obwohl es bereits Nacht war und ich wusste, wie gefährlich es sein konnte bei diesen Umständen ohne Wachen rauszugehen, tat ich es.

Die Luft war so klar, wie sie es nur in den Nordischen Bergen sein konnte. Über mir war nur der Sternenbedeckte Himmel.

Ich entdeckte die Mauer einer Ruine, einen alten Turm. Mit geschickten Schritten war ich über die Steine geklettert und konnte im matten Licht die Stufen erkennen.

Vorsichtig schlich ich hinauf und merkte, wie jemand zusammenzuckte, als ich oben ankam. Die Gestalt war in einen dicken Mantel gehüllt, sie drehte sich um und ihr Gesicht leuchtete im Mondlicht weiß.

„Janeik." Wisperte sie. „Es tut mir leid... ich wollte dich nicht..." „Alles in Ordnung, ich wollte sowieso gehen." Sie streifte sich die Kapuze ab und wandte sich zum gehen. Eine Frage brannte mir auf der Zunge und ohne nachzudenken platzte ich damit hinaus.

„Manchmal frage ich mich, was passiert wäre, wenn du mich geheiratet hättest." Sie zögerte und drehte sich wieder zu mir.

Silberne Strähnen tanzten mit dem Wind um ihr Gesicht. Hier wirkten ihre Augen fast schwarz.

„Ich hätte das niemals tun dürfen." Ich schüttelte meinen Kopf. „Darum geht es mir nicht. Aber glaubst du, dass der Zauber irgendwann nachgelassen hätte? Oder wäre ich dann mein restliches Leben blind gewesen?" Ihr Blick wurde traurig.

Fast schon besorgt vor der Antwort, bis sie sich auf die Unterlippe. „Das kommt auf deinen Willen drauf an." Wich sie meiner Frage aus.

„Und glaubst du, dass ich den Willen gehabt hätte?" Sie zögerte und ließ sich gegen den Stein hinter ihr sinken. Nachdenklich strich sie mit einem Finger die Konturen nach.

„Ganz ehrlich? Ich schätze, dass es gedauert hätte. Dein Wille hat viel mit deinen Gefühlen zu tun, meiner dagegen eher mit meinem Ehrgeiz und du..." sie musterte mich.

„Ich hatte das Gefühl, dass du dich... nach Liebe gesehen hast. Als ich den Zauber habe wirken lassen, ging es fast schon zu einfach." Es war, als hätte sie eine Wunde begonnen aufzureißen.

„Tut mir leid." Sagte sie schnell. „Das hätte ich nicht sagen dürfen, ich hatte nicht..." „Alles gut." Erwiderte ich eine Spur zu harsch.

Sie sah zu Boden.

„Was auch immer passiert... wie weit würdest du gehen, um dein Volk zu retten?" fragte sie nun und blickte wieder auf.

„Wenn man nichts mehr zu verlieren hat, kann man nur noch gewinnen. Ich würde alles tun." Sie nickte. „Ich auch. Aber du weißt auch, was das bedeutet?" ich nickte.

Ich wusste es nur all zu gut.

Man hatte Pläne gemacht und verglichen. Der Bürgerkrieg hatte ein einfaches Ziel: Einen Herrscher von Norda und Meridione. Entweder sie oder ich.

Die eine Lösung bestand darin, es wie unsere Vorgänger zu tun; alle Aufständischen zu töten oder einzusperren, anders gesagt: das Volk zu unterdrücken.

Die andere Lösung schien fast genauso abwegig: Die Hochzeit von mir und Mirabelle. Ein Zeichen des ewigen Friedens, nur noch zwei vereinte Herrscher.

Unsere Blicke trafen sich. Für uns gab es nur eine Lösung.

Ein Fest für die Beiden größten Völker des Kontinents. Eine Vereinigung durch eine Hochzeit. Die Krönung zweier Herrscher, so fremd sie auch wirkten; der Sonnenkönig im Schloss der Schneekönigin und andersherum.

Und da standen wir nun. Auf dem Balkon des Schlosses von Tonrion und blickten auf die Menge hinab; Hand in Hand und ich gab meiner Königin einen Kuss auf die Stirn.

Und die einzige Sache, die wir uns beide fragten war:

Was für ein Spiel trieb das Schicksal, uns Beide zusammen ein Zeichen für die Liebe zu sein?"

AbluvionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt