Ohnmacht

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Call me stupid, call me sad.
You're the best I've ever had.
You're the worst I've ever had and that keeps fcking with my head.

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Chirons Atem stockte, sein Herz schlug so unerträglich laut sodass es sogar schmerzte. Sein Hals hatte sich noch nie so trocken angefühlt und ein einziger, leiser Atemzug entwischte seinem Mund. Es fühlte sich an, als würde er ersticken, als bekäme er keine Luft mehr, als würde sich alles drehen und in sich zusammen fallen. Es fühlte sich an, als würden hundert fremde Hände versuchen ihn in den Abgrund zu ziehen.
Als würden sie ihn mit sich ziehen wollen, in die Dunkelheit wo er nichts mehr fühlen konnte. Keinen Schmerz, kein Leid, keine Wahrheit.
Dieser Schmerz in seiner Brust war unerträglich, das Pochen das langsam seinen gesamten Körper einnahm. Die Wunden, die blauen Flecke und Kratzer brannten noch mehr als sie es gestern taten. Er zitterte am ganzen Leib, seine Nase prickelte unangenehm und seine Fingerspitzen, mit denen er die Mappe noch immer hielt, fühlten sich taub an.

Es wirkte für ihn als wäre er leblos, kalt, leer. Die große Leere, die ihn mit einem Mal einfing, war tobend und unerklärlich. Er konnte nicht realisieren was in diesem Moment in ihm vorging. Chiron konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, er hörte nichts außer das Schluchzen seines Gegenübers und das laute Hämmern seines eigenen Herzens. Es hämmerte gegen seine Brust, drohte mit einem Mal stehen zu bleiben. So kam es ihm vor, so spürte er es. So spürte er das Leid, das auf diesem unbedeutenden Blatt Papier geschrieben stand. So verspürte er seine Impulsivität, die Wut die in ihm kochte.

Die Wut auf Dr. Min, der sein Notizbuch heimlich studiert hatte. Die Wut auf sich selbst. Der Selbsthass, der ihn ummantelte, ihn nicht mehr Atmen ließ und ihn schließlich dazu brachte zusammen zu sacken. Seine bebenden, abgemagerten Schultern fielen in sich zusammen, sein Brustkorb wurde schwerer und schwerer. Er drohte in Ohnmacht zu fallen, atmete laut ein und aus. ,,Chiron.'', hörte er die zitternde, kaum hörbare Stimme seines Ankers, der versuchte für ihm da zu sein. Doch wie konnte man in einem Moment wie solchen für Jemanden da sein? Was sollte man tun?
Die eisige Kälte überkam Chirons Haut und während sein Körper verrückt spielte, zitterte wie Espenlaub, drehten seine Sicherungen durch. Er schüttelte wild den Kopf, schluckte den Kloß im Hals runter und stammelte: ,,Nein, nein, nein.''
,,Chiron.'', krächzte Yoongi erneut, sein Gesicht rot angelaufen und geschwollen von all den Tränen. Er wusste, dass Chiron es abstreiten würde, es nicht wahrhaben wollen würde. Er wusste, wie er tickte und genau davor hatte er Angst. Davor fürchtete sich der Ältere, dass Chiron diesen negativen Gedanken nachgab. Das war Yoongis größte Angst, ihm gegenüber zu stehen wenn er seine eigene Diagnose liest. Doch er musste sie lesen, bevor sie ihn zu etwas zwangen.

Bevor er ihn nie wieder sehen würde, bevor sie ihn wegbringen würden. Er musste es ihm zeigen, auch wenn es gegen das Gesetz verstieß eine Akte zu klauen.
Dr. Min hatte seine Schweigepflicht gebrochen, hatte seinem Neffen davon erzählt in der Hoffnung er würde es somit besser verkraften. Wenn er eingeweiht wäre, bevor die nötigen Maßnahmen eingeleitet werden würden. Sie würden Chiron wegbringen um ihm zu helfen, weg von Yoongi, weg von dem einzigen das ihm noch wichtig war, das ihm etwas Kraft gab.
Weil er psychisch krank war und einer Behandlung unterzogen werden musste. Einer Therapie, die sich über Jahre erstrecken würde, wenn nicht bis ans Ende seines Lebens. Yoongi wusste dass Chiron sich dagegen wehren würde, dass er das nicht einfach so geschehen lassen würde dass er sich nicht einfach so von seinem Liebsten verabschieden konnte.

One More Light | BTS √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt