Langsam, beinahe wie in Zeitlupe, hüllte sich die Umgebung Seoul's in Dunkelheit.
Es war gerade erst Abend geworden und die Vögel zwitscherten noch im angenehmen Klang.
Mit einem Ruck wurde dieser Klang erlischt und Stille breitete sich im Zimmer des dunkelhaarigen Mädchens aus.Pak Kia, die ihr Fenster soeben geschlossen hatte, spürte noch immer das Kribbeln in ihrem Bauch.
Das betörende Gefühl, das schon seit heute Mittag in ihrem Magen kursierte.Ein Kribbeln, wie kleine Käfer über ihre Haut.
Ein Kribbeln, wie Schmetterlinge, die ausbrechen wollten.Ein leichtes Lächeln huschte auf ihre Lippen als sie noch eine Weile beobachtete, wie auch der letzte Schatten im Vorgarten verschwand und es komplett dunkel wurde.
Schwarz, die Nacht.
Manchmal hatte die junge Schwarzhaarige Angst im Dunkeln, doch nur wenn sie alleine war.
Manchmal schlich sich eine unangenehme Gänsehaut herbei, ließ sie unwohl fühlen.
Doch heute nicht, heute genoss sie die Schwärze, die sich vor ihrem Fenster befand.
Sie genoss es, nicht gesehen zu werden.Denn so oft fühlte sie sich beobachtet, wenn sie durch den Schulkorridor spazierte.
Vorbei an den vielen Schülern und Schülerinnen, vorbei an den Lehrern.
Die Blicke lagen auf dem bildhübschen Gesicht der Koreanerin und ihr war gar nicht bewusst, dass man über sie flüsterte.
Dass man sich fragte, wie viele Freunde sie schon gehabt hatte.
Dass man sich fragte, ob sie Beziehungen pflegte.
Doch auch Fragen über ihren Bruder gingen den Leuten durch den Kopf.
Fragen, die andere Menschen, vor allem Fremde, nichts anging.
Doch Menschen waren neugierig, zu neugierig und das wusste Kia.
Sie gab sich stets Mühe, dies zu ignorieren und ihren Weg weiterzugehen.Doch in diesem Moment, in ihrem Zimmer, spürte sie wieder ein unangenehmes Ziehen in ihrer Brust.
Einen Druck, als würde man ihr die Luft zum Atmen nehmen, als würde sie ersticken. Mit einem Ruck zog sie die Rollläden runter, versperrte wieder die Sicht auf den kleinen Vorgarten, in dem die verschiedenfarbigen Rosen wuchsen.Als Kind hatte sie gern auf der Wiese gelegen, hatte das kühle Gras unter ihren Finger-und Zehenspitzen gefühlt und sich gefreut als der etwas ältere schwarzhaarige Junge ihr eine Rose vom Strauch pflückte.
Pak Chiron mochte die Rosen.
Ihr Bruder liebte den Duft und die kleine Gefahr, die sie mit den Dornen ausstrahlten.
Er liebte es, sie welken zu sehen, in einer Vase seiner Mutter.
Das erste Blatt, das seinen Weg auf die Oberfläche des Tisches fand, auf dem die Vase stand.
Oftmals hatte er diese sogar gesammelt, in eine Kiste gelegt und das Meer aus Rosen genossen.
Er war ein friedlicher Junge, mehr in sich gekehrt und nicht gerade sprachgewandt.
Er war lieber leise, als sich zu verplappern. Spielte lieber mit seinen Spielsachen, als andere zu stören.Allein die Erinnerung an ihre Kindheit, zauberte Kia ein Lächeln ins Gesicht. Sie sprach nicht oft mit ihrem größeren Bruder, nicht mehr in letzter Zeit. Doch gerne erinnerte sie sich daran zurück, wie er sie immer beschützte als sie klein waren.
Sie fühlte sich sicher, denn sie wusste er würde alles tun um sie in Schutz zu wissen.
Genau deshalb verspürte sie das Gefühl mit ihm reden zu wollen. Sie spürte, dass sie in dem Moment mit niemandem lieber ihre Zeit verbringen würde, als mit ihrem Bruder.
Von dem Fenster hatte sie sich schnell abgewandt, war schnurstracks aus ihrem Zimmer spaziert um bloß am anderen Ende des Ganges eine geschlossene Tür vorzufinden.
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One More Light | BTS √
Teen FictionEs ist nie nur eine Perspektive bestimmter Umstände und je nach Person, Gemütszustand, können die Ansichten abweichen. Was Kia bleibt, sind die Ansichten ihres Bruders Chiron in einem Notizbuch, jenes sie leider erst findet, als sie ihn gar nicht m...