Verlust

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,,Chiron!"
Noch nie hatte der 23-Jährige so laut geschrien.
Seine Kehle brannte und ein jämmerliches Husten kam aus dem Mund den Grünhaarigen.
Noch immer konnte er seinen Augen, seinen Sinnen nicht trauen und atmete schwer.
Die Knie aufgeschürft, blutend saß er noch immer auf dieser Brücke, etwas weiter vom Geländer entfernt.
Seine Beine hatten nachgegeben, ihm die letzte Kraft entzogen und ihn zu Boden gerissen.
Er konnte nicht mehr aufstehen, sein Herz schmerzte.
Seine Hände fuhren über sein ganzes Gesicht, er weinte wie er noch nie zuvor geweint hatte.
Doch er wusste nicht, wofür diese Tränen gut sein sollten.
Was sie ihm bringen würden.
Denn er hatte es nicht aufhalten können.
Er konnte ihn nicht aufhalten.

Er konnte ihn nicht genug lieben, zurück ins Leben lieben.
Er konnte ihm nicht das geben, um ihn am Leben zu halten.
Er konnte ihn nur loslassen, frei lassen.

Schmappatmend murmelte Yoongi noch immer den Namen des Jungens, der seit einigen Minuten nicht mehr auf dieser Welt weilte.
Der Grünhaarige hatte es noch gar nicht richtig realisiert, schrie sich die Seele aus dem Leib.
Als würd er mit diesem Schrei etwas bewirken können.
Als würde er ihn in die Zeit zurück schicken.
Doch er kniete noch da, auf dem Boden der Tatsachen.
Er schaffte es nicht, er konnte nicht, er wollte nicht nachsehen.
Stattdessen heulte er, laut und bitter, legte seine Arme auf den kalten Boden der Brücke.
Den Kopf gesenkt versuchte er seine Gedanken zu ordnen.
Doch wie sollte er?
Wie sollte er in diesem Chaos Ordnung schaffen?

Langsam begann er seinen Kopf zu schütteln, immer wieder, bis er erneut dieses eigenartige Summen von sich gab.
Das Summen, das Chiron so sehr gehasst hatte.
Denn es hatte ihm gezeigt, dass er Yoongi wieder schlecht ging.
Dass er wieder in sich selbst gefangen war, in dieser grausamen Hülle.

Der Mond schien heute so hell am Himmel, so hell hatte Yoongi ihn noch nie gesehen.
Er erhellte die Umgebung, hüllte sie in einen trüben Schleier. Noch immer dröhnte das Rauschen des Flusses in seinen Ohren, gab ihm keine Ruhe.
Murmelnd wiederholte er die Worte 'das ist nicht echt' und er wünschte sich wahrhaftig, dass es nicht die Realität war.
Er wünschte sich, es wäre nur ein grausamer Albtraum aus dem er erwachen konnte.
Erwachen in den Armen seines Liebsten, ihm in die Augen sehen und das Glück der Welt erblicken.
Wie sollte er nur ohne diese Augen leben können?

Die Tränen angetrocknet auf den vollen Wangen, versuchte sich der junge Koreaner am Geländer hinter sich hochzuziehen bis er endlich auf seinen wackeligen Beinen stand.
Ehe sie wieder nachgeben konnten, stolperte er ans Geländer, an dem sich vor Minuten Chiron festgehalten hatte.
An dem er gestanden hatte, mit all seinen Gedanken.
An dem er gelitten hatte.
Als Yoongi einen Blick hinunter wagte, drehte sich sein Magen im Kreis.
Ehe er sich versah, übergab er sich auf dem Brückenboden neben sich. Hustete den ganzen Frust heraus. Der Schock saß tief und noch immer pochte sein Herz unerträglich laut.
Seine Hände in die Knie gestämmt wirkte er wie in Trance, als würde er in seiner Welt gefangen sein.
All die Momente,die er mit ihm teilte, zogen an ihm vorbei wie ein Film.
Wie ein Film, der nie der Realität entsprach.

Als wäre Chiron nur einer von zahlreichen fiktiven Charaktere gewesen, niemals echt, niemals wirklich hier.
Tief Luft holend stolperte der Trauernde die Brücke entlang, suchte nach einem Weg ans Ufer des Flusses.
Doch die Wellen schlugen so stark, er war schon längst mitgeschwämmt worden.
Große Bäume und Büsche, die sich an dem Fluss entlang schlängelten versperrten dem jungen Mann den Weg, die Sicht auf die Wahrheit.
Er konnte ihn nicht zurück holen, er konnte ihn nicht einfach aus dem Wasser ziehen und nach Hause bringen.
Yoongi erlitt Höllenqualen, sein Magen grummelte ununterbrochen, seine Augen schmerzten und sein Herz ebenso.
Er war ein furchtbarer Anblick, ein Junge der so verloren schien. Ein Junge, der soeben die wichtigste Person an das Leben verlor.
An das Leben, das manchmal so tückisch sein konnte.

Und er hasste sich dafür, dass er zu spät kam. Er hasste sich dafür, dass er nicht gleich zur Brücke gegangen war.
Doch hätte er ihn wirklich aufhalten können?
Hätte Chiron inne gehalten, wenn er seinen Freund gesehen hätte?
Wäre das Leben nach diesem gescheiterten Versuch besser? Glücklicher? Sorgenfreier?

Vielleicht hätte er ihn aufhalten können, doch Chirons Herz hätte weiter geblutet.
So lange bis ihn der Selbsthass von innen auffraß.
So lange, bis er aufgehört hätte zu kämpfen.

Durch die Dornen kämpfte sich Min Yoongi, ein Jugendlicher der nicht glauben wollte was passiert war.
Schnitte und Kratzer verursachten die Pflanzen, durch die er sich durchzwang um ans Ufer zu kommen.
Und keiner kam um ihn von diesem Leid zu befreien, um ihn zu retten.
Ein erleichterndes Aufatmen entwischte ihm, als er endlich den rauschenden Fluss vor sich sah.
Ohne nachzudenken stieg er durch den Matsch, den das Wasser mit der Erde verursacht hatte.
Das Wasser war eiskalt, die Kälte bohrte sich tief in seine Knochen.
,,Chiron!", rief er erneut, seine Stimme nur noch ein kläglicher Schrei.
Doch es kam keine Antwort, es würde nie mehr eine Antwort kommen.
So sehr er sich wünschte, mit ihm zu gehen, stieg er wieder aus dem Sumpf, stolperte nach hinten in einen Busch.
Und dort blieb er liegen, auch wenn die Glieder schmerzten. Auch wenn die Dornen des Busches sich weiter in seine Haut bohrten.
Die Narben an seinen Armen aufrissen, er konnte nicht mehr aufstehen.
Er blickte nur noch in den hellen Mond, der ihm am Himmelszelt entgegen lächelte.
Er hörte auf das laute Rauschen, das schien ihn zu rufen.
Er spürte das nasse Blut an seinen Armen, doch es schmerzte nicht.
Das Einzige, das schmerzte war seine Brust.

Es war der 20. Juli, der Tag des Mondes.
Der Tag, an dem Pak Chiron sein Leben verlor.

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Ich dachte mir, ihr wolltet noch wissen wie es Yoongi erging.
Es tut mir sehr leid für all die Trauer, alles wird wieder gut ❤️
Ich tröste eure Herzen ❤️

One More Light | BTS √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt