die Nacht des Mondes

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I wanna go back to scene I keep seeing in my flashbacks.

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Die Nervosität, als Chiron zum ersten Mal mit einem Termin das Tattoostudio betrat. So gut fühlte sich dieses kribbelnde Gefühl an, verschaffte ihm wahrhaftige Freude.
So froh war er, endlich an diesem Punkt angelangt zu sein. Schon lange wünschte er sich diesen Raben, den Unheilsbotschafter.
Schon lange wünschte er sich auch die Rose, die Schönheit, die einem ihre Dornen in die Haut jagt.
Es war ein neues Gefühl und er fühlte sich wohl auf dieser Plastikliege. Er liebte dieses brennende Gefühl, dachte während des Stechens sogar schon an ein Drittes.
Er wusste, wie seine Eltern reagieren würden. Er wusste, dass sie dagegen waren.
Doch er wollte es so sehr, er wünschte sich diese Kunst zu verwirklichen.

Der Moment, als er seine neuen Exemplare seinen Eltern zeigte, war angespannt. Er wusste was ihn erwarten würde, doch er hasste es.
Er hasste es, dass sie es nicht verstanden. Dass sie nicht verstanden, warum er es unbedingt tun wollte. Dass er dieses Gefühl brauchte.
Sie verstanden nie, worauf Chiron hinaus wollte und was er zeigen wollte.
Er wollte zeigen, dass er unabhängig war, dass er für sich selbst einstehen konnte und für sich sorgen konnte.
Er brauchte keinen, der ihm den Weg ansagte. Er wählte seinen eigenen Weg.

Dieser Weg führte ihn öfters in die Dunkelheit, führte ihn in die falsche Richtung. Das aufkommende, qualmende Gefühl dieser Droge überkam Chirons Körper so oft. Er fühlte sich leicht wie eine Feder, als hätte er keine Sorgen mehr.
Das Gesicht seines besten Freundes erschien vor seinem inneren Auge, lächelte ihm entgegen während Namjoon ihm den Joint reichte. Die Erfahrung, die neue Erkenntnis zeigte Chiron wie unbeschwert doch das Leben sein konnte. Er war sorgenfrei, gedankenfrei und vor allem spürte er keine Schmerzen mehr.
Erneut zog er an der beliebtesten Droge der Menschheit, ließ ihre Wirkung in sich fließen während er den Beigeschmack mit einem bitteren Vodka nachspülte.

Doch das nächste, dass ihm in den Sinn kam war die Ecstasy Tablette, die er damals zu sich nahm. Verschwommen sah er noch die Party die er in vollkommenem Rausch betrat. Er erinnerte sich an die tanzenden, verschwitzen Menschen die sich im Takt der Musik aneinander schmiegten.
Sein Herz pochte laut, als er die helle Stimme seiner damaligen Liebe in seinem Gedächtnis hörte.
Denn so schnell und rettend wie Park Jimin gekommen war, so war er auch wieder gegangen.
All die Erinnerung, an den Kleineren mit den unglaublich vollen Lippen, war nicht mehr klar genug.
,,Ich denke, du bist etwas verloren gegangen.", hallte in Chirons Kopf noch nach. Hätte Jimin doch nur gewusst, was das Schicksal des mysteriösen tätowierten Jungens war, so hätte er ihn wohl nie vom Fall in den Pool gerettet.
Hätte Jimin doch nur gewusst, welch Chaos diese starke Anziehung zwischen den beiden mit sich brachte.

Hätte er doch nur gewusst. Dann hätte er nie so gehandelt.
Hätte er doch nur gewusst, wie Recht er mit seiner Aussage hatte.

,,Ich kann nicht mit dir zusammen sein, ich werde dich nie lieben können so wie ich es gerne möchte."
Jimins Stimme war gebrochen, heiser von all den Tränen die er vergoss. Und Chiron lief ein kalter Schauer über den Rücken. Seine Gelenke schmerzten bei der Erinnerung.
Er fragte sich, warum er nicht geliebt werden konnte, warum es ihm nie vergönnt war zu lieben. Wahrhaftig zu lieben, ohne etwas dafür aufgeben zu müssen oder leiden zu müssen.
Wie viele Schläge hatte der nun 20-Jährige für die Liebe einstecken müssen, dafür dass er homosexuell war, dafür dass er einen Jungen liebte. Dafür dass er sich traute, diesen mit seinem Leben zu verteidigen.

One More Light | BTS √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt