Der grummelnde Magen wollte nicht nachgeben, rumorte in Kias Körper.
Ihr Herz pochte so laut in dieser Stille.
Es waren einige Tage vergangen, seit Kia Seokjin aufgesucht hatte, seit er ihr diese Worte sagte.
Die Sonne schien hell am Himmel, der Wind war sanft auf der Haut zu spüren. Streichelte durch Gesicht und Haar.
Wie ein Schleier legte sich die frische Luft um die Körper der Jugendlichen und gab ihnen ein wohliges Gefühl von Freiheit.
Auch wenn sie hier standen, wo sie sonst nie standen.
Auf weichem, erdigen Boden. Er war gepflegt, dennoch könnte er Wasser gebrauchen. Er schien ihre Schuhe ein wenig einsinken zu lassen, doch Kia befreite sie schnell davon.
Die Bäume raschelten um die Wette, die Vögel zwitscherten ihr Lied als wären sie heute ganz besonders gut drauf. Als würden sie heute lauter singen als sonst.Es kam Kia so vor, als wäre dieser Tag eine Erleichterung. Eine Tat, die sie schon so lange hinter sich bringen wollte. Schon seit so vielen Monaten wollte sie hier stehen, ihre Füße über diese Erde bewegen.
Man möchte meinen, man solle sich an einem Friedhof immer unwohl fühlen.
Doch dieser hier war anders, er war hell und nicht so düster wie die meisten.
Die Gräber waren schlicht gehalten, dennoch hervorragend gepflegt indem einige Blumen daran angebracht waren. Ihre Wurzeln bereits in der weichen Erde wuchsen, in der Sonne ihre Blüte strahlte.Langsame Schritte brachten die zwei Freunde voran, durch die Reihen der Verstorbenen, die dort begraben waren. Und Kia sah sich jedes Grab an, las jeden Namen und fragte sich, warum einige Menschen so früh ihr Leben verloren.
,,Ich bin immer noch..", fing der junge Mann neben ihr an, blieb zwischen einigen Reihen stehen. Auch Kia drehte sich zu ihm um, fragte sich warum er so abrupt stehen blieb. ,,Ziemlich dankbar, dass deine Eltern das ermöglicht haben.", beendete Min Yoongi seinen Satz, Kia lächelte sofort in sich hinein.
Sie war selbst wahrhaftig dankbar, dass ihre Eltern sich dafür entschieden hatten. Die Reise war lang, kostspielig, doch es lohnte sich.,,Sie werden morgen auch hierher kommen.", murmelte die junge Koreanerin, sah dem Blonden in die dunklen Katzenaugen.
,,Du hast wohl einen Hebel betätigt.", lächelte er sanft, schritt an ihr vorbei und forderte sie somit wieder zum Gehen auf. ,,Ich denke, sie haben verstanden warum es mir so wichtig ist hierher zu kommen.", flüsterte sie, sprach ruhig um die Ruhe auf dem Friedhof nicht zu stören. Weit und breit waren keine Menschen zu sehen, die beiden waren vollkommen allein hier. ,,Ich bin froh, dass du dich entschieden hast mich mitzunehmen.", sagte er ruhig, versuchte ihr ein liebevolles Lächeln zu schenken.
Zwar war Yoongi mit einem mulmigen Gefühl hierher gekommen, war jedoch erleichtert den letzten Schritt doch noch zu gehen. Ohne die finanzielle Unterstützung von Kias Eltern, wäre es den beiden nicht möglich gewesen, die Reise hierher zu bezahlen. Beide besaßen kein Auto, benutzten daher Zug und Bus.
,,Auch Namjoon und Jin werden in den nächsten Tagen hierher kommen, ihn hier besuchen.", erzählte sie ihm. Der Ältere lächelte sanft bei den beiden Namen. Der Wind streichte über das Gras, ließ ein kurzes Pfeifen entstehen.,,Warum haben sie sich damals entschieden ihn hierher zu bringen?", fragte der Ältere, ließ Kia inne halten. ,,Weil es der frühere Wohnort meiner Eltern ist. Hier haben sie mehrere Jahre mit Chiron gelebt, bevor sie nach Seoul gezogen sind und ich geboren wurde."
Yoongi summte interessiert, schon bald hatten sie das Grab erreicht, das sie suchten.
Mit warmen Strahlen erhellte die Sonne den Platz um das Grab des Verstorbenen. Es war ein einfaches, schlichtes Grab. Sein Namen thronte unter dem kleinen Bild, in dem er sorgenlos lächelte. Das Lächeln, in das der Anwesende sich so sehr verliebt hatte.
Das Lächeln, das so selten zu sehen war.Doch sofort fiel Kia etwas auf, fragte sich ob dieser steinerne Rabe, ummantelt von Eisen schon immer auf dem Grab gesessen hatte.
Sie fragte sich, ob sie schon damals bei der kleinen Beerdigung den Raben wertgeschätzt hatte.
Sie erinnerte sich, dass ihre Eltern sich über diese Dekoration wunderten. Sich wunderten, da sie sich keinen eisernen Raben für Chirons Grabstein gewünscht hatten.
,,Der Rabe ist schön.", murmelte Yoongi, blickte auf das Bild seines Liebsten. Ein unangenehmes Ziehen breitete sich in seiner Brust aus, verschwand aber als Kia sprach. ,,Ich habe ihn nie so gesehen, wie ich ihn jetzt sehe."
,,Weil du die Geschichte damals nicht kanntest.", meinte Yoongi, betrachtete ihr Profil.
Der Rabe, der seinen Schnabel gegen den Himmel gerichtet hatte, schien stolz, unabhängig. Er war ein Einzelgänger, stets alleine unterwegs.Kia griff in ihre Tasche, die sie an der Schulter baumeln ließ und holte Chirons Notizbuch heraus.
,,Willst du das wirklich tun?", fragte Yoongi, nahm das Buch in seine Hände und fühlte die enorme Wärme, die sich in ihm ausbreitete. Kia nickte nur stumm, kniete sich vor den kleinen Blumen nieder, die vor dem Grab gepflanzt wurden. Dann sah sie nach oben zu dem Blonden, der beinahe etwas zögerte, es ihr dann aber schließlich doch in die Hand drückte. ,,Du hast recht, es ist bei ihm am besten aufgehoben."
Während Kia anfing etwas in der Erde zu buddeln, betrachtete Yoongi die Umgebung.
Er betrachtete den Ort, an dem Chirons Seele ruhte.
Bestimmt war er schon lange weit weg von hier gegangen, hatte sich einen Platz gesucht, den er mochte.
Kias Hände waren dreckig von der trockenen Erde und sie legte das Buch genau in die Mitte des Loches, das sie so eben gegraben hatte.
,,Das ist also das Ende.", murmelte Yoongi wehleidig, betrachtete noch einmal das Bild des lachenden Chirons.
,,Warte.", sagte er dann plötzlich, ließ das Mädchen innehalten und zu ihm hoch sehen. Die Kette mit dem Schlüssel, die er stets um den Hals trug, nahm der junge Koreaner ab. Kurz hielt er sie in seinen Händen, bis er sich etwas hin kniete und die Kette in das gegrabene Loch fallen ließ.
,,Aber..",,Ist schon gut.", unterbrach er sie ,,Ich brauche den Schlüssel nicht mehr."
Ein sanftes Lächeln bildete sich auf Kias Lippen. Sie wusste, wie sehr Yoongi an seinen Alternativen hing. Die Tatsache, dass er sich bereit fühlte diese abgeschlossen zu halten, machte sie sehr stolz. Beide bedeckten das Notizbuch und die Schlüssel-Kette mit Erde bis beides nicht mehr zu sehen war. Dann rappelten sie sich wieder auf die Beine, starrten auf den Raben.,,Unheilsbotschafter.", brummte Yoongi, verzog dabei keine Miene und starrte auf das kleine Meisterwerk.
Sofort schellte Kias Kopf in seine Richtung, beobachtete die weichen Züge des Älteren.
,,Ich frage mich, wer diesen Raben angebracht hat, wenn es nicht meine Eltern waren.", sagte sie, ihre Augenbrauen waren zusammen geschoben und ihr Gesichtsausdruck fragend. ,,Kia.", flüsterte eine leise, unsichere Stimme ehe sich die beiden zu ihr umdrehten.
Der junge Fotograf, dessen braunes Haar ihm wirr ins Gesicht hing, stand hinter ihnen, etwas außer Puste hielt er sich die Hand an den Bauch. ,,Jungkook.'', lächelte die Jüngste, zog ihn kurz in eine Umarmung. Auch Yoongi drückte den Jüngeren sanft an sich, strich ihm freundschaftlich über den Rücken.
Beide waren froh ihren Kumpel zu sehen, beide waren froh dass er doch noch gekommen war.
,,Mein Vater hat mich hergebracht, tut mir leid dass wir euch nicht mitnehmen konnten." ,,Ach.", winkte Kia ab ,,Meine Eltern hatten den Zug schon gebucht, als du uns sagtest du würdest auch kommen."
Jungkook nickte unsicher, biss sich etwas angestrengt auf die Unterlippe.
Dann drehten sich Kia und Yoongi wieder zum Grab um, gaben dem Fotograf etwas Platz um neben ihnen zu stehen.
,,Das Grab sieht anders aus, als die Anderen.", sagte er, warf einen erneuten schnellen Blick über die zahlreichen Grabsteine.
,,Der Rabe.", flüsterte er dann staunend, starrte Kia an. ,,Habt ihr den dort angebracht?"Sofort schüttelten die beiden ihren Kopf, gaben ein synchrones Seufzen von sich. Nur zu gern wüssten sie, wer dahinter steckte.
,,Wer kannte Chiron so gut und hatte so viel Geld um das einfach an seinem Grab anbringen zu lassen?", fragte Jungkook etwas unbehaglich, er rieb seine Hände etwas nervös aneinander.
,,Ich.", ertönte plötzlich eine Stimme, eine die unglaublich sanft und dennoch stark klang.
Augenblicklich drehten sich die drei zu der unbekannten Stimme um, der Schock stand ihnen ins Gesicht geschrieben.
Der größere Junge versteckte seine Hände in seinem Mantel. Sein Haar strahlte in der Sonne in einem rostrot, verpasste ihm eine gewisse Verspieltheit.
Kurz zuckten seine Mundwinkel in die Höhe, ehe er seinen Blick auf Kia lag.______________________________________
ihr könnt ja mal raten :b
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One More Light | BTS √
Teen FictionEs ist nie nur eine Perspektive bestimmter Umstände und je nach Person, Gemütszustand, können die Ansichten abweichen. Was Kia bleibt, sind die Ansichten ihres Bruders Chiron in einem Notizbuch, jenes sie leider erst findet, als sie ihn gar nicht m...