Eine böse Vorahnung

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"Was willst du hier?" "Du hast mich auch schonmal netter begrüßt", entgegnete Elias und ich seufzte. "Möchtest du hier Witze reißen oder mir endlich sagen, was du hier machst?" Jetzt wurde seine Miene besorgt. "Bist du schon wieder im Stress?" "Fünf hungrige Mäuler wollen mit Essen versorgt werden, was glaubst du denn?" "Oh, das tut mir Leid. Aber denk dran, dir auch mal eine Pause zu gönnen zwischendurch. Nicht, dass wir dich bald wieder im Krankenhaus besuchen müssen." "Du hast mir immer noch nicht gesagt, was du hier willst", erinnerte ich ihn und er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Ich will dich nicht noch mehr stressen, aber wir waren eigentlich verabredet." "Das glaub ich kaum." "Doch, es geht um unsere Präsentation für Reli." Entsetzt weiteten sich meine Augen, denn mir wurde klar, dass er Recht hatte. "Oh Mist, ähm, sorry für meine Patzigkeit eben." Angestrengt dachte ich nach, noch immer völlig irritiert und kopflos. "Willst du vielleicht mit uns essen? Dann könnten wir direkt danach damit anfangen." Elias seufzte und schaute mich durchdringend an. "Ich weiß, dass du mich eigentlich nicht beim Essen dabei haben möchtest. Also mach dir keinen Kopf, wir verschieben das Treffen einfach. Es ist ja noch genug Zeit bis wir die Präsentation halten müssen." Ich schluckte und wusste nicht, wie ich Elias ansehen sollte. Es war unglaublich, wie schnell er mich jedes Mal durchschaute. "Ich sollte jetzt als gute Gastgeberin darauf bestehen, dass du zum Essen bleibst, aber du hast Recht. Es tut mir wirklich Leid." "Kein Ding. Wir sehen uns morgen in der Schule und dann können wir ja nochmal über einen neuen Termin sprechen." "Alles klar, danke. Dann, äh, bis morgen." Jetzt lächelte der Dunkelhaarige sanft und nickte. "Bis morgen, Sonnenschein." Er drehte sich um und ging, während ich unbewusst zu lächeln begann, weil er mich bei meinem Kosenamen genannt hatte.

"Kannst du dich bitte einen Schritt von mir entfernt hinstellen?", bat ich Lara, die mich fragend ansah. Ich nickte in Richtung ihres Brötchens. "Beim Geruch von deiner Leberwurst wird mir schlecht, sorry." "Ach so, na dann. Schau mal, da kommt Elias." Ich folgte ihrem Blick und entdeckte den Dunkelhaarigen, der sich durch die Schülermassen hindurch in unsere Richtung schob. Als er uns erreichte, präsentierte er uns sein schelmisches Grinsen, mit dem er sich für unwiderstehlich hielt. "Guten Morgen Mädels." "Morgen. Seit wann bis du nach den ersten zwei Stunden so gut drauf?", erkundigte Lara sich schmunzelnd, denn normalerweise war Elias morgens zu nichts zu gebrauchen. "Ich hab heute Morgen zwei Stück Torte gefrühstückt, die wir noch im Kühlschrank hatten." Allein beim Gedanken daran wurde mir schlecht und kurz hatte ich wirklich Angst, mich auf meine Schuhe zu übergeben, dann wurde es wieder besser. "Alles okay bei dir?", erkundigte meine beste Freundin sich besorgt und ich nickte leicht. "Wirklich? Du bist total blass", stellte Elias fest und in diesem Moment spürte ich, dass ich mich tatsächlich übergeben musste. Hektisch schob ich mich zwischen den beiden hindurch und rannte zur Toilette, wo ich mich gerade noch über eine Kloschüssel beugen konnte. Würgend und keuchend hockte ich über dem stinkenden Schulklo und wurde das bisschen Nahrung los, das ich in den letzten zwei Tagen zu mir genommen hatte. Hinter mir hörte ich das Öffnen der Tür und spürte, wie mir jemand über den Rücken strich, während der Wasserhahn zu laufen begann. Mühsam richtete ich moch wieder auf und drehte mich zu Lara um, dann nahm ich das angefeuchtete Papier an, das Elias mir entgegenhielt, um mir den Mund abzuwischen. Sobald das getan war, schaute ich Elias schief an. "Das ist das Mädchenklo." "Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, da hat das nicht gezählt. Gehts dir besser?" Obwohl es nicht stimmte, nickte ich und lief zum Waschbecken, um mir den Mund auszuspülen. Als ich nicht mehr den widerlichen Geschmack im Mund hatte, bemühte ich mich um ein Lächeln. "Ich hab wohl was falsches gegessen." "Sicher?", hakte Lara nach und ich nickte so überzeugt wie möglich. "Lasst uns jetzt wieder zum Unterricht gehen, sonst sind wir zu spät." Aber während ich meiner besten Freundin und Elias zur nächsten Stunde folgte, verlor ich mich in meinen Gedanken. Mir war schon seit über einer Woche jeden Morgen übel und dass ich mich übergeben musste, war kaum noch etwas besonderes für mich. Hatte ich mir einen Virus eingefangen oder war das der Stress? Bauchschmerzen bei Stress hatte ich öfter, aber das hier war irgendwie anders. Bauchschmerzen hatte ich kaum, aber stattdessen diese Übelkeit und eine ständige Müdigkeit. Was auch immer mit mir los war, es musste schnell wieder weg sein, damit ich mich auf das Wesentliche konzentrieren konnte.

"Hallo Frau Osterloh", begrüßte ich Papas Sekretärin lächelnd und sie erwiderte es. "Rebecca, wie schön dich mal wieder zu sehen. Du hast dich mit deinem Vater vertragen, nicht wahr?" Überrascht starrte ich sie an. "Woher wissen Sie-" "Gute Menschenkenntnis und ihr Vater ist ein offenes Buch. Es freut mich, dass Sie beide sich wieder gut verstehen." Ich nickte schwach. "Ja, mich auch. Wo ist er denn gerade?" Frau Osterloh blätterte konzentriert in ihrem Kalender. "Er hat gerade eine Gespräch wegen der anstehenden Trauung von Maike und Felix." "Ach stimmt, das hab ich ganz vergessen." Die Hochzeit würde am kommenden Wochenende stattfinden und die ganze Gemeinde war eingeladen. Papa hatte darauf bestanden, dass auch wir dort auftauchten, weil wir bis auf die Gottesdienste jegliche kirchliche Veranstaltung meideten. Irgendwie war es komisch, weil wir eben in unserer alten Gemeinde aufgewachsen waren und dort jeden gekannt hatten. Ich seufzte leise und rieb mir die Schläfen. "Alles in Ordnung?", erkundigte Frau Osterloh sich und ich hätte fast ironisch aufgelacht, weil ich diese Frage zuletzt so oft gehört hatte. Also nickte ich. "Alles okay. Ich hab nur im Moment ein bisschen mit Übelkeit und Müdigkeit zu kämpfen." "Aber schwanger bist du nicht, oder?", fragte Frau Osterloh grinsend, um mich aufzuheitern und ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. "Auf keinen Fall. Und kommen Sie bloß nicht auf die Idee, meinem Vater in diese Richtung eine Andeutung zu machen!" Jetzt mussten wir beide grinsen. "Also dann, richten Sie meinem Vater bitte aus, dass er heute Abend pünktlich um 18 Uhr zu Hause sein soll, weil ich sein Lieblingsessen koche." "Das mache ich gern. Auf Wiedersehen, Rebecca." "Auf Wiedersehen." Lächelnd verließ ich das Büro und die Kirche, doch sobald ich auf der Straße stand, blieb ich stehen und hatte das Gefühl, mir würde jeglicher Atem genommen werden. "Oh mein Gott, nein. Nein, nein, nein!" Panisch legte ich meine Hand auf meinen Bauch und drehte mich zur Kirche um. Ich konnte nicht schwanger sein, oder? Paul benutzte immer Kondome. Oh Gott, Kondome konnten reißen. Aber hätte ich das nicht gemerkt? Oder machte ich mich hier völlig umsonst verrückt? Es gab nur einen Weg, um das herauszufinden. Mit zitternden Fingern griff ich nach meinem Handy und googelte einen Frauenarzt in der Nähe. Als ich einen mit guten Rezensionen gefunden hatte, rief ich dort an und ließ mir direkt für übermorgen einen Termin geben. Während ich langsam nach Hause lief, wirbelte in meinem Inneren ein einziges Chaos. Es war eine Sache, dass Paul sich an mir verging, aber ich könnte nie im Leben sein Kind austragen. Oh verdammt, wie konnte das nur passieren?!

Hinter der MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt