Später, am Nachmittag, ging Mia nach draußen und pflückte einen kleinen Blumenstrauß. Sie kniete sich vor den Gedenkstein ihrer Eltern und legte die Blumen vor den beschriebenen, glatten Stein.
'Alice Collister 1977-2006' war als oberste Zeile eigemeißelt. Eine Zeile darunter stand 'Jason Collister 1974-2017'. 2017. Dieses Jahr war bereits zwei Jahre her. Und immernoch vermisste Mia ihre Eltern so sehr, als wäre ihr Tod erst gestern gewesen. Vor allem ihr Vater fehlte ihr sehr. 17 Jahre lang war er bei ihr. Und dann, ganz plötzlich, war er einfach weg.
Auf einmal stieg eine bekannte Panik in Mia hoch. Sie hatte Angst, alleine zu sein. Obwohl sie noch Natasha, Clint und die anderen Avengers hatte, fühlte sie sich hilflos.
Mia kauerte sich vor dem Stein zusammen. Sie wollte das alles einfach nicht wahrhaben. Sie war eine Waise. Ohne Eltern, die für sie sorgten und sie über alles liebten. Das Mädchen stand auf und wollte näher zum Stein gehen, um ihn berühren zu können und ihren Eltern etwas näher zu sein, da drehte sich plötzlich alles um sie herum. Bis zum Stein kam sie nicht mehr. Noch bevor das Mädchen ihn berühren konnte, sank sie mit kalten Schweißperlen auf der Stirn auf die Knie in das Gras. Sie war unfähig, vom Boden hochzuschauen, geschweige denn aufzustehen.
Mia sah den Blumenstrauß, der plötzlich aus doppelt so vielen Blumen bestand. Sie keuchte. Sie bekam keine Luft mehr. Ein durchgehender, heller Ton machte sich in ihrem Gehört breit. Ihre Sicht wurde immer unschärfer. Und schon nach wenigen Momenten schlug sie bewusstlos auf dem weichen Boden auf.
Nur wenige Minuten später kam Clint zum Faniliengedenkstein der Collisters.
Auch die anderen Avengers kamen ab und zu vorbei, um ihre alten Freunde zu besuchen. Mia, Natasha, Clint, Hugo und Steve waren die häufigsten Gäste.
Als der Bogenschütze Mia aus etwas Entfernung dort am Boden liegen sah, begann er zu laufen, um die Situation schneller analysieren zu können. Sie könnte ja auch nur schlafen. Aber da es erst Nachmittag war, hielt Clint das für ungewöhnlich bei Mia.
Etwa zwei Meter vor ihr kam er zum Stehen.
„Mia?" fragte er vorsichtig. Aber sie reagierte nicht.
„Hey, Kleine?" wiederholte er nun etwas lauter. Wieder keine Reaktion.
Der Dunkelhaarige kam näher auf das Mädchen zu und erkannte, dass Mia in einer sehr unangenehmen Stellung lag. So würde man niemals einschlafen können.
„Mia" rief er schon fast und rüttelte das Mädchen an der Schulter. Als sie sich immer noch nicht regte, nahm Clint sie hoch und trug sie zur nächsten Bank in den Schatten.
Gerade wollte er Bruce kontaktieren, dass er kommen und ein nasses Tuch mitbringen soll, da stöhnte das Mädchen leise.
„Mia?" fragte Clint hoffnungsvoll und beugte sich über sie. Ihre Augen flackerten und öffneten sich schließlich.
Der Bogenschütze grinste.
Mia sah sich verwirrt um.
„Was...?" begann sie, aber es schwirrten ihr zu viele Fragen im Kopf herum. Da kam ihr wieder die Erinnerung. Sie war vor dem Gedenkstein ihrer Eltern gewesen und wusste nicht mehr weiter.
Mia lief eine Träne über die Wange.
„Hey...Mia..." begann Clint besorgt und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Was ist denn?" fragte er.
Das Mädchen rappelte sich auf und wurde, sobald sie saß, in Clints Arme geschlossen. Er drückte sie für einen kurzen Moment, ließ sie dann aber auch schon los, damit sie ihm seine Frage beantworten konnte.
„Ich...ich vermisse sie so sehr" schniefte das Mädchen.
Der Bogenschütze legte ihr einen Arm um die Schultern. „Ich weiß" seufzte er und sah zu Boden. „Ich vermisse sie auch" gab er schließlich zu. „Früher waren deine Eltern, Natasha und ich das beste Quartett, was man sich je hätte vorstellen können. Sowohl im freundschaftlichen Sinne, als auch im beruflichen, im Kampf. Dein Vater hat uns immer in diese eine Vierergruppe eingeteilt. Mit wenigen Ausnahmen. Als Alice starb, änderte sich vieles. Wir drei waren in tiefer Trauer. Die ersten beiden Monate ist keiner von uns auf irgendeine Mission gegangen. Steve und Fury kümmerten sich solange um seine Aufgaben. Aber irgendwann musste dein Vater als Oberhaupt der Avengers wieder seine Pflichten erfüllen und seinen Aufgaben nachkommen. Er musste das Team anleiten. Ich riss mich ebenfalls zusammen und unterstützte ihn so gut es ging. Aber auch Natasha musste ich helfen. Sie brauchte am längsten, um wieder in den Alltag reinzufinden. Sie hatte sich viel um dich und deinen Bruder gekümmert, wobei Hugo sich schon recht schnell damit abgefunden hatte. Aber als dann dein Vater starb, kam mir alles nochmal hoch. Es ging nun darum, nicht nur seinen Tod zu verarbeiten, sondern nochmal den deiner Mutter. Dein Vater war mein bester Freund. Sie sind einfach zu früh gestorben. Ich habe schon viel Leid gesehen und erfahren. Aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass der Tod deiner Eltern, das Schlimmste davon war." Clint musse sich zusammenreißen, nicht ebenfalls zu weinen anzufangen.
Mia schniefte. „Ich kann mich nicht mehr an ihre Stimme erinnern" gab sie traurig, aber auch panisch zu. „Meine Mutter. Ich erinnere mich kaum noch an sie" fuhr sie fort.
Clint seufzte. „Ich fürchte das ist ganz normal, dass dir das so vorkommt. Vielleicht kannst du ihre Stimme nicht mehr in deinem Kopf abrufen, aber sobald du sie in einem Video oder einer anderen Aufnahme hörst, wirst du sie wiedererkennen. Und dann merkst du, dass du sie niemals vergessen wirst." tröstete sie Clint.
Mia legte ihren Kopf auf seine Schulter. Eine Weile saßen sie so da, bis Tony kam.
„Na ihr beiden Turteltäubchen" begrüßte er sie.
Clint verdrehte die Augen.
Als Tony sah, dass Mia geweint hatte, kam er einen Schritt näher.
„Hey, alles in Ordnung, Kleine?" fragte er vorsichtig.
„Es geht schon wieder" antwortete Mia ehrlich. „Was machst du?" fragte sie nach.
„Ich habe die Antriebsdüsen an einem meiner Anzüge repariert. Die waren auf der vorletzten Mission zu Schaden gekommen. Ich habe nochmal zusätzlich 50% Schubkraft hinzugefügt", erklärte der Milliardär und drückte auf einen Schalter seiner Uhr.
Mia nickte.
Von seinem Handgelenk aus, legte sich sein Anzug Stück für Stück um seinen Körper, bis er schließlich ganz von ihm umhüllt war. Nur sein Gesicht lag noch frei.
„Und jetzt probiere ich es aus." fügte er hinzu und sein Visir klappte runter.
Keine Sekunde später flog er mit über 160 km/h schreiend in die Luft.
Clint und Mia lachten.
„Die Reparatur scheint erfolgreich verlaufen zu sein" stellte Clint fest und lächelte Mia an.
An diese Geschwindigkeit musste sich Tony wohl erst noch gewöhnen. Auf dem Gras hatte er zwei braune Brandkreise hinterlassen.
Clint schüttelte nur den Kopf.
„Abgefahren!" rief Scott und rannte lachend und in den Himmel schauend zu der Stelle, wo Tony gestartet ist. „Sowas will ich auch!" strahlte er Mia und Clint an.
„Träum weiter, Kleiner" sagte Clint, tätschelte ihm auf die Schulter und ging wieder Richtung Basis.
Scott verging augenblicklich das Lächeln.
„Dann will ich wenigstens Flügel für meinen Anzug" sagte er trotzig wie ein kleines Kind.
Mia grinste. Scott war immer wieder aufs Neue unterhaltsam.
„Ich hab gerade PlayStation gespielt. Willst du ne Runde mitspielen?" fragte er Mia und kniff die Augen wegen der hellen Sonne zusammen.
„Gerne!" antwortete Mia und sprang von der Bank auf.
Aus einer Runde PlayStation spielen, wurden schließlich über zehn, da irgendwann noch Peter dazu gekommen war und nicht widerstehen konnte, die beiden Gamer-Profis herauszufordern. Aber schließlich waren sie nach einem langen Spieleabend doch noch erschöpft ins Bett gegangen.
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Avenge our family (Abgeschlossen)
FanfictionMia Collister ist bei den Avengers aufgewachsen und hat mit der Zeit schwere Verluste zu durchleben. Zum Glück stehen ihr Natasha und die anderen Avengers dabei zur Seite und helfen Mia, sich bei dem Verantwortlichen zu rächen.