Eine lange Nacht

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Benommen wachte Mia auf. Ihr Hinterkopf tat höllisch weh, als hätte er einen harten Schlag abbekommen.
Trotzdem rappelte sie sich mühevoll auf und sah sich um. Aber es war zu dunkel, um auf den ersten Blick etwas erkennen zu können. Ihre Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen.
Angestrengt versuchte sie sich zu erinnern, was passiert war, wie sie hier her gekommen ist. Und langsam kamen ihr die Bilder wieder in den Kopf. Sie war auf dem Hulk gesessen und hatte einen der Attentäter gejagt, als ein anderer schwarz gekleideter sie mit einer mächtigen Waffe abgeschossen hatte und sie meterweit durch die Luft geflogen ist.
Aber wo war der Hulk jetzt? Und wieso war es dunkel? Wieviel Uhr war es überhaupt? Wo war Natasha? Ging es ihr gut? Tausend Gedanken schossen ihr auf einmal durch den Kopf.
Mia tastete sich ans Ohr. Sie hatte ihren Kopfhörer verloren. Wahrscheinlich hat er sich durch die Druckwelle von ihrem Ohr gelöst. Aber wie sollte sie die anderen Avengers jetzt erreichen?
Wo der Quinjet stand, wusste sie nicht. In dieser Dunkelheit erst recht nicht. Mia fühlte sich hilflos. Und vor allem einsam. So alleine hatte sie sich seit dem Tod ihres Vater nicht mehr gefühlt. Sonst konnte sie immer zu Natasha oder Clint gehen. Aber jetzt war sie vollkommen alleine, von allen verlassen.
Das Mädchen beschloss, die instabilen Hütten abzusuchen, wo sich Natashas Team aufgehalten hatte. Sie mussten doch dort sein. Irgendjemanden würde sie schon finden.

Es waren bestimmt schon zwei Stunden vergangen, als Mia eine Pause einlegte und sich hilflos auf einen Stein setzte. Sie hätte die ganze Nacht mit Suchen verbringen können, so viele Häuser gab es. Aber Mia konnte auch nicht nach ihren Freunden rufen, sonst würden sie vielleicht die 'Exitale decem' zuerst finden. Und Mia fühlte sich ganz und gar nicht in dem Zustand, kämpfen zu können.
Als sich das Mädchen erschöpft umsah, erkannte sie, wo sie war. Drei Häuser weiter war das Haus, wo sie Esther versteckt hatte. Zielstrebig stand sie auf und betrat vorsichtig die Hütte.
„Esther?" flüsterte sie leise und erkannte, wie sich kurz darauf etwas in der Ecke bewegte.
„Mia?" kam eine Stimme aus der Dunkelheit. Das Mädchen ging auf die Ecke zu und hockte sich vor die Frau.
„Hallo Esther". Die Angesprochene umarmte die Blondine erleichtert. Kurz darauf fing sie an zu weinen.
„Hey, was ist los?" flüsterte Mia besorgt.
„Ich...meine Familie...sie haben sie auch mitgenommen" antwortete Esther verzweifelt. Mia weitete die Augen vor Schreck.
„O nein...." seufzte sie und lies den Kopf hängen.
Esthers Körper schüttelte sich vor schluchzen.
„Hey...", sagte Mia sanft. „Ich werde sie suchen, ok?"
Esther nickte nur, da sie vor lauter Schluchzen nicht mehr sprechen konnte.
„Ich bringe sie zu dir zurück" versprach das Mädchen und verließ die Hütte wieder.
Nun suchte sie so viele Personen, irgendjemanden musste sie doch jetzt mal finden können!
Von der Versagensangst angetrieben lief sie los. Diesmal rannte sie in Richtung der bunten Häuser am Berghang. Dort war sie noch gar nicht gewesen. Wenn sie dort niemanden finden würde, wusste sie auch nicht mehr weiter.

Zur selben Zeit suchten Tony, Vision, Sam und Rhodey die Stelle ab, wo Mia das letzte Mal gesehen wurde, aber vergebens.
„Wo ist sie wo ist sie wo ist sie" nuschelte Tony, während er die 'Unfallstelle" umkreiste.
„Tony, kommt zurück. Es ist schon dunkel, wir suchen sie morgen weiter" ertönte Steve's Stimme in seinem Ohr.
„Nein, ich habe sie noch nicht gefunden" widersprach der Milliardär.
„Tony, komm zurück. Das ist ein Befehl!" sagte Steve mit fester Stimme.
Rhodey flog neben Tony. „Komm schon man. Lasst uns zurück fliegen. Mia ist schlau. Sie wird sich irgendwo versteckt haben" sagte sein Freund zu dem Milliardär. Doch dieser ignorierte ihn.
„Sie muss hier irgendwo sein" kam es nur von Tony.
„Tony komm jetzt sofort zurück!" schimpfte Steve.
„Weißt du was, Cap. Küss doch meinen schönen Hintern!"
Am anderen Ende der Leitung wurde es ruhig.
„Vision, bring Stark zurück zum Quinjet" befahl der Blondhaarige nun seinem Teamkollegen.
Dieser gehorchte, umklammerte Tony von hinten, sodass er sich nicht wehren konnte, und brachte ihn zurück zum Quinjet. Sam und Rhodey kamen nur kurz später auch dort an.
„Was sollte das?!" beschwerte sich Tony wütend, als ihm Steve mit verschrecken Armen entgegentrat.
„Du hast meinen Befehl missachtet!" entgegnete dieser.
„Ja, weil ich sie im Gegensatz zu dir noch nciht aufgegeben habe!" bellte Tony und machte einen angriffslustigen Schritt auf Steve zu. „Ich habe Mia nicht aufgegeben, Tony! Aber es ist Wahnsinn an diesem Ort in dieser Dunkelheit nach ihr zu suchen, wenn es hier nur so von Feinden wimmelt!" verteidigte sich der Blonde, mit lauter werdendem Ton. „Wo siehst du hier Feinde, Cap?! Wo?! HIER IST KEINER!" keifte Tony wutgeladen. Auch Steve war nun mit seinder Gedult am Ende und so stritten sich noch eine Zeit lang so weiter, bis Tony schließlich den Quinjet wieder verließ, um sich abzuregen.

Nachdem Mia bereits eine Stunde die unteren Reihen der bunten Häuser durchsucht hatte, hörte sie einen lauten Schrei. Endlich ein Lebenszeichen! Auch wenn dieser Schrei nichts gutes bedeuten konnte. Allerdings konnte Mia ihn vorerst niemandem von den Avengers zuordnen.
Das Mädchen lief nun voller Adrenalin zu dem Haus, aus dem der Schrei gekommen war.
„Hilfe!" kam es noch einmal aus derselben Richtung.
Mia versteckte sich unter dem Fenster, um vorerst unentdeckt zu bleiben.
Vorsichtig lukte sie aus ihrem Schutz hervor, um die Situation beurteilen zu können. Aber sie konnte nur zwei dunkle Gestalten erkennen, die mit dem Rücken zu ihr standen.
Wieder zwei Attentäter, dachte sie sich. Auch wenn ihr überhaupt nicht zum Kämpfen zumute war, entschied sie sich, die beiden Bösewichte aus dem Hinterhalt zu überwältigen und ihr Opfer zu befreien. Vielleicht waren es ja sogar mehrere Opfer. Oder sogar Esthers Familie.
Entschlossen hielt Mia ihren Doch, Sanguis, fest umklammert und sprang durch das Fenster. Dem linken Gegner stach sie mit ihrem Dolch in die Schulter, um sich kurz darauf umzudrehen und dem rechten eine Bratpfanne gegen den Kopf zu schmettern, sodass dieser Bewusstlos zu Boden sank. Auch der linke Attentäter erhielt einen kräftigen Schlag in die Schläfe und fiel reglos um.
Das ist ja mal gut gelaufen, stellte Mia in Gedanken fest.
Neugierig drehte sie sich um. Hinter ihr saßen ein Mann und ein kleines Mädchen. Das Mädchen schrie und auch der Mann wimmerte vor sich hin.
Mia befreite beide von ihren Fesseln am Stuhl.
„Ich bin Mia", stellte sie sich vor. „Gehört ihr zu Esther?"
Der Mann machte große Augen und nickte. „Sie ist meine Frau! Wo ist sie? Ist sie noch am Leben?" fragte er.
„Ja" antwortete Mia. „Ich bringe euch zu ihr" Der Mann hob das Kind hoch und folgte Mia.
Sie liefen fast eine Stunde, bis sie an der Hütte ankamen, wo sich Esther versteckt hielt.
Vorsichtig betrat Mia das einfach gebaute Gebäude.
Esther kam ihr schon hoffnungsvoll entgegen. Und als sie ihren Mann und ihre Tochter hinter Mia erblickte, stürmte sie mit tränenüberfluteten Wangen auf die beiden zu und umarmte sie.
Als sie sich bestimmt fünf Minuten lang begrüßt hatten, wandte sich Esther an Mia.
„Ich danke dir! Du hast nicht nur mir das Leben gerettet, sondern auch meinem Mann und meiner kleinen Tochter!" Mia winkte bescheiden ab. „Das habe ich doch gerne gemacht. Das ist mein Job" sagt sie.
Esther umarmte Mia noch einmal, bis die Blondine sich schließlich verabschiedete.
Mia ging wieder zu den bunten Häusern am Berg, um dort weiter nach Natasha und den Avengers zu suchen.

Irgendwann setzte sie sich verzweifelt auf eine Balkonmauer eines blauen Hauses. Sie hatte jetzt schon einige Stunden nach den Avengers gesucht, ohne auch nur eine Spur von ihnen zu finden. Sie wusste einfach nicht mehr weiter. Sie fühlte sich hilflos und verloren. Verzweifelt stütze sie die Ellenbogen auf ihren Oberschenkeln ab und schlug ihre Hände über den Kopf.
Heiße Tränen der Verzweiflung und Hilflosigkeit rannen ihr über die Wangen und tropften auf den Boden. Leise schluchzte sie vor sich hin. Sie konnte ihre Verzweiflung nicht länger zurückhalten. Auch ihre Panik hatte nun überhand genommen. Was sollte sie den nur tun? Sie war komplett hinlflos.
Nach einigen Minuten ging Mia mit einem verweintem Gesicht und noch feuchten Augen zurück in das blaue Haus und setzte sich, an die Wand gelehnt, auf den Boden. Schließlich schlief sie erschöpft ein.

Avenge our family (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt