Ein nächtlicher Spaziergang

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Die nächsten Tage wurden sehr langweilig für Mia: Bruce verschrieb ihr absolute Bettruhe. Der Rollstuhl hätte es auch getan, aber da sie diese Chance bereits in den Sand gesetzt hatte, blieb ihr nur noch die Möglichkeit, ganz im Bett zu bleiben, bis sie wieder bei Kräften war und keine Schwindelanfälle mehr hatte.
Es dauerte zwar seine Zeit, bis Mia nicht mehr stöhnend vor Schwindel, den Arm über den Augen, auf dem Rücken im Bett lag, aber schließlich hatte sie diese Zeit überstanden.
Nach weiteren drei Tagen im Bett hielt sie es vor Langeweile nicht mehr aus. Zwar kamen ab und zu Clint, Natasha oder jemand von den anderen zu besuch rein, um mit ihr ein Brettspiel zu spielen oder sie zu unterhalten, aber dennoch verbrachte sie auch viel Zeit alleine wenn die anderen trainierten oder auf Mission waren. Mia konnte schon gar nicht mehr liegen, so lange hatte sie jetzt schon Zeit im Bett verbracht.
Vorsichtig setzte sie sich in ihrem Bett auf und setzte langsam einen Fuß auf den Boden. Ein starkes Schwindelgefühl überkam sie, aber sie kämpfte dagegen an und gab nicht nach.
Schließlich wurde es besser und Mia stellte fest, wie dunkel es in dem Krankenzimmer war. Es musste anscheinend mitten in der Nacht sein.
Sie setzte ihren zweiten Fuß auf dem Boden ab. Wie viel Anstrengung es doch auf einmal kostete aufzustehen.
Auch wenn Mia das alles ganz langsam angehen ließ, begleitete sie trotzdem schon wieder ein Gefühl von aufkommendem Schwindel. Wahrscheinlich war es nur der Kreislauf, der erstmal wieder in Schwung kommen musste. Vorsichtig verließ das Mädchen das Krankenzimmer und ging den dunklen Gang entlang bis zum Speisesaal.
Er war verlassen und es war totenstill- natürlich.
Welch ungewöhnlicher Anblick es doch war, diesen sonst so belebten Raum so vollkommen leer vorzufinden.
Nur selten hatte Mia diesen Raum so verlassen gesehen. Meistens war es Nachts gewesen, als sie nach dem Tod ihres Vaters nicht schlafen konnte.
Irgendwie erinnerte sie dieser Raum, jetzt wo er so dunkel und verlassen war, wieder an den Tod ihrer Eltern und es machte sie traurig. In letzter Zeit hatte sie es gut geschafft, das alles zu verdrängen. Aber jetzt, wo sie so viel Zeit und nichts zu tun hatte war es schwer, nicht über diese dunkle Vergangenheit nachzudenken. Sie müsste sich schnell etwas einfallen lassen, womit sie sich ablenken konnte.
Sie ließ ihren Blick zur Uhr schweifen. 2:11 Uhr. Na toll! Was sollte sie jetzt die ganze Nacht lang noch machen?
Morgen würde sie Natasha mal fragen, ob sie zusammen einen Spaziergang im Wald machen können. Mia liebte es im Wald zu sein, ebenso wie Zeit mit Natasha zu verbringen. Aber wenn es morgen nicht funktionieren würde, könnte sie ja einfach Peter oder den anderen ein bisschen beim Trainieren zusehen.
Langsam ging Mia ein Stockwerk höher, wo sich auch ihr Zimmer befand.
Es war schwer, das Gleichgewicht zu halten, wenn zu dem Schwindel auch noch Dunkelheit dazukam.
Aber schließlich erreichte Mia ihr Zimmer und setzte sich auf ihr Bett. Sie fühlte sich zwar erschöpft, weil sie quasi seit einer guten Woche nicht mehr aufgestanden war- wenn man den Vorfall mit dem Rollstuhl nicht berücksichtigt- aber zum Schlafen war ihr trotzdem nicht zumute. Schlaf hatte sie in den letzten Tagen zwangsläufig mehr als genug gehabt. Mia setzte sich aufs Fensterbrett und schaute aus dem Fenster hinaus.
Es war dunkel, zumindest in der Nähe der Avenger Basis. Es war ja auch viel Wald in diesem Gebiet. Aber in der Ferne erkannte Mia viele kleine Lichter von Häusern und Ampeln. Und auch die Sterne im Himmel waren zu sehen.
Ein beruhigender Anblick, wie Mia fand. Alles war so ruhig und schien so sorgenfrei. Bei Nacht sah einfach alles anders aus.
Das Mädchen stand wieder auf und nahm sich ihre Kopfhörer. Damit konnte sie sich wenigstens selbst etwas unterhalten.
Sie ging aus ihrem Zimmer und blieb in dem großen Raum vor dem Trainigsraum stehen. Sie ging zu der Glaswand betrachte nochmal die vielen kleinen Lichter in der Ferne.
Schließlich lehnte sie sich an die Wand. Der Schwindel hatte nun doch etwas zugenommen.
Langsam ließ sich Mia an ihr herunterrutschen bis sie auf dem Boden saß. So konnte sie wenigstens nicht wieder umkippen.
Die Musik aus ihren Kopfhörern beruhigte sie etwas.
Die Stunden vergingen, ohne das Mia müde wurde. Der Schwindel nahm auch langsam ab.
Sie konnte beobachten, wie sich die ersten Sonnenstrahlen einen Weg durch das riesige Fenster bahnten und an die hintere Wand fielen. Es war schon ein atemberaubender Anblick, die Sonne über dem Wald aufgehen zu sehen.
Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Mia zuckte zusammen und drehte ihren Kopf.
Vor ihr hockte Steve, der mit ihr zu sprechen schien, denn seine Lippen bewegten sich.
Schnell nahm Mia ihre Kopfhörer aus den Ohren und sah den Blonden fragend an.
„Ist alles okay bei dir?" fragte er erneut.
Das Mädchen nickte. „Ja, mir gehts gut. Ich...mir ist nur langweilig" gab sie zu.
„Bist du dir sicher? Wir dachten schon, du wärst wieder depressiv oder sowas" kam es von Sam, der hinter Steve stand. Steve sah seinen Freund vorwurfsvoll an.
„Was denn?" fragte Sam unschuldig.
Nach Jasons Tod hatte Mia nur noch mit Kopfhörern in der Ecke herumgesessen und auf keine Ansprache mehr reagiert. Aber irgendwann nahm sie wieder aktiv an den Unterhaltungen der Avengers teil und verkroch sich nicht mehr. Seitdem hatte Sam sie nicht mehr mit Kopfhörern an der Wand lehnend gesehen.
„Wie geht es deiner Wunde?" fragte Steve und sah auf Mias Bauch.
„Es geht schon" log Mia.
Die Wunde war tat noch immer fast unerträglich weh, wenn sie ihren Bauch bewegte, aber sie wollte nicht so ein Weichei sein und die ganze Zeit deswegen rumquängeln.
„Das ist schön zu hören" sagte Steve. „Wir gehen jetzt 'ne Runde laufen, bzw. Sam geht ne Runde laufen, wie viel mehr ich heute in der Zeit schaffe werden wir noch sehen, und wenn er fertig ist kommen wir wieder zurück und dann können wir zusammen etwas frühstücken", schlug er vor.
„Gute Idee!" antwortete Mia.
Sam räusperte sich. „Also so langsam bin ich nun auch wieder nicht!" protestierte er.
Mia und Steve lachten.
„Also ein bisschen irgendwie schon" neckte nun auch Mia ihn, da sie fast so schnell war wie er.
Sam schüttelte genervt den Kopf. „Also dir scheint es ja schon wieder ganz gut zu gehen" verteidigte er sich und legte dabei die Betonung auf das 'ganz'. „Erhol dich mal schön schnell wieder, damit ich dich beim bei nächsten Kampf platt machen kann wie 'ne Flunder" kam es von Sam während er herusfordernd grinste.
„Ich zuerst! Aber hoffentlich kommt davor noch ein Wettkampf im Sprint mit dir gegen Steve", konterte das Mädchen und grinste ebenfalls.
Jetzt war sie gespannt, wie Sam das versuchen würde zu überbieten. Doch er schnaubte nur.
„Weißt du was, wir sehen uns beim Frühstück" verabschiedete sich Sam beleidigt.
„Okay, bis dann!" rief Mia ihm triumphierend hinterher.
„Bis gleich, Mia" sagte Steve lachend und folgte Sam.

Avenge our family (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt