not amused

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,,Och nö...", flüsterte Isami mit müdem Blicke missmutig vor sich hin. Sie saß hoch oben im Krähennest, hatte mal wieder die Nachtwache übernommen. Das tat sie oft. Es war in den letzten Wochen sozusagen zu einer Aufgabe für sie gewesen, die sie hier auf der Desired Destiny ständig ausführte.
Die Eleonora Piraten waren ihr dafür mehr als nur dankbar, denn die meisten von ihnen hassten es, die Nachtwache zu übernehmen, wollten lieber in ihren warmen, komfortablen Betten ihrem Schlaf nachgehen.
So meldete Isami sich freiwillig dafür. Sie mochte das glitzernde Meer bei Tag, wenn die Strahlen hell darauf fielen, doch auch genoss sie den Anblick des ruhigen Wassers bei Nacht, wenn es die funkelnden Sterne reflektierend leichte Wellen schlug. Es hatte dann etwas Besonderes an sich, eine Atmosphäre, welche sonderbar schien, eine Stille, welche beruhigend war. Die verlockende Einsamkeit des kleinen Krähennestes, welches nur Platz für eine Person bot, trug dabei ebenfalls zu diesem gewissem Bilde bei.

Demnach war es noch viel ernüchternder, dass es gerade in dieser klaren, schönen Nacht so kommen musste, wie es eben gerade kam. Sie erblickte am Horizont ein Schiff der Marine. Das war prinzipiell erstmal zwar nichts Besonderes, denn sie trafen in letzter Zeit recht oft auf Schiffe jener Instanz, doch trug der Anblick dieser immer wieder einen negativen Beigeschmack mit sich.
Denn so hatte sie ständig ihren leiblichen, großen Bruder im Kopf, der offensichtlich nach ihr suchte. Denn der Vorfall auf der Insel, bei dem dieser eine Soldat sie am Fuß packte und ihr röchelnd und keuchend von Tomys Vorhaben erzählte, war nicht der einzige Moment gewesen, in dem so etwas passierte. Einmal hatten sie gegen die Marine gekämpft, da hatte sie mitbekommen, wie sie ihm über eine Teleschnecke über den Standpunkt Isamis Bescheid geben wollten.
Auch die Elenora-Piraten hatten bereits gemerkt, dass sie in den letzten Tagen und Wochen immer häufiger auf die Marine trafen, doch beachteten sie diese Tatsache nicht weiter.

Etwas zögernd griff Isami nach dem Fernrohr, welches, seitdem sie bei dieser Crew ist, schon immer hier lag. Das Schiff war noch in reichlicher Entfernung, sodass sie Zeit hatte, bis es ernst wurde und sie die anderen wecken müsste. Demzufolge musterte sie wie sonst auch immer jenes gegnerische Schiff. Es zog eine Spur von seichten Wellen hinter sich her.
Das Okular vorm Auge haltend besah sie sich den allzu bekannten Aufbau, ließ ihren Blick vom Bug zum Heck schweifen und konnte in der Dunkelheit mehrere Gestalten ausmachen. Wie es aussah, waren es einige Dutzend kampfbereite Soldaten, während vorn an der Reling zwei weitere Personen standen.
Doch je näher sie kamen, desto unwohler wurde Isami und sie wusste, dass sie am heutigen Tage nicht Lika, Mienora, Elethas, Olliver, Ryu und Zac und natürlich auch alle anderen wecken würde.
Sie würde sie schlafen lassen, um sie alle zu schützen.

Nun waren sie nur noch einige Meter entfernt, sodass Isami wieder zurück auf Deck kletterte und schnell ihre Tasche mit ihren wichtigen Dinge aus Likas Kajüte holte. Als sie auf das schlafende Mädchen dort blickte, überkam sie eine Welle der Trauer, da dieses ihr in der kurzen Zeit hier wahrlich ans Herz gewachsen ist. Trotzdem beeilte sie sich hurtig zurück zukommen und dies keine Sekunde zu spät. Kaum war sie draußen auf Deck angelangt, hatte die Marine sie erreicht und ein allzu bekanntes Gesicht erschien ihr. Die Stille schien erdrückend, das Rauschen des Meeres unangenehm.
,,Ich möchte ehrlich sein, Tomy. Ich hatte gehofft, dich nicht so schnell wiederzusehen.", meinte Isami mit leiser, gar flüsternder Stimme und melancholischem Blick. Neben Leutnant Tomy sah sie noch eine weitere Person, die ihr seltsamerweise bekannt vor kam. Sie wusste nur noch nicht ganz, wer er nochmal war, woher sie sein Gesicht kannte. Doch er stand eh nur regungslos neben Tomy, warf Isami seltsamer Weise ein paar mal einen mitleidigen Blick zu, wartete dem Anschein nach auf dessen Anweisungen und wirkte eher so wie ein beiläufiges Anhängsel.

,,Ach Schwesterchen, nun sei nicht so missgelaunt. Freu dich doch, dass wenigsten ich im Leben etwas
erreicht habe, im Gegensatz zu dir."
Sein Sarkasmus legte sich erdrosselnd um Isami und sorgte für Anspannung.
Er lachte für einen Augenblick, doch sprach sogleich weiter:,,Nagut, ganz so stimmt das ja auch nicht. Du scheinst immerhin schlau genug gewesen zu sein, dich heute kampflos zu ergeben und freiwillig mitzukommen. Außerdem bist du in dem letzten Jahrzehnt bestimmt stärker geworden."
Isamis Augen verengten sich leicht und bedrohlich sah sie ihn an. Seine Augenfarbe glich eher einem rötlichen Braunton, während seine Haarfarbe identisch zu der ihren war.
,,Als freiwillig würde ich das nie bezeichnen! Doch du hast recht: Ich bin schlau genug, um meine Freunde nicht in unnötige Gefahr zu bringen. Denn auch du bist sicherlich mittlerweile stärker geworden."
Immernoch flüsterte sie, wobei so manches Wort eher einem verärgerten Zischen glich.

Wiederwillig ging Isami somit auf ihr Schiff, doch nicht, ohne noch einen kleinen Zettel für die Elenora-Piraten zu hinterlassen. Sie hatte diesen schon vorher vorbereitet, wohlwissend, dass diese Situation der heutigen Nacht eines Tages so kommen würde. Doch auch wenn sie ohne Weiteres mit ihrem Bruder mitging, so hieß das nicht, dass sie auch vorhatte, bei ihm, beziehungsweise bei der Marine, zu bleiben.
Natürlich würde sie einen Fluchtweg finden!
Denn Fran Isami brachte man nicht um ihre Freiheit! Das durfte ausnahmslos niemand, auch nicht ihr ignoranter, großer Bruder, den sie nur ertragen musste, weil Sie blutsverwandt waren...

Zudem wusste sie, das neben ihr gerade nicht der zehnjährige, verspielte und selbstbewusste Junge stand, den ihr sechs Jahre altes Ich damals noch eher als ihren Bruder bezeichnet hätte, als es heute der Fall war. Nun trifft vermutlich nur noch letztere Eigenschaft auf ihn zu.
Wer weiß, wie viel von seinem damaligen Charakter noch übrig war und wie viel, ihm bei der Marine abtrainiert und genommen wurde.

Die drei kamen auf dem Schiff an, gingen an zahlreichen Soldaten vorbei, was dazu führte, dass Isami nicht nur einen abwertenden Blick ihr gegenüber ertragen musste.
Sogleich wurde sie in eine Kajüte gebracht, die eher schlecht als recht eingerichtet war. Bei einem kleinem Bett in einer dunklen Ecke hatte bereits reichlich Staub auf dem alten Bettlaken angesammelt, sodass es zusammen mit dem daneben stehenden Nachttischchen und dem
zerschunden Hocker einen wirklich ungemütlichen, elendigen Eindruck vermittelte.
Doch alles war Isami lieber, als bei den verblendeten Soldaten zu schlafen, die der Meinung sind, sie wären die Superhelden, die die Welt beschützen, während die Piraten und die Revolutionäre demnach die Antagonisten darstellten.
,,Vorher haben wir dieses Zimmer hier als Abstellraum verwendet, sei froh, dass du das Bett wenigstens nicht ständig mit Besen, Wischmop und Kehrschaufel teilen musst", meinte Tomy belustigt, ehe er seine Aufmerksamkeit auf seinen Untergebenen neben sich richtete:,,Sorge doch bitte dafür, dass wir schnellstens weitersegeln, Cinner".
Kurzzeitig war Isami mehr als verwirrt, da sie eigentlich immer dachte, dass die Vorgesetzten bei der Marine niemanden um etwas bitten würden, sondern einfach nur harte, strikte Befehle erteilen, doch als sie den Namen Cinner hörte, ging ihr ein Licht auf.
,,Du hast es also selbst geschafft, deinen besten Kumpel aus Kindheitstagen dazu zu bewegen, ebenfalls zur Marine zu gehen."
,,Ja, Cinner ist nach wie vor ein loyaler und guter Freund von mir. An ihm solltest du dir auch mal ein Beipiel nehmen"
,,Fahr zur Hölle", war jedoch nur ihre unbeeindruckte Antwort.
,,Ach Isami...", fing Tomy wieder an, legte indes eine seiner in einem Handschuh steckende Hand auf ihre Schulter, ehe sie sogleich merkte, wie ihre Kraft sie verließ.
,,...Leider habe ich solche Aussagen bereits erwartet und deswegen komme ich nicht drum herum, dich auf anderen Wegen von einer Flucht abzuhalten", meinte er noch, bevor er ihr in Windeseile mit einer blitzschnelle Bewegung eine Art Halsband umlegte. Nur war dieses, wie es schien, aus massiven Seestein.
Sie wollte noch reagieren, sich vorher noch verflüssigen, doch es funktionierte nicht. Nun konnte sie sich auch diese seltsame Wirkung seiner Handschuhe erklären. Auf diesen konnte man nämlich auf der Außenseite kleine dunkle flächen aus Seestein erkennen, die sich um die Fingerkuppen legten.

Und er hatte gewiss Recht: Nun konnte Isami wesentlich schwerer fliehen.
Es brauchte ein Wunder.

Eyes Like Blood {One Piece FF} AcexOcWo Geschichten leben. Entdecke jetzt