1.

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Würgend lehne ich mich gegen den nächstbesten Baum.
Meine Beine zittern unkontrolliert, mein Magen schlägt Purzelbäume und mein Herz rast.
Tief atme ich die drückende Sommerluft ein und warte, bis sich die Übelkeit legt.
Vollkommen erschöpft blinzel ich gegen das Licht der aufgehenden Sonne.
Die strahlen tauchen den Wald in einen goldenen Schimmer, ein Meer aus purer Wärme.
Mürrisch wende ich den Blick wieder zum Boden.
Scheiß doch auf die Welt.
Ich hebe die Flasche zu den Lippen, spüre die letzten Tropfen des alkohols meine Kehle hinunter brennen.
Wer braucht schon die Welt?
Unachtsam werfe ich die Flasche hinter mir zu Boden, wo sie mit einen dumpfen Knall auf das Bett aus vertrockneten Blättern landet.
Taumelnd mache ich einige Schritte vorwärts, muss mich aber dann an einen Stamm abstützen.
Ich bin voll. Dicht. Besoffen.
Mit kleinen Schritten versuche ich, trotz des schwindels von hier weg zu kommen.
Wenige Meter später kotze ich mir die Seele aus den Leib.
Meine Haare kleben mir im verschwitzten Gesicht, der Gestank nach erbrochenen steigt mir in die Nase.
Mit den Saum meines Viel zu großen T-Shirts wische ich mir die letzten Spuren vom Mund.
Stöhnend lasse ich mich auf den weichen Waldboden fallen.
Mir ist übel, schwindelig und ich habe ziemlich Kopfschmerzen. Scheint so, als hätte ich die ganze Nacht durchgemacht.
Benebelt tasten meine Finger zu meiner linken Hosentasche.
Als ich das dicke Geldbündel erfühlen kann, beruhigt sich mein Herzschlag etwas.
In letzter Zeit ist wieder mehr Kundschaft da. Und das heißt mehr Geld.
Für einen kurzen Augenblick ekel ich mich vor mir selbst, vor diesen Geld, vor den Männern, die mich bezahlen.
Unwillig Rolle ich mich auf die Seite und schließe meine Augen.
Wie lange bin ich schon wach? Zehn Stunden? Zwanzig?
Ich weiß es nicht. Der Alkohol betäubt den Schmerz und friert die Zeit ein. Jedenfalls kommt es mir so vor.
Meinen Rausch schlafe ich lieber hier aus, als zu Hause. Hier bin ich wenigstens sicher.
Angestrengt stemme ich mich ein Stück weit hoch, wobei das helle Licht in meinen Augen brennt.
Ja, hier bin ich alleine. Der nächste Wanderweg dürfte einige hundert Meter entfernt sein.
Geschützt von Laub und Dickicht raffe ich mir einige am Boden liegende Blätter zusammen, Presse sie zu meinen Kissen.
Eine Decke brauche ich nicht, denn es ist Hochsommer und selbst so früh morgens schon sehr warm.
Ich halte meine Augen fest geschlossen und warte auf den erlösenden Schlaf, zumindest für einige Stunden Ruhe von der Welt.
Auf meinen Nackten Armen fühle ich das kitzeln vieler kleiner Füßchen, Ameisen, wahrscheinlich. Sie denken wohl, ich wäre ein toter Baum, ein abgefallener Ast, oder so etwas in der Art.
Der ekelerregende Nachgeschmack von meiner Kotze schwimmt noch immer auf meiner Zunge herum.
Genervt schüttel ich den Kopf, um all diese Eindrücke ins hinterste Eck meines Schädels zu verbannen.
Ich muss schlafen, hier und jetzt. Denn wenn ich in ein paar Stunden wieder nach Hause komme, werde ich die Kraft brauchen.
Mit dieser traurigen Gewissheit vor Augen nicke ich auf meinen Bett aus Moos und Laub ein.

Wer Bist du Nur? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt