29.

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Pov Jane

Nur mit Gewalt zwinge ich mich, wachzubleiben. Ich kann nicht in der Klinik bleiben, ich muss nach Hause, mich um Mama kümmern.
Unruhig sehe ich aus den Fenster.
Dichte Büsche versperren meine Sicht.
Es fällt nur das blasse Licht des Mondes durch das Glas.
Strenge Bettruhe, hat der Arzt gesagt. Und viel trinken.
Ich habe nicht vor, hier zu bleiben. Es geht einfach nicht.
Mein Körper fühlt sich noch immer unnatürlich schwer an, aber schon deutlich besser als zuvor.
Leise schwinge ich meine Beine aus dem Bett.
Ich darf nicht erwischt werden.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass man die Pfleger beauftragt hat, besonders auf mich acht zu geben.
Zumindest habe ich noch meine Kleidung. Meine Schuhe stehen ordentlich neben den Bett.
Vorsichtig schlüpfe ich in sie hinein.
Aus der Tür gehen ist keine Option, man würde mich mit einer gewissen Sicherheit sofort erwischen.
Aber zum Glück habe ich ein Zimmer im Erdgeschoss, sprich, nur ein kleiner Weg bis zum Boden.
So leise wie möglich öffne ich das Fenster.
Es scheint zu regnen. Und es wird langsam kälter. Ein klassisches Herbstwetter eben.
Geschickt kletterte ich auf die Fensterbank.
Es ist beinahe ironisch, dass ich aus dieser Sicherheit ausbreche, nur um zu den Menschen zu gehen, die mein Leben zur Hölle machen.
Aber es ist eben Fanilie.
Ich schwinge ein Bein aus den Fenster, dann das andere. Zum Boden ist es kaum mehr als ein Meter. Allerdings ist er dicht bewachsen.
Vorsichtig rutsche ich etwas nach vorne.
Der Aufprall wird trotzdem wehtun.
Ich kneife meine Augen zu und presse meine Lippen zusammen. Nicht schreien.
Langsam lasse ich mich nach vorne fallen.
Ich verliere den Halt, stürze nach unten.
Äste kratzen über meine Haut, hinterlassen Schrammen in meinen Gesicht.
Auch der Boden empfängt mich alles andere als herzlich.
Aber nur eins zählt: Ich bin frei.
Mit viel Kraftanstrengung kämpfe ich mich durch das dichte Buschwerk, ziehe mir dabei weitere Schrammen zu.
Ich komme auf der Rückseite der Klinik heraus.
Es ist niemand da.
Schnell schleiche ich mich weg von den Gelände, bis ich an eine Straße ankomme. Keine Autos. Alles ruhig.
Ich senke den Kopf, stecke meine Hände in die Hosentasche und mache mich auf den Weg nach Hause.
Beinahe unterbewusst nehmen meine Füße den vertrauten Weg durch die verschlungenen Gassen auf sich.
Niemand, der nicht sein Leben lang durch Köln geschlichen ist, kennt die ganzen kleinen Gassen. Selbst ich kenne bestimmt nicht alle.
Langsam verwandelt sich die Ungebung in das triste und düstere Viertel.
Der Regen lässt nicht nach, sondern wird eher schlimmer.
Ich friere.
Aber gleich... gleich bin ich zuhause.
Unwillkürlich beschleunigen sich meine Schritte.
Die Bekannte Einfahrt.
Erleichtert nehme ich die letzten Meter.
Klingelschild: Hesse.
Einig drücke ich auf die Schelle.
Klar, Nico wird nicht begeistert sein, aber ich bin einfach nur froh, zuhause zu sein.
Niemand öffnet.
Ich klingel erneut.
Da fällt mir an der Tür etwas auf.
Ein Aufkleber verriegelt die Tür.
In der Dunkelheit kann ich die Aufschrift nur schwer entziffern.

Amtliches Siegel der Polizei Köln
Ablösen oder Beschädigen wird Strafrechtlich verfolgt.



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