3.

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Pov von den Mädchen

Völlig außer Atem stolpere ich aus den Unterholz.
Dieser Mann... Was hat der denn auch so weit von den Wanderwegen entfernt zu suchen?
Als er mich so abrupt aus den Schlaf gerissen und angeschrien hatte, was ich denn hier zu suchen habe, bin ich so schnell wie möglich abgehauen.
Ich will kein Ärger, keine Aufmerksamkeit, schon gar nicht von so verrückten alten Herren, die wegen jeder Kleinigkeit die Polizei rufen.
Umso erleichterter bin ich, dass ich ihn abhängen konnte, noch bevor er auch nur sein Handy zücken konnte.
Schnell sehe ich mich in der Umgebung um, versuche mich zu orientieren.
Zu meinen Glück stelle ich fest, dass ich genau auf der richtigen Seite des Waldes herausgekommen bin, sodass ich höchstens zwanzig Minuten bis nach hause brauchen werde.
Ein letztes Mal drehe ich mich noch in Richtung des Waldes um, nur um sicherzustellen, dass mir auch niemand gefolgt ist, dann trete ich meinen Heimweg an.
Schon als ich die schützenden Schatten des Waldes verlasse, trifft mich die trockene Nachmittagssonne wie ein Schlag mitten auf den Schädel.
Der Tequila macht sich in Form von üblen Kopfschmerzen bemerkbar.
Schmerzgeplagt kneife ich die Augen zusammen, als ich mit gesenkten Kopf den Bürgersteig entlang haste.
Das Bündel Geld liegt schwer in meiner Tasche.
Unauffällig ziehe ich es hervor und beginne zu zählen.
Es kommt einiges mehr zusammen, als sonst.
In mir keimt etwas Hoffnung auf, dass das Geld mir zumindest etwas Ruhe verschaffen wird. Wenigstens für ein paar Tage. Bis das Geld wieder verpulvert wurde.
650 Euro. Von acht Männern innerhalb von elf Stunden.
650 ekelhafte Euros. Von zu vielen notgeilen Männern. In elf langen Stunden erarbeitet.
Eigentlich warte ich nur auf den tag, an dem mein Körper einfach nicht mehr mitmacht. Es ist jetzt schon zu viel.
Ich will nicht darüber nachdenken. Nicht jetzt.
Die letzten Minuten versuche ich einfach mein Kopf klar zu kriegen, zu Ruhe zu kommen.
Erst die vertraute Einfahrt, der verdreckte Vorhof und die schlecht Lackierte Haustür holt mich aus den Gedanken.
Wie gewohnt drücke ich kurz auf die Klingel und warte, bis jemand öffnet.
'Hesse', steht auf den Türschild.
Der dunkel Lackierte Holzrahmen wird von der typischen Sternensinger Aufschrift geziert: C × M × B  2009.
Ist anscheinend schon eine Weile her, dass hier kleine Kinder vor der Haustüre gesungen haben.
Verständlich, selbst der Postbote meidet dieses viertel.
In den trüben Milchglasfenstern zeichnet sich eine kleine Gestalt ab.
Die Tür wird aufgerissen, mir gegenüber steht eine dürre Frau. Struppiges Haar, Augenringe, offene Stellen im Gesicht.
Hautentzündung. Ein typisches Erkennungszeichen von Heroinjunkies.
"Bist wieder da?", kratzige, raue Stimme, schlechte Zähne. "Wo ist das Geld?"
Ich dränge mich an ihr vorbei, ziehe das Bündel aus der Tasche und drücke es meiner Mutter in die Hände. "650 Euro."
Sie hat schon nur noch Augen für die scheine in ihren Händen. Mit zitternden Händen zählt sie nach. Sie braucht den nächsten Schuss, das merke ich ihr an.
"Geh wieder in den Keller, Jane.", weist sie mich barsch an. "Nico kommt gleich Wieder und ich will nicht, dass du uns störst."
Ich nicke Gehorsam, stoße die Tür zum Keller auf und verkrieche mich in der Dunkelheit.
Die Kälte ist beinahe schon eine Wohltat für meinen Kopf.
Hinter mir höre ich, wie Mama den Schlüssel ins Schloss steckt und mich mal wieder einschließt.
Mama.

Wer Bist du Nur? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt