47.

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Pov Jane

Papier und Tinte. Das Büro riecht nach Papier und Tinte.
Das Geräusch der ins Schloss fallenden Tür lässt meine Kehle enger werden.
Eingesperrt sein... Davon habe ich genug.
Doch ich dränge meine aufkriechende Panik zurück, das hier ist wichtig.
Ich muss jetzt ruhig sein, erzählen und zuhören.
"Setz dich.", der Polizist hat eine tiefe Stimme. Passend zu seiner Größe.
Zögerlich nehme ich auf den harten Stuhl Platz, die Fersen angespannt, jederzeit bereit zu fliehen.
Ob die mich gehen lassen würden?
Was wäre, wenn ich einfach rennen würde?
Gar nicht erst daran denken.
"Das wichtigste zuerst: Bist du verletzt? Brauchst du einen Arzt?"
Ein Schauer läuft mir über den Rücken.
Traurig, dass es ein fremder Polizist ist, der mich das fragt. Der mir die Fragen stellt, die ich seit Jahren nicht mehr gehört habe.
Langsam schüttel ich den Kopf. "Nein, mir geht es gut, danke."
"Hast du Hunger? Durst?"
Bei dem Gedanken an etwas zu Essen rebelliert mein Magen. Drogen. Das war mein Essen.
"Ich... Ja.", gebe ich zu. Ich will nichts von ihm verlangen. Schließlich hab ich viel Scheiße gebaut. Da kann man nicht erwarten, dass alle einem etwas Gutes wollen.
"Alles klar.", er öffnet wieder die Tür, die er eben doch erst geschlossen hat. "Ich bring dir was."
Er verschwindet.
Durch das milchig trübe Glas erkenne ich die verzerrten Umrisse des Korridors. Paul sitzt da bestimmt noch draußen. Er muss warten. Ob er wohl Hunger hat?
Neugierig wende ich mein Blick auf die umherliegenden Mappen. Alles ordentlich abgeheftet, in Fächer eingeräumt.
Meine Akte liegt da bestimmt auch irgendwo. Oder sie ist auf diesen Computer gespeichert. Müsste eine ziemlich dicke Akte sein, bei all dem, was oassiert ist.
Das Klacken der Tür lässt mich zusammenfahren.
"Hier, bitte."
Der Teller und das Glas klackern leise, als er es auf den hellen Schreibtisch stellt.
Ein Brötchen mit etwas Butter und ein Glas Sprudelwasser.
Der Mann setzt sich mir gegenüber, schaltet den Computer ein. Das Geräusch von Tastaturtippen.
Misstrauisch nehme ich das Brötchen in die Hand. Dunkles Brot, Körner. Es riecht gut.
Zaghaft knabber ich an einer Ecke. Sobald das Stückchen Brot auf meine Zunge trifft, überwältigt mich der Hunger.
Hastig nehme ich einen zweiten, größeren Bissen. Es kümmert much sehr wenig, dass der Teig schon etwas zäh und trocken ist, es schmeckt so verdammt gut.
Eine Weile herrscht Stille, die Tastatur ist verstummt. Nur ich schlinge förmlich das Brot hinunter und trinke das Glas aus.
Ein warmes Gefühl macht sich in mir breit.
Wie heißt das nochmal? Ach ja... Zufriedenheit.
"Danke.", murmel ich leise, als ich schließlich das leere Glas zu den ebenso leeren Teller stelle.
"Kein Problem. Hattest ganz schön Hunger, was?"
Stumm nicke ich.
"Ich bin übrigens Stephan. Und du bist Jane, richtig? Jane Hesse."
"Nein...", fängt jetzt das Verhör an? Muss ich jetzt über alles reden? "Ich bin Jane. Einfach nur Jane."
Wieder klackern von Tastatur. "Hast du ein zuhause? Irgendwo, wo du sicher schlafen kannst?"
Wieder muss uch verneinen. Die dunklen Gassen zählen wohl kaum als ein sicherer Ort.
"Wir suchen dir etwas.", er lächelt mich ermutigend an.
Und dann muss ich weinen.
So richtig.
Schluchzend vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen und lasse die Tränen einfach laufen.
Es wird alles gut.
Es wird alles gut?
Es riecht nach Papier, Tinte und Hoffnung.

Wer Bist du Nur? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt