33.

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Pov Jane

Fröstelnd ziehe ich meine Jacke enger um mich.
Beinahe gewaltsam presse ich meine Augen zu, um mich zum schlafen zu zwingen.
Denn wenn man schläft, ist alles gut. Man gelangt in eine heile Welt, eine friedliche, ruhige Welt.
Mir gegenüber liegen noch zwei, drei andere Obdachlose.
Seufzend gebe ich auf und setze mich auf. Erschöpft lehne ich mein Kopf gegen die Häuserwand.
"Na, kannst du nicht schlafen?"
Mir strahlen zwei dunkle Augen entgegen.
"Nein. Ist ein bisschen kalt."
Verständnisvoll nickt der Mann, die ungepflegten Haare wippen im Wind. "Kann ich verstehen."
Ich beobachte ihn, wie er in seine Tasche greift. "Nimm."
Zögerlich halte ich ihn meine Hand hin.
"Was ist das?", neugierig starre ich auf das kleine Röhrchen. Sieht aus wie ein kleiner Kristall...
"Das? Du weißt das nicht?", lachend schüttelt der Obdachlose den Kopf. "Du bist noch nicht lange hier, oder?"
"Nein."
"Das macht dich wach."
Ich halte inne. "Sind das Drogen?"
"Er zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Ja. Meth. Ist sogar echt gut. Du solltest das echt mal probieren."
"Nein, danke.", angewidert halte ich ihn das Röhrchen hin. "Ich mache sowas nicht."
"Sicher? Probier doch wenigstens. Glaub mir, das ist nicht so schlimm."
"Nein.", doch etwas unsicher beiße ich mi auf die Unterlippe. "Ich- Ich will das wirklich nicht."
"Wie du meinst.", kurzerhand nimmt er die Drogen wieder an sich. "Also ich leg mir jetzt ne Line."
Aus den Tiefen seiner Kleidung zieht er einen kleinen Spiegel und eine Plastikkarte hervor.
Wie hypnotisiert sehe ich zu, wie die Steinchen auf die glatte Oberfläche kullern, wie er sie mit der Karte zu einen feinen Pulver zermahlt.
Gekonnt schiebt er den kleinen Haufen zusammen. Er legt zwei Lines. Eine große und eine kleine.
Aus einen Geldschein rollt er ein Halm, setzt ihn an die Nase.
Es hat etwas faszinierendes, wie er das weiße Pulver zieht, wie die Line langsam verschwindet.
Zurück bleibt nur noch die kleine.
"Komm her.", vielsagend nickt er mir zu. "Das bisschen tut dir nichts."
"Nein, ich will wirklich nicht...", abwehrend hebe ich meine Hände.
"Du musst keine Angst haben. Das macht dich höchstens wacher und etwas fitter."
Innerlich schwanke ich. Etwas Energie könnte ich echt gebrauchen. Und außerdem... wenn ich jetzt vielleicht mal etwas nehme, heißt das ja noch lange nicht, dass ich gleich ein Junkie werde.
Entschlossen mache ich einen Schritt auf ihn zu.
Sofort erscheint ein Grinsen auf seinen Gesicht, das eine Reihe fauliger Zähne zur Show stellt.
Schweigend hocke ich mich neben ihn. Einladend hält er mir den Geldschein hin.
Mit zitternden Fingern rolle ich ihn, so wie er es getan hat.
Das ist so falsch.
Das ist so krank.
Ich muss schlucken. Will ich das wirklich? Was, wenn es mir gefällt und ich am Ende doch noch süchtig werde.
Langsam beuge ich mich über den Spiegel. Er ist schmutzig und zerkratzt, aber ich kann trotzdem mein Gesicht erkennen.
Was mache ich hier gerade?
Ich setze das Röhren an.
Wenn ich jetzt ziehe, habe ich es getan.
Habe ich Meth genommen.
Ich kneife meine Augen fest zusammen.
Und dann...
Dann fange ich an, die Line zu ziehen.

Wer Bist du Nur? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt