34.

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Pov Paul

Unruhig starre ich auf meine Hände. Sie zittern etwas.
"Geht es dir gut, Paul?"
Kurz sehe ich auf. "Jaja..."
Der Mann nimmt mir gegenüber Platz.
"Also du wolltest mit mir reden. Was ist passiert?"
"Es ist nur... ich bin wieder so alleine. Einfach verloren.", ich fühle mich zurückversetzt. In die Zeit vor etwa zwei Jahren. Als ich zum ersten Mal bei ihm war.
"Ist es wie früher?"
Und er ist immernoch genauso. Dieselbe, tiefe Stimme, dieselben dunklen, warmen Augen.
"Ja. Genau so."
Seufzend lehnt er sich vor. "Und warum? Warum ist es wieder so?"
Ausdruckslos sehe ich an ihn vorbei. Zu den Fischglas. "Einer meiner Goldfische ist gestorben."
"Das wars?"
Wieso sind seine Augen so durchbohrend? Warum hab ich das Gefühl, dass er mir direkt ins Herz schaut?
"Nate, ich...", zögerlich halte ich kurz inne. Er gibt mir die Zeit, lässt seinen so verdammt stechenden Blick aber nicht von mir weichen. "Ich glaube, sie war nie weg. Diese Einsamkeit. Seit dem Streit ist alles anders."
"Das hab ich befürchtet. Und sonst? Eine Freundin?"
"Nein. Nichts."
Stumm sehe ich ihn zu, wie er nach seiner Tasche greift und einen braunen Ordner hervorzieht. Schweigend schiebt er sie mir zu.
Ich erkenne sie sofort wieder. Meine Akte.
"Da sind alle Berichte, alle Befund drinnen. Alle Ergebnisse von unseren Sitzungen.", erklärt Nate.
Gedankenverloren fliegen meine Augen über eines der zu vielen Blätter.

-Berichtete über innere Leere, Lustlosigkeit und Schlafstörungen
-Binge-Eating
-Depressive Verstimmungen

Und wieder. Warum kommt das immer wieder? Ich dachte, ich hätte es geschafft, diese Phase überwunden.
"Das ist... nicht gut.", ich Klappe die Mappe wieder zu. Genug. "Ich will das nicht nochmal."
"Das verstehe ich.", seine Stimme ist ruhig, aber trotzdem fest. "Aber es scheint so, als wäre genau das passiert. Dir geht es noch nicht wieder gut. Hast du dich die letzten zwei Jahre damit rumgequält?"
Ich schüttel den Kopf. "Nein. Es war erst wieder besser, aber nach und nach... Es ist wieder schlimm geworden."
"Und warum hast du dich nicht früher gemeldet? Die letzte Therapie hast du gegen ärztlichen Rat abgebrochen, wenn ich mich recht entsinne."
"Das stimmt.", beschämt sehe ich den Blick. "Das war einfach alles zu viel. Ich rede nicht oft über meine Gefühle."
"Kann es sein, dass du genau deswegen so allein bist? Weil du nie an dich denkst?"
"Das stimmt nicht!"
Ein Blick von ihn reicht, um mir klarzumachen, dass ich mir nur etwas vormache. Ja, verdammt, ich bin nunmehr nicht der sentimentale Typ. Na und?
"Weißt du... vielleicht ist das auch nur eine Phase. Nur meine Midlife Crisis."
Ausreden. Wir wissen beide, dass es Aureden sind. Ich ernte dafür nur ein weiteren, Straßenrennen Blick von ihm.
"Ich kann dich nicht zu einer Therapie zwingen, aber du musst dir selbst eingestehen, dass du ein Problem hast, dass du Hilfe brauchst."
Niedergeschlagen fahre ich mir durch meine Haare. "Ich weiß es doch, Nate. Ja verdammt, ich weiß es. Ich habe Probleme, mir geht es beschissen und es wird nicht einfach verschwinden."
Ich atme tief durch.
"Ein letzter Versuch. Eine letzte Therapie. Aber dann nie wieder."


Wer Bist du Nur? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt