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Abrupt ließen die beiden voneinander ab und Boerne guckte despektierlich zu Herbert, der noch immer ungeniert da stand und breit grinste.
„Was für eine Frage, Herr Thiel. Wenn Sie es genau wissen wollen, JA, Sie stören durchaus."
Thiel hingegen setzte sich erschrocken ein Stück auf und wusste nicht genau, ob er lieber im Erdboden versinken oder seinem Vater den Hals umdrehen wollte.
„Vaddern.", war das Einzige, was er zustande brachte und sein Herz begann wild zu klopfen.
„Ich seh's. Ich kann auch später wieder kommen.", meinte Herbert und deutete mit dem Daumen auf die Zimmertür.
„Ach was, bleiben Sie hier und setzten Sie sich. Trinken Sie eine Tasse Kaffee und leisten uns doch ein wenig Gesellschaft.", kam es missvergnügt von Boerne und da hätte der Kommissar dann doch fast lachen müssen.
„Man Vaddern, eh. Zieh Leine!", motzte Thiel, der nun endgültig seine Sprache wieder gefunden hatte.
„Hätte ich gewusst, dass ihr gerade Höhlenforschungen betreibt, wäre ich erst später zu euch gestoßen."
Bei dem Wort gestoßen, wackelte Herbert vielsagend mit den Augenbrauen und Thiel zog die Bettdecke über sein Gesicht.
Das war mit Abstand der peinlichste Moment in seinem gesamten Leben, da war sich der Kommissar sicher.
Boerne hingegen setzte sich angriffslustig auf. Aufgebracht und konsterniert blickte er Thiel Senior an und machte mit den Händen ein paar scheuchende Handbewegungen, um ihn so aus dem Zimmer zu befördern.
„Bin ja schon weg. Frankie? Ich warte am Wagen."
Damit drehte sich der alte Thiel um und trat aus der Tür.
„Konservative Spießer!", hörten die beiden Männer ihn noch murmeln und die Tür fiel ins Schloss.

Vorsichtig zog Boerne die Bettdecke zurück und blickte mit hochgezogener Augenbraue auf den beschämten Kommissar.
„Schnauze Boerne. Ich will nix hören!"
Beschwichtigend hob Boerne die Hand nach oben und rückte ein Stück vom Kommissar ab.

Zügig stieg Thiel aus dem Bett, sammelte im Bad seine Klamotten zusammen und zog sich blitzschnell an.

Wie konnte Vaddern nur?
Wie konnte er selbst nur?

Ohne Boerne weiterte Beachtung zu schenken, packte er die Sachen auf dem Tisch in den Korb und trat auf die Tür zu, aus welcher sein Vater vorhin entschwunden war.
„Frank, es....", weiter ließ Thiel seinen Nachbarn nicht reden.
„Tschüss, Boerne."

****

„Wenn ich gewusst hätte, dass du, also dass ihr, also was ihr da treibt, wäre ich nicht reingekommen.", versuchte Herbert eine Konversation während der Fahrt zu starten.
„Ey Vaddern, sei einfach ruhig, ja? Ich will nichts reden und mit dir über sowas schon gleich gar nicht!", motzte Thiel Junior und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Stell dich doch nicht so an! Das ist doch völlig normal, da brauchst du dich doch nicht zu schämen."
„Es ist nicht normal, dass du unangekündigt da herein spaziert kommst und blöde Sprüche reißt.", zischte Thiel und blickte aus dem Fenster.
„Ach was du wieder hast Frank. Ihr seid doch nicht die ersten Männer, die ich küssen gesehen habe.", meinte Herbert belanglos und setzte den Blinker.
„Vaddern, ich will das nicht hören, okay?"
„Mich hat auch niemand gefragt, ob ich das sehen will! Außerdem war es ja wohl wirklich nur noch 'ne Frage der Zeit, bis ihr wie ausgehungerte Wölfe übereinander herfallt!"
Thiel glaubte sich verhört zu haben und guckte seinen Vater erbost an, der grade an der Ampel anhielt.
„Das war ein Versehen, okay? Das hat überhaupt nix zu bedeuten!", verteidigte sich der Jüngere bockig.
„Für ein Versehen hast du dem Professor aber ordentlich die Zunge in den Hals geschoben!"
„VADDERN!", schrie Thiel und schlug mit der Hand auf die Armatur des Tür. „Jetzt langt's."
Thiel Senior hingegen lächelte nur vergnügt und setzte den Wagen wieder in Bewegung.
„Du solltest deinem alten Herren lieber ein wenig dankbar sein! Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich nicht rechtzeitig gekommen wäre.", begann Herbert und Frank sah ihn verdattert an.
„Weshalb?"
„Na ohne die nötige Vorbereitung kann Analsex ja schon unangenehm werden. Du glaubst ja nicht im Ernst, dass so eine Analfissur angenehm ist."
„Bahhhh! Vaddern!"
Angewidert verzog Thiel das Gesicht.
Wollte sein Vater jetzt ernsthaft über Sex mit ihm sprechen? Also das ging dem Kommissar entscheiden zu weit.
„Also bei'm Professor könnte ich mir ja schon vorstellen, dass der da über eine gewisse Erfahrung verfügt, aber du? Oder hast du etwa auch schon mal mit einem Mann?"
Fassungslos blickte Thiel seinen Vater an und zeigte ihm den Vogel.
„Du hast wirklich 'ne Macke! Als ob ich.... und überhaupt geht dich das einen feuchten Kehricht an!"
Mit einem gefühlten Puls von 180 ballte der junge Thiel die Hände zu Fäusten und musste sich wahrlich zusammenreißen, um nicht die Beherrschung zu verlieren.
„Also wenn du ein paar Tipps brauchst, kannst du dich jederzeit an deinen alten Herren wenden.", teilte Herbert ihm ungeniert mit, als wäre es das normalste Gesprächsthema der Welt.
„Vaddern... Ich will weder mit dir allgemein über Sex reden, geschweige denn über Sex mit Boerne, den es nie geben wird und überhaupt... Woher kennst'n du dich da so gut aus?"

Wollte Thiel das wirklich so genau wissen?

„Im Gegensatz zu dir, bin ich nicht so ein konservativer Hammel, der mit Scheuklappen durchs Leben rennt und immer nur stur geradeaus schaut! Sei doch froh, dass du in deinem Alter noch jemanden triffst, der dich will! Wenn's mit den Frauen nicht klappt, was es bei dir ja sowieso nie tut, solltest du dich vielleicht doch mal an andere Ufer begeben!"
Zum Glück kamen sie gerade vor Thiels Wohnhaus an, sonst wäre Thiel seinem Vater nun wirklich an die Gurgel gegangen.
„Vaddern, das Thema ist hiermit beendet. Wenn du es noch einmal ansprichst, dann bring ich dich um und lass deinen Tod wie einen Unfall aussehen! Glaub mir, ich kenn' Orte, an denen dich niemand finden wird!", zischte Thiel, schlug die Autotüre auf und nahm den Korb.
„Mensch Junge, wach endlich auf! So blind kann man doch gar nicht sein!"
Dieses Mal war es der alte Thiel, der völlig verständnislos dreinblickte.
Wütend schlug Thiel die Tür zu und zeigte seinem Vater den Mittelfinger.
Das war wirklich die Höhe!
Wutentbrannt schloss Thiel die Haustür auf und verbarrikadierte sich in seiner Wohnung.

Im Rausch der VergeltungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt