10.Kapitel.

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Sicht Andreas:

Meine Mutter saß genauso wie Lea neben uns und hörte einfach nur zu. Ich merkte wie ihr immer mehr die Augen nass wurden und als ich gefragt hatte ob wir die Familie kontaktieren dürfen, liefen bei ihr endgültig die Tränen. Schmerzhaft hatten wir alle wieder die Beerdigung von Conner vor Augen, die auch noch gar nicht so lange her war und noch niemand wirklich Zeit hatte zu trauern. Chris zerfrisst es grade innerlich und das ist auch der Grund dafür warum er jetzt in diesem Zustand hier liegt und nicht zu sich kommt. Sein eh schon kaputtes Herz streikt und sein Körper schützt sich selbst.

Es war hart aber das hatte ich erwartet. Ich hatte grade nach dem Flug von Spanien erahnt das es Probleme geben könnte. Das er Aussetzer hatte beunruhigte mich wieder mehr und wieder war ich froh das er den Herzschrittmacher noch drin behalten hat und dieser das aufgefangen hatte.

Ich hatte grade mit Dr.Schenk abgesprochen das ich zu erst kurz zu ihm gehe damit er mich anzapfen kann. Ich hoffe das mir mein Kreislauf nicht wieder so absackt wie beim letzten mal und deshalb hatte ich mir vorgenommen erst noch was zu essen. Ich bin erstaunt. Die haben die kompletten Krankenakten von uns beiden hier. Es wird nichts dem Zufall überlassen um genau vorbereitet zu sein.

So war es dann auch. Ich wurde in den sterilen Raum gebracht um mir die Schutzkleidung anzuziehen und ging dann durch die Nebelschleuse in sein Zimmer und setzte mich zu ihm. Gut das Chris das nicht sehen muss wie wir hier bei ihm sitzen. Ich wüsste auch gar nicht was ich sagen würde. Wenn er jetzt wach würde, wüsste er vermutlich auch gar nicht wo er ist.

Ich sah zwischendurch immer mal nach draußen durch die Scheibe und konnte sehen wie Lea meine Mutter im Arm hatte und sie sichtlich mit Tränen kämpfte. Das wir die Schutzkleidung tragen mussten war uns ja nicht fremd, aber der Mundschutz war für sie doch schon sehr befremdlich zu sehen. Ich denke ihr machte es auch Angst auch gleich hier so zu sitzen und das sie ihre Tränen noch mehr wie da vor der Tür laufen lassen wird.

Wie ich hier so sitze schließe ich die Augen und versuche mich auf eine bessere Zukunft zu freuen. Eine in der Chris wieder fit ist und wir wie in den Jahren bevor Chris so schwer krank wurde nach Weihnachten auf Tour gehen werden.
Da war es wieder. Zukunftsängste. Ich hatte sie auch genauso wie Chris und das machte mir zu schaffen und stimmte mich schlagartig traurig.

Wer weiß ob Chris dieses Jahr zu Hause sein wird und ob es ihm gut geht?!
Das wäre seit 3 Jahren dann vielleicht mal ein unbeschwertes Weihnachten wo wir dann mal keine Angst haben müssen das was passiert was ihm das Leben kosten könnte, aber noch ist es ein weiter Weg bis dahin und das Zittern geht weiter. Ich hoffe immer noch das er von selber bald wieder wach wird und er mitbekommen kann das man ein Herz für ihn gefunden hat und das er bald neu anfangen kann.

Ich schaute ihm ins Gesicht nachdem ich meine Augen wieder geöffnet hatte und er schlief friedlich weiter. Was geht nur in seinem Unterbewusstsein vor das sein Körper so die Reißleine zieht um ihn zu schützen?!. Wir können nur für ihn da sein und mit ihm reden und vor allem Mut zusprechen in der Hoffnung das wir in sein Unterbewusstsein durchdringen. Das selbst Angelina Chris spüren kann ist ein gutes Zeichen das er noch irgendwo gedanklich da ist und wir nicht aufgeben dürfen, dass wir Chris nicht aufgeben dürfen und weiter mit ihm durchhalten müssen. Aber ist es noch alles rechtzeitig wie es uns Dr. Klinge gesagt hat?

Mir rauchte grade echt der Kopf. Mir kam grade alles so aussichtslos vor, auch wenn die Fakten grade andere waren. Ich hielt seine Hand, gab ihm nach fast einer Stunde einen zarten Kuss auf die Stirn und ging dann erst mal.

Dr.Schenk wartete schon auf mich vor der Tür was mir ein Klopfen an der Scheibe signalisierte das ich raus kommen sollte. Ich ging nach draußen und Lea wollte als nächstes zu ihm rein. Meine Mutter hatte Angelina auf dem Arm und Lea bereitete sich wie ich eben vor zu Chris zu gehen. Meine Mutter wich keinen Zentimeter von der Scheibe weg und Angelina war auch ungewöhnlich ruhig. So ruhig war sie sonst nicht. Selbst dann nicht wenn sie Hunger hatte.

Meine Mutter wollte dann später als letztes zu ihm rein. Ich hatte ihr ihre Angst und ihre Sorgen angesehen und gespürt als ich an ihr vorbei ging. Ich verabschiedete mich dann erst mal von meiner Mutter und ging mit Dr.Schenk mit.

Mit normalen Blutentnahmen habe ich eigentlich kein Problem, da hatte Chris schon immer mehr Schwierigkeiten als ich, das ihm schon mal der Kreislauf wegsackte und er dann auch mal etwas länger beim Arzt blieb bis es wieder ging, aber wenn man mir jetzt innerhalb kürzester Zeit wieder mehr Blut abnehmen wird, bin ich mir fast sicher das ich heute nicht mehr ins Hotel kommen werde. Etwas Angst habe ich grade schon, aber ich kann jetzt nur abwarten was passiert wenn die für heute ersten 2 Konserven abgenommen sind, dass es auch bei den beiden bleiben wird konnte ich jetzt zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen und ob es was gebracht hat das ich diesmal vorher genug gegessen und getrunken habe, werde ich sehen.

Ich hing also gut 15 Minuten später in einem bequemen Liegesessel schon mit festem Zugang im Arm an der Nadel und ich ahnte das sich mein Kreislauf verabschieden wird, während ich mit zusah wie das Blut in den Beutel lief. Deshalb kam auch eine der Schwestern und legte mir im Auftrag von Dr. Schenk das EKG an meiner Brust rund um mein Herz an. Jetzt konnte ich mir vorstellen wie es Chris dauernd geht mit den EKG.

Meine Nervosität wurde mit den jetzt getroffenen Vorsichtsmaßnahmen auch mehr. Ich fragte die Schwester warum ich das EKG bekommen soll, aber die antwortete mir nur das ich den Arzt selber fragen soll wenn ich gehen kann. Das sich das ,,Wenn ich gehen kann" schon in baldige Gewissheit das ich bleiben muss wenden sollte, wusste ich bis dahin noch nicht. Man ist hier tatsächlich auf alles vorbereitet sogar ein Zimmer ist schon vorbereitet worden um mich optimal nachbehandeln zu können. Ich weiß ja vom letzten mal noch das ich dann noch mindestens für 3 weitere Stunden mit Flüssigkeitsersatz am Tropf hängen werde. Also ließ ich die Dinge jetzt geschehen die ich eh nicht aufhalten kann. Ich weiß nur das ich das für meinen Bruder gern tue, auch wenn ich dabei meine eigene Gesundheit mit aufs Spiel setze.

Das sich das EKG für mich noch als lebensrettend rausstellen wird, sollte ich dann erst später erfahren.

Und das sich bei Chris auch noch was Gutes ereignet hat werde ich auch erst um einiges später von meiner Mutter erfahren wenn ich wieder richtig bei Sinnen bin und wieder klar denken kann.

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