60. Kapitel

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Sicht Lea:

Das war so ein Schock für mich heute Nacht mit ansehen zu müssen wie Chris reanimiert werden musste und er einige lange Minuten weg gewesen zu sein schien. Am schlimmsten war es nicht zu wissen ob er es schafft oder nicht wenn urplötzlich sämtliche Schalousien im Zimmer geschlossen werden damit man den Anblick nicht ertragen muss, damit man nicht mit ansehen muss wie gezielt Strom in seinen Körper gejagt wird um das Herz wieder in Gang zu setzen.

Das kann keiner verstehen der das nicht mitmachen musste. Der einzigste der mich verstehen kann ist Andreas. Er weiß wie es ist wenn es einem das Herz zerreißt und man ihm dabei nicht helfen kann, weil es nicht in seiner sondern in fremden Händen liegt. Ich kann jetzt nur in den Gedanken für ihn da sein und hoffen das er einen starken Willen hat zu überleben, vor allem wenn man gesagt bekommt wie die Chancen stehen können.

Ein gutes hatte es, ich wusste es sofort ob er eine Chance hat oder nicht, denn Werner hat uns mitten in der Nacht zu ihm geführt. Ich sollte bei ihm sein um ihm Kraft zu geben. Ich hoffe nur das er mich wahr nimmt. Meine Berührung meine Nähe. Gut 30 Minuten später konnte ich endlich zu ihm und mich an sein Bett setzen. Sein Herz schlägt wieder und das war mir das wichtigste grade im Augenblick. Die kleine beruhigte sich auch wieder und gönnte mir jetzt auch etwas trittfreie Zeit in ihrem Zimmer. Ich nahm seine Hand und war nur für ihn da.

Andreas hatte ich inzwischen wieder nach Hause geschickt. Es durfte eh nur einer bei ihm sein und ich wollte ihn nicht alleine lassen. Andreas war genau so fertig aber er vertraute mir das ich weiß was ich tue. Er wusste das er mich eh nicht hier weg kriegen würde und so ließ er mich schweren Herzens zurück und fuhr nach Hause.

Ich bin mir sicher das es Andreas nicht lange aushalten wird und er zeitig in den frühen Morgenstunden wieder hier sein wird. Auch Elise wird sicher mitkommen wenn sie von den Zwischenfällen heute Nacht erfahren hat. Er wird es sie sicher schon wissen lassen. Wenn es Andreas nicht gemacht hat dann mit Sicherheit Teresa.

Die Schwester hatte mir eine Decke gebracht das ich nicht friere grade auch deswegen das ich nicht auskühle. Auch die Ärzte und Schwestern wussten das ich bei ihm bleiben werde. Ich bin irgendwann in der Nacht dann doch an seinem Bett eingeschlafen und fing an zu träumen. Ich sah die schönen Momente die ich mit Chris bisher hatte. Unsere Hochzeit gab mir gefühlsmäßig gerade die Kraft die ich brauchte um durchzuhalten bis Chris hoffentlich wieder zu Bewusstsein kommen wird. Wie lange es dauern wird liegt an ihm selbst und ich hoffe das es bald sein wird.

Ich wurde am Morgen wach weil ich Stimmen im Zimmer hörte. Es wurden seine Werte kontrolliert die nicht so schlecht waren und auf einen sehr festen Tiefschlaf hinwiesen. Ich machte die Decke runter von mir und ging mich frisch machen und in der Cafeteria was essen. Als ich zurück kam saß Elise bei ihm und Andreas nahm mich vor dem Zimmer in Empfang und nahm mich fest in den Arm. Er sah mir an das ich eine harte Nacht hatte und mir während dessen sehr viele Gedanken durch den Kopf schossen. Andreas fiel es auch schwer jetzt nicht bei Chris sein zu können doch er wusste auch das er jetzt seine Mutter braucht. Ich hoffte das sie auch mit ihm spricht und ihm den Weg zurück weisen würde. Doch ihr würde es nicht gelingen. So sah es jedenfalls danach aus.

Auch Andreas ging danach noch zu ihm. Der letzte Tourtermin musste eh abgesagt werden und Andreas erzählte mir das alles geklärt wäre. Ob er was von dem Unfall gesagt hatte weiß ich nicht. Ich hoffe nur das es nicht wieder so eine riesen Medienwelle machen wird. Er muss wieder zu Kräften kommen und sein Herz wieder fit werden. Das braucht allerdings Zeit. Er kriegt Medikamente dagegen das sein Herz wieder in seinen normalen Rhythmus findet. Auch Elise kam nach einer Weile wieder nach draußen weil sie merkte das ich unruhig wurde und Andreas auch. Er wollte auch zu ihm. Das merkte ich. Ich hoffte das er vielleicht zu ihm durchdringen könnte. Ich überlegte wie ich vor dem Fenster in das Zimmer sah ob es vielleicht eine andere Möglichkeit geben könnte ihn wach zu rütteln.

Die Stunden vergingen und die Besuchszeit für heute war vorbei. Heute sollte ich nach Hause gehen und mich mal zu Hause ausschlafen denn ich brauchte auch mal dringend Ruhe. Heute Nacht wird Andreas bei ihm bleiben und Wache halten. Das heißt natürlich nicht das wir den Ärzten nicht vertrauen, sondern das Chris soll spüren das immer jemand von uns in seiner Nähe ist sollte er aufwachen.

Die nächsten Tagen vergingen und wir besuchten ihn immer im Wechsel. Ich ging heute Nacht wie die letzten Nächte mit Musik in den Ohren ins Bett. Wieder schossen mir zich Gedanken in den Kopf. Immer wieder quälende Gedanken. Die schlimme Gerichtsverhandlung und die unzähligen Krankenhausaufenthalte in den letzten Jahren. Auch Conners Beerdigung spielte sich wieder wie ein Film vor mir ab und wie Chris darunter gelitten hatte. Jedes mal lag er hilflos in so einem Zustand in so einem Bett. Ich liebe Chris und werde es immer tun. In guten wie in schlechten Zeiten.

Plötzlich hatte ich eine Idee. Ich konnte zu Chris mit Musik bisher immer durchdringen. Ich werde das morgen auf jeden Fall mal versuchen. Seit seinem Herzstillstand sind jetzt fast 6 Tage um. Er hat wieder normale Werte, jetzt muss er nur noch zu sich kommen. Ich machte mir meinen iPod fertig und hängte ihn heute Nacht noch ans Kabel das er auch vollkommen geladen ist.

Nach der unruhigen Nacht heute ging ich wie, sonst auch Andreas, früh zu ihm und tauschte mit Andreas. Ich hatte mit Dr.Klinge vorher schon abgesprochen das ich das mit der Musik ausprobieren kann und wechselte mit Andreas.

Ich legte mich vorsichtig zu ihm ins Bett so das mein Bauch ihn berührte. Ich steckte ihm die Stöpsel vorsichtig in die Ohren, stellte die Musik an und schloss in seinem Arm die Augen. Ich hatte ein bestimmtes Lied angestellt was uns beiden sehr viel bedeutet hatte und was in ihm, wenn er reagiert sehr viele Gefühle auslösen würde. Ich wusste das ihn dieses Lied aus der Reserve locken würde, denn er hatte Conners Tod noch nicht verarbeiten können und dieses Lied war unsere Art zusammen zu halten und das gemeinsam zu schaffen. Ich hatte das Lied bei der Beerdigung von Conner mit Anne am Klavier in Begleitung für Chris gesungen. Deshalb bedeutet uns dieser Song ,,Der letzte Weg" von Kerstin Ott auch so viel. Ich schlief ein. Ich fühlte mich grade so geborgen und sicher in seinen Armen und wieder wurde einmal mehr klar wie sehr mich das alles auch körperlich geschafft und erschöpft hat. Ich dachte an nichts und blieb ruhig liegen. Er atmete ruhig und gleichmäßig und auch die Herzrhythmusstörungen waren wirklich nur vorübergehend. Er hatte wieder einen normalen Herzschlag und darüber war ich sehr sehr froh. Jetzt brauchte ich nur noch die Bestätigung von Dr.Klinge das es so bleibt auch wenn er wieder wach ist.

Ich schaltete den Kopf ab und ließ mich von meinen Gefühlen leiten. Ich hatte die Lieder auf Dauerschleife gestellt bis ich irgendwann wach wurde weil ich einen leichten Schlag an meinem Bauch spürte, aber es war nicht unangenehm sondern eher vertraut. Ich öffnete meine Augen und sah in Chris seine Augen. Und schaute irritiert auf meinen Bauch. Chris war tatsächlich wach und hatte seine Hand auf meinen Bauch gelegt. Die Stöpsel lagen neben ihm und er hatte Tränen in Augen. Da war mir klar das ich ihn erreicht und wach gekriegt habe. Jetzt musste ich mich erst mal sammeln. Und setzte mich auf. Chris ließ mich aufstehen und ich setzte mich wieder neben ihn auf den Stuhl. Auch den Ärzten war es nicht entgangen das Chris wach war und keine 5 Minuten später standen die Ärzte hier im Zimmer. Chris konnte sich ja nicht bewegen weil er die Beatmungsgeräte noch im Hals hatte. So machte er sich eben anders bemerkbar. Ein gezielten Ruck später waren die auch raus. Chris holte einmal tief Luft und nahm mich in den Arm. Ich hatte ihn endlich wieder.

Und Andreas stand draußen vor dem Zimmer und beobachtete alles ganz genau. Auch wenn er nicht zu ihm rein kann war er doch für ihn da und bei ihm. Das spürte und wusste auch Chris was ein gezielter Blick und ein Winken von ihm zu den Fenstern verriet. Er wusste das Andreas dort steht. Wir sahen beide wie erleichtert er durchatmete und vor Freude auch ein paar Tränen verdrückte genauso wie ich. Jetzt muss er nur noch auf die Beine kommen und wieder fit werden, denn die kleine wird sich nicht mehr als so viel Zeit lassen um das Licht der Welt zu erblicken und das wollte Chris auf keinen Fall verpassen.

Wem gehört mein Herz? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt