9.Kapitel

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Sicht Lea:

Das war ein merkwürdiges Gefühl als Angelina plötzlich anfing vor dem Zimmer zu brüllen, als ob sie etwas gespürt hatte. Sie kann sich ja als Baby nicht anders äußern als zu schreien. Es sah im ersten Augenblick von außen so aus wie eins von vielen Zimmern, aber meins und das Gefühl meiner Tochter sagten mir das ich näher ran gehen und rein schauen sollte. Dadurch das sie sich nicht beruhigte holte ich sie aus ihrer Schale raus so das sie auch mit durch die Scheibe sehen konnte, als ob sie schon verstand was hier grade passierte. Sie beruhigte sich dann auch tatsächlich, als ob es ihr auch die Sicherheit gab ihren Papa zu sehen, auch wenn sie nicht zu ihm konnte. Er war auch hier nicht bei Bewusstsein, da hatte sich also nichts geändert.

Kinder haben manchmal ein ganz anderes Gespür wie wir erwachsenen. Vielleicht konnte sie ihn auch spüren oder hat von Werner wie wir alle unbewusste Tipps bekommen. Ich weiß es nicht. Es machte mir Angst wie ich Chris da sah. Er hatte ja in Herford schon zich Kabel an sich aber das konnte ich grade nicht in Worte packen was ich da sehen musste. Ich war wie erstarrt und konnte mich nicht bewegen bis mir die Tränen anfingen zu laufen und ich nur noch Andreas seine Arme um mich rum spürte, weil er das dann auch mitbekommen hatte und mir Halt geben wollte. Ich war aber trotzdem total durch den Wind. Sanft und mit Bedacht führte er mich weiter und weg von Chris, denn der Pfleger und auch Andreas hatten den Arzt in der Bürotür stehen und auf uns warten gesehen.

Ich hatte zumindest jetzt schon mal die Bestätigung das er noch lebt und das beruhigte uns für den ersten Moment und widerlegte unser Gefühl das er den Flug hier her nicht überlebt haben könnte. Das es aber sehr knapp war als er hier ankam sollten wir gleich vom Arzt erfahren. Auch das man Andreas gleich zur Ader lassen wird, darauf wird er nicht vorbereitet sein und gleich den nächsten Schrecken kriegen wenn er erfährt warum.

Als wir bei ihm ankamen hatte der Arzt grade den jungen Pfleger zusammengefaltet. Er dachte das er uns die Zimmernummer verraten hatte, was aber nicht so war. Wir hörten das alles, was hinter dieser Tür gesagt wurde, dass alles was sich hinter Chris Tür abspielt bis auf uns für die Familie geheim bleiben muss und nur ein Austausch durch den Arzt stattfinden soll. Er war so nett zu uns und er schien wirklich keine Ahnung zu haben wen er da vor sich hat. Wir wollen das aber gleich noch aufklären das uns keiner das Zimmer verraten hatte und wir es so raus bekommen hatten, als wäre Magie im Spiel oder sogar eine beschützende helfende höhere Macht, was nicht jeder so verstehen kann, weil dessen Geist nicht offen genug dafür ist. War das vielleicht der Grund warum wir seit Chris ,,Unfall" auf dem Schiff alle Werners Gegenwart wahrnehmen konnten? Weil wir verzweifelt einen Strohhalm der Hoffnung gesucht haben und uns für neues geöffnet hatten? Andreas und Chris waren dafür seit dem Tod ihres Vaters noch offener und schon immer besonders emphatisch auf einer Ebene verbunden.

Es fiel mir schwer mich von Chris abzuwenden und weiter zu gehen. Am liebsten wäre ich sofort zu ihm rein, aber dass das nicht so einfach ist sollten wir gleich im Gespräch mit dem Arzt erfahren. Wir gingen also rein, setzten uns und der Arzt schloss hinter uns die Tür.

Meine Tochter hatte ich jetzt von Elise wieder auf den Schoß bekommen. Ich sah grade in ihre Augen die mich ansahen. Es war als ob ich in Chris Wärme ausstrahlenden Augen sah. Sie lachte mich an und mir liefen die Tränen. Ich war grade so emotional überrumpelt und konnte nichts dagegen tun, als mich meinen Gefühlen hinzugeben.

Andreas schubste mich leicht von der Seite an und ich sah nach oben.

Dr.Schenk:
Ich möchte mich Ihnen gern vorstellen. Ich bin Dr.Schenk und werde Herrn Reinelt hier behandeln so lange er hier ist.
Andreas:
Das sind meine Mutter, seine Frau Lea mit seiner Tochter Angelina und ich bin sein Bruder Andreas.
Dr.Schenk:
Ich kenne Sie beide als Ehrlich Brothers. Ich war schon bei ihnen in der Show hier in Berlin. Sie aber mal privat hier zu haben hat mich überrascht und vor allem der sehr schlechte Zustand von ihrem Bruder. Er ist für die Herz-Op hier angemeldet, es kommt jetzt nur noch auf die Familie der Spenderin darauf an, wann das sein wird. Das kann morgen sein oder in einer Woche. Wir haben die Vorbereitungen schon getroffen das es sofort los gehen kann sowie die Entscheidung gefallen ist, das Organ frei zu geben.
Ich habe in der Behandlungsakte gelesen das Sie die gleiche Blutgruppe wie ihr Bruder haben. Ich würde Sie bitten wenn Sie können zu spenden. Das wäre für die Op sehr wichtig. Wir brauchen so viel wie möglich in den nächsten 48 Stunden. Es steht auch drin das Sie schon mal gespendet haben und der Kreislauf danach etwas problematisch war, wenn das wieder so sein sollte, würde ich Sie so lange auch stationär aufnehmen lassen. Nur Wenn Sie bereit dazu sind natürlich.
Andreas:
Klar bin ich bereit. Ich tue alles für meinen Bruder, aber warum sind wir nicht benachrichtigt worden das er gut angekommen ist?. Wir waren ziemlich nervös, ob er heile hier angekommen ist.
Dr.Schenk:
Der Flug ist nicht ganz reibungslos verlaufen. Er hatte wieder mit seinem Kreislauf Probleme und hatte zwischendurch Herzaussetzer gegen die wir gegensteuern mussten. Die Erstversorgung war erst mal wichtig damit die konstante Behandlung laufen kann. Wir wussten ja das Sie auf dem Weg sind.
Andreas:
Was heißt das jetzt genau?
Dr.Schenk:
Wir haben den Tubus neu setzen müssen und haben dafür die alte Narbe reaktiviert. Weiterhin hängt er jetzt an der Dialyse um das Blut im gleichmäßigen Fluss zu halten und zu reinigen weil wir für die OP die Blutverdünner absetzen müssen. Sonst würde er während der OP verbluten. Er darf jetzt keine Infektionen mehr bekommen, sonst wäre die OP in Gefahr und das Leben ihres Bruders auch. Das er im Koma liegt erschwert die Situation natürlich noch zusätzlich und zeigt wie ernst sein Zustand wirklich ist. Jetzt können wir nur abwarten und beten.
Andreas:
Das tut weh ihn so zu sehen und nicht zu wissen ob er den nächsten Tag noch überlebt. Die Vorgeschichte müssten Sie dann ja auch kennen wenn Sie die Medien über uns verfolgt haben.
Dr.Schenk:
Ja das habe ich mitbekommen, was Sie alles mitmachen mussten, aber ich gehe stark davon aus das wir ihn bald operieren können und es dann bergauf gehen wird. Die Voraussetzungen sind gut, die Werte der Spenderin sind gut und die Übereinstimmung ist nahezu perfekt.
Andreas:
Das wäre zu schön um wahr zu sein. Dürfen wir mit der Familie mal telefonieren und um eine baldige Entscheidung bitten? Vielleicht sollten sie erfahren das Chris auch frischer Familenvater ist und er seine Tochter aufwachsen sehen möchte. Er ist noch jung und sollte alle Chancen haben alt werden zu dürfen.
Ich weiß wie es ist ein Kind gehen lassen zu müssen. Ich habe meinen Neffen zum Grab getragen weil Chris es nicht gekonnt hätte und er ist noch mitten in seiner Trauer um seinen Sohn. Ich bin selber Vater und würde mich mit so einer Entscheidung genau so schwer tun. Ich kann die Eltern verstehen, aber meinem Bruder rennt die Zeit davon.
Dr.Schenk:
Das wird wohl nicht klappen das Sie telefonieren können, aber wir werden noch mal das Gespräch suchen.
Lea:
Dürfen wir zu ihm?
Dr.Schenk:
Ja, aber nur einzeln und mit Schutzkleidung und nicht zu lange. Es tut mir leid, aber es kann alles gut werden, wenn man nur daran glaubt. Das wissen Sie doch selbst am besten.
Lea:
Danke und nehmen Sie den jungen Pfleger nicht zu hart ran. Er hat nichts verraten. Meine Tochter hat ihn gefunden und das war gut so, auch wenn es weh tut ihn so hilflos da liegen zu sehen und das nur, weil er in sehr hoher Überdosis mit K.O Tropfen betäubt worden ist und sein Herz von den Folgen zerstört worden ist.

Wem gehört mein Herz? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt