Kapitel 3

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»Was soll ich denn machen?«

Ich hab' doch bereits gesagt, dass ich sie liebe – das scheint ihr dann wohl nicht zu reichen. Was will sie dann noch? Beim Überlegen versuche ich das ungute Gefühl und die leise Vorahnung zu verdrängen.

Nein, das würde sie mir nicht antun.

Daraufhin kommt sie näher und drückt sich gefährlich nah an mich. Ich spüre ihre Oberweite an meinem Körper und fühle, wie die Hitze in meinen Kopf schießt, doch ich schiebe jegliche perversen Gedanken zur Seite. Ich würde meinem Verlangen auf gar keinen Fall die Oberhand gewinnen lassen. Nicht in diesem Moment, denn genau das möchte Stephanie scheinbar nur zu gerne provozieren.

Sie legt ihre Arme um mich und steuert vollkommen bewusst auf mein eines Ohr zu. »Hab Sex mit mir«, haucht sie mir in dieses. Ich erröte. Verdammt, was hat sich Gott nur dabei gedacht, meine Ohren so sensibel herzurichten!? Wobei das eigentlich auch keine Rolle spielt, denn hätte ich eine andere Schwachstelle, würde das Biest vor mir auch diese schamlos für ihre Zwecke missbrauchen. Aber Sex haben? Das ist schon ziemlich viel verlangt. Immerhin hab' ich ihr vor nicht mehr als fünf Minuten erst gesagt, dass ich es nicht wolle.

»Ich-«, beginne ich unsicher, doch es wird mir ohnehin vergönnt, weiterzureden.

»Hast du schon unsere Abmachung vergessen? Anna, ich bitte dich nicht darum, ich verlange es von dir«, flüstert sie mir mit zarter Stimme ins Ohr und fängt dann an, an diesem zu knabbern. Ich schrecke kurz auf und ein unangenehmes Kribbeln durchfährt meinen gesamten Körper. Verdammt, ich will diese blöden sensiblen Ohren dringend loswerden!

Dann entfernt sie sich plötzlich ein Stück von mir und ich starre in ihre grünen Augen hinein, in denen ich stets die Natur in all ihren Facetten und gerade in ihrem kräftigen, lebendigen Grün sehe – die Freiheit erkenne. Allerdings gewährt dieses Mädchen sie mir gerade so gar nicht. Sie blickt mir eindringlich in die Augen und ich befürchte fast schon, sie würde in mein Herz schauen und dabei all meine Gefühle entdecken, die ich gerade verzweifelt zu unterdrücken versuche. Eine falsche Bewegung, ein falscher Gedanke – und schon würde ich mich ohne ein Zurück gnadenlos an Stephanie vergreifen. Das will ich so gern verhindern, aber sie macht es mir außerordentlich schwer.

»Willst du mich nicht? Ist dir der Gedanke, es mit mir zu machen, so zuwider?«, fragte sie in einem absichtlich traurigen Ton und auch in ihren Augen spiegelt sich die Trauer wider. Plötzlich erscheint mir die Natur in ihrem Augenpaar voller Kälte bepackt und von Qual gepeinigt.

Ich werde das hier wirklich nicht unbeschadet überstehen.

Verdammt, und wie ich sie will! Nur ist das hier gerade wirklich nicht der richtige Weg. Wage ich diesen Schritt, werde ich nie mehr zurückkönnen. Ich werde auf ewig abhängig von ihr sein – als wäre sie eine Droge. Und ich weiß, dass Stephanie genau das erreichen will.

Sie will wohl wirklich bezwecken, dass ich voll und ganz ihr gehöre, wie es der Deal vorschreibt.

Ich antworte nicht. Es wäre fatal. Selbst wenn ich lügen würde, würde meine Stimme mich verraten. Es würde Stephanie verletzen, aber ich kann ihr die Genugtuung nicht geben – nicht jetzt. Ich will mich nicht selbst in jemanden verlieren, der mich nicht als Liebhaber wertschätzen kann. Das würde mich zerstören.

Daher will ich nichts davon wissen. Ich will ihr Stöhnen nicht hören. Ich will ihrer Stimme nicht lauschen. Ich will sie nicht so verletzbar vor mir sehen. Ich will ihren nackten Körper nicht berühren. Ich will ihre Wärme nicht spüren. Ich will ihren Duft nicht auffangen. Ich will mich ihr einfach nicht völlig hingeben – ganz einfach, weil es dann nie mehr ein Zurück für mich geben würde. Ich würde dieses Gefühl nie mehr missen wollen.

Sie kneift die Augen zusammen. Ich scheine sie wütend gemacht zu haben – oder zumindest mal ihr Ego angegriffen zu haben. Ich hätte jetzt erwartet, dass sie sich verletzt zurückziehen würde und dass wir die Streitigkeiten im Laufe des Tages klären würden, aber nein, Stephanie war schon immer für eine Überraschung zu haben. Stattdessen presst sie ihren Körper gegen meinen und zwingt mich, ihr ins Gesicht zu blicken, indem sie mein Kinn mit zwei Fingern berührt und hochdrückt. Ich könnte mich immer wieder in ihren Augen verlieren, doch dieses Mal muss ich meine Gefühle unter Kontrolle behalten.

Dann legt sie ihre Lippen auf meine und die Küsse werden immer inniger – immer leidenschaftlicher. Sie raubt mir jeden Atem und ich komme gedanklich kaum hinterher. Dabei sind wir gerade wirklich erst mal nur beim Küssen.

Ihre rechte Hand wandert unter mein Shirt – unter meinen BH. Ihre Lippen wandern zu meinem Hals und liebkosen ihn. Ich unterdrücke ein Stöhnen. Nein, ich darf mich nicht gehen lassen. Und doch wird mir erst jetzt wieder meine Machtlosigkeit ihr gegenüber bewusst. Ich kann sie ja nicht einmal einfach wegstoßen und gehen. Ich weiß, dass mein Körper nach ihr ächzt, aber mein Verstand ratet mir dringend davon ab, mich ihr zu überlassen.

Ich falle zurück, doch kann mich noch mit meinen Unterarmen abfangen, bevor ich auf den Boden gekracht wäre. Kommt es mir nur so vor oder ist der Boden eiskalt? Oder ist mir einfach nur unglaublich warm? Was ist eigentlich mit Stephanies Eltern? Könnten sie nicht jederzeit hier hereinplatzen? Ich muss rational denken und mir einen Plan ausdenken, um zu entkommen, solange ich noch klar denken kann, denn ich denke nicht, dass mir das noch lange möglich sein wird. Okay, eigentlich ist es mir schon gar nicht mehr möglich.

Ach, mir reicht's.

Ich greife zärtlich nach ihrem rechten Handgelenk, damit sie stoppt, und lasse sie dadurch verwirrt aufblicken. Diesen Moment nutze ich und küsse sie ungefragt. Meine Zunge gleitet in ihren Mund und ich lasse meine Hände auf Erkundungstour gehen. Für mich gibt es hier kein Richtig oder Falsch. Ich weiß einfach, was zu tun ist und was sie will, das würde ich jetzt wohl spielerisch herausfinden müssen.

Sobald sie sich von mir löst, um Luft zu schnappen, stoße ich sie sachte zu Boden und nun befinde ich mich auf allen Vieren über ihr – ein Bein zwischen den ihren. »Also willst du es am Ende doch.« Sie grinst verführerisch, doch ich gehe nicht darauf ein. Stattdessen ziehe ich ihr Top samt BH hoch und umfasse die eine Brust, die ich dann zu umspielen beginne, während sie zugleich ihre Arme um meinen Hals legt. Ihr Stöhnen verrät mir, dass ich getrost so weitermachen kann.

Ob ich es will? Natürlich will ich es. Ich wollte es von Anfang an. Aber ich weiß eben, was gut für mich ist und was mich töten würde und hätte ich sie mich weiter bearbeiten lassen, hätte mich das auf jeden Fall getötet. Es ist einfach das geringere Übel, wenn ich Stephanie hingegen glücklich stimmen würde. Vielleicht könnte ich mich danach immer noch beherrschen. Wenn nicht, sollte mir das auch egal sein. Für einen Rückzieher ist es ohnehin schon längst zu spät.

Never Be MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt