Kapitel 65

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[Stephanie:]

»Willst du wirklich nicht bleiben? Ich denke nicht, dass Dad etwas dagegen hätte«, erwidere ich, als sich Anna bereits ihre Jacke und darauf ihre Schuhe anzieht.

»Nop, habt ihr lieber Spaß unter euch als Familie. Da will ich nicht wirklich im Weg stehen«, jetzt richtet sie sich wieder auf, »Ich treffe mich sowieso jetzt mit meiner Mutter. Wir müssen noch über den Kerl und eine neue Wohnung reden.« Bei der Erwähnung ihres Vaters wirkt sie verletzt, dass es mir beinahe das Herz bricht, doch ich ignoriere es absichtlich. Würde ich sie jetzt darauf ansprechen, würde ich nur erreichen, dass Anna darunter leidet. Schließlich scheint sie sich noch nicht damit abgefunden zu haben, was passiert ist und wie die Umstände nun sind.

›Es ist doch auch erst eine Nacht vergangen. Was erwartest du von ihr?‹, scheltet mich meine innere Stimme.

Eigentlich weiß ich sogar nicht, was ich von ihr erwarte. Sie könnte in jeglicher Weise reagieren und ich könnte sie verstehen. Gerade Anna hätte bestimmt immer einen Grund, wenn sie jemanden hasserfüllt entgegentreten würde – besonders diesem Mann gegenüber.

Ich seufze. »Na gut«, gebe ich schulterzuckend nach, »Pass nur auf dich auf, ja?«

Sie lacht. »Seh' ich etwa für dich wie ein kleines Kind aus, um das man sich solche Sorgen zu machen bräuchte?« Dann nähert sie sich mir, legt ihre Hand an meine Wange und drückt mir einen Kuss auf den Mund. »Bis später, Steph.«

Ehe ich reagieren kann, klingelt es an der Tür und sofort stürme ich zu dieser, um sie zu öffnen. Auf meinem Gesicht lässt sich ein warmes Lächeln nieder, sobald ich Elisa vor mir erblicken kann. »Du bist wirklich gekommen, Eli!«

Sie schnippst mir gegen die Stirn, während ein sanftes Lächeln auf ihrem Gesicht haust. »Idiot, ich hab' dir doch gesagt, dass ich es für dich tun würde«, jetzt scheint sie Anna zu bemerken, »Hi«, dann richtet sie ihren Blick abwechselnd auf Anna und mich, ehe ein breites Grinsen entsteht, »Scheint ja alles gutgegangen zu sein – so zwischen euch beiden.«

Wie auf Kommando laufen sowohl Anna als auch ich rot an, doch ich räuspere mich, um meine Verlegenheit zu überspielen. »Ich glaube, du solltest jetzt wirklich gehen, Anna. Deine Mutter wartet bestimmt schon.«

»Klar, bis später«, verabschiedet sie sich knapp und verschwindet schnell. Ihr ist die Situation mindestens genauso unangenehm wie mir. Ich bin es einfach nicht gewohnt, von Außenstehenden konkret darauf angesprochen zu werden, dass wir zusammen sind – insbesondere nicht von jemandem, den ich schon seit Ewigkeiten kenne.

›Ha!‹, meine innere Stimme lacht hämisch, ›Seit wann bist du denn so empfindlich gegenüber diesem Thema geworden?‹

Es ist nicht einmal so, als würde ich es selbst verstehen. Natürlich. Mit unzähligen Jungs hatte ich schon Beziehungen am Laufen und sie offenkundig zu verkünden oder damit konfrontiert zu werden, hat mir nie sonderlich große Schwierigkeiten bereitet. Sogar zu sagen, dass ich es mit ihnen getrieben habe, hat mir nichts ausgemacht. Da gibt es aber auch einen großen Unterschied: Auf diese Jungs stand ich nie.

»Und?«, will sich Elisa erkunden, »Willst du mir nicht langsam alles erzählen? Wie kommt es, dass Anna heute bei dir ist, jetzt aber wieder verschwindet, nur um später wiederzukommen? Jeder andere würde sich einfach an anderen Tagen mit der Freundin treffen.« Unterdessen entledigt sie sich sowohl ihrer Schuhe als auch ihrer Jacke.

Ich hingegen nehme ihre Jacke entgegen, um sie an dem Kleiderhaken zu deponieren. »Weil sie gerade Streit mit ihrem Vater hat und es schlauer ist, die beiden voneinander zu trennen. Deshalb wohnt sie zurzeit hier.«

»Hmm?«, ein Grinsen umspielt ihre Lippen, das mir ganz und gar nicht gefällt, »Natürlich zum perfekten Zeitpunkt, sobald ihr endlich zusammen seid, was? So ein Glück muss man erst einmal haben.«

Never Be MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt