Kapitel 62

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[Stephanie:]

»Was hast du gesagt?«, entfährt es mir und ich schaue sie mit geweiteten Augen an. Ist das ihr Ernst? Meint sie das wirklich ernst?

Ich glaube, ich träume.

»Na, wie ich es eben gesagt habe: Ich werde dir nicht erlauben, das Weite zu suchen. Du sollst an meiner Seite bleiben und alles wiedergutmachen – angefangen beim Vertrauen. Steph, versprich mir, dass du von nun an immer ehrlich zu mir sein wirst, okay? Ich will dir wieder vertrauen können.« Bei ihren Worten wird mir warm ums Herz und als sie mich endlich wieder bei meinem Spitznamen genannt hat, kann ich nicht anders, als glücklich vor mich hin zu grinsen.

›Dabei hast du erst ein paar Stunden zuvor noch ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter gezogen.‹

Ja, und das sah vermutlich all die Zeit unheimlich erbärmlich aus.

»Keine Lügen mehr – versprochen«, erwidere ich wie automatisch und wundere mich erst im nächsten Moment darüber, nicht über meine Worte nachgedacht zu haben – auch darüber, ob ich es überhaupt könnte. Dann findet mein Blick den ihren und ihre eiskalten, blauen Augen erscheinen mir wie so oft furchtbar warmherzig. Ich ziehe lächelnd die Augenbrauen zusammen. »Ich weiß, du hörst das überhaupt nicht gerne, aber ich liebe deine Augen einfach. Ganz anders als dein Vater gibst du ihnen eine warme, freundliche Note.«

»Ich weiß« erwidert sie lächelnd und küsst mich daraufhin erneut, ohne mir nur die Zeit zu lassen, auf ihre Antwort zu reagieren.

Sie weiß das schon? Woher? Dann schießt mir Annas Mutter durch den Kopf und die Fragen legen sich. Ja natürlich, diese Petze.

»Wie kommt es plötzlich, dass du so oft gerade die Initiative ergreifst?«, frage ich mit gerunzelter Stirn. Die Anna, die ich kenne, würde sich das nicht trauen. Eigentlich sollte ich hier offensiv sein.

»Weil wir jetzt zusammen sind?«, ein freches Grinsen haust auf ihrem Gesicht, während mein Herz bei ihren Worten zu rasen beginnt, »Du bist aber auch selbst schuld, wenn du zurzeit so zurückhaltend bist. Du verhältst dich ja selbst nicht so, wie du es sonst immer tun würdest«, ihre Gesichtszüge werden sanfter, »Außerdem hab' ich schon Ewigkeiten auf diesen Moment gewartet. Gönn mir die Freude doch noch ein bisschen länger, okay?«

Ich öffne bereits meinen Mund und möchte zum Sprechen ansetzen, als Annas Bauch grummelt. Daraufhin schaut sie verlegen zu Boden, während ich in schallendes Gelächter ausbreche. Was ist das denn nur für ein schlechtes Timing?

Nachdem ich mich wieder – nach gefühlten Jahrzehnten – einigermaßen eingekriegt habe, werfe ich mich um ihren Hals. »Du hättest mich fast gehabt, Anna, wäre dein Bauch nicht gewesen. Scheinbar gefällt es ihm ebenso wenig, dass die Rollen vertauscht sind.«

Sie seufzt lächelnd. »Ja ja, ein Versuch war es zumindest wert. Hin und wieder ist es aber doch mal ganz lustig, oder nicht?«

Ich setze ein provokantes Grinsen auf. »Echt? Wusste gar nicht, dass du jetzt auch noch auf Role-Play-Games stehst«, ich zucke kopfschüttelnd mit den Schultern, »Wenn es dich jedoch natürlich so sehr danach gelüstet, können wir es gerne öfters mal ausprobieren«, die letzten Worte hauche ich ihr leise ins Ohr, »Von mir aus auch im Bett.« Sofort läuft Anna knallrot an, ihr Lächeln verebbt und sie scheint sichtlich überfordert mit der Situation. Daraufhin löse ich mich lachend von ihr und gehe ein paar Schritte zurück, während sich meine Finger hinter meinem Rücken ineinander verflechten. »Das war doch nur Spaß!«

Erneut entfährt Anna ein Seufzer. »Das habe ich wirklich so gar nicht vermisst. Du hättest weiterhin schüchtern und zurückhaltend bleiben sollen.« Dann zieht sie eine Augenbraue hoch und ein sanftes Lächeln der Kapitulation lässt sich auf ihrem Gesicht nieder.

Never Be MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt