Kapitel 40

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Stephanie und ich gehen bis hinter die Schule – der Unterricht ist schon vergessen.

»Ich verbiete dir, dass du noch weiterhin Kontakt zu ihm hast«, schießt sie geradewegs heraus, sobald wir unter uns sind. Mir bleibt der Mund offenstehen. Das kann doch nicht ihr Ernst sein.

»Das werde ich nicht tun«, widerspreche ich sofort. Ich kämpfe meinen inneren Zorn nieder, denn das würde bei Stephanie rein gar nichts bringen. Was ist denn überhaupt los? Am Samstag legt sie noch während des Gesprächs abrupt auf und jetzt will sie mir den Kontakt zu irgendjemandem verbieten? Sie hat diesen Deal in diesem einen halben Jahr noch nie für solche schwerwiegendere Angelegenheiten benutzt. Das sieht ihr einfach nicht ähnlich.

»Und der Deal?«, erinnert sie mich. Dabei habe ich ihn nicht vergessen, doch trotzdem werde ich mich nicht so behandeln lassen. Ich bin nicht ihr Eigentum und Mark nicht ihre Spielfigur, die nach ihren Regeln spielen würde. Würde ich den Kontakt abbrechen und Mark würde die Wahrheit herausfinden – was nicht allzu schwer sein sollte –, würde er zumindest mal einen Streit mit Stephanie anfangen und das kann ich nicht erlauben. Ich will nicht, dass sich zwei Menschen, die mir viel bedeuten, bekriegen.

»Ich scheiß auf den Deal, Steph. Du kannst mit mir machen, was du willst, aber ich werde nicht zulassen, dass du mir den Kontakt mit anderen Menschen verbietest. Sorry, aber ich kann kein Leben in Isolation und Abgeschiedenheit verbringen.« Ich verstehe es einfach nicht. Sie würde doch sonst nicht so reagieren. Sie würde sonst niemals so weit gehen. »Was ist denn überhaupt in dich gefahren? Du würdest doch sonst nicht so bei Mark reagieren. Ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst, aber du musst es nicht gleich übertreiben. Wenn was sein sollte, kannst du immer mit mir reden! Man kann es klären – auch mit Worten!«

Stephanie hingegen ignoriert meine Worte einfach und fährt, in ihrer eigenen Gedankenwelt versunken, fort: »Also war's das? Willst du alles über Bord werfen – wegen dieses Jungen? Bedeutet er dir so viel, dass dir sogar unsere Abmachung egal ist?« In ihrer Stimme schwingen der Vorwurf und die Trauer gleichermaßen mit, doch ich werde deshalb nicht nachgeben – nicht dieses Mal.

Es regt mich einfach auf, wie sie sich gerade benimmt. Was hat sie eigentlich für ein Problem? Noch dazu: Was sollte das überhaupt am Samstag? Ich fange wirklich an, sie langsam gar nicht mehr zu verstehen. Stattdessen wird sie für mich immer mehr zu einem großen Mysterium.

»Dann werde ich eine letzte Sache durch die Abmachung bestimmen: Ich will sie beenden. Wenn ich wegen ihr andere Menschen verletzen muss, will ich sie nicht. Und ja, er bedeutet mir viel. Er würde mich nämlich niemals dazu zwingen, mit anderen Leuten den Kontakt abzubrechen, ohne mir nur einen einzigen triftigen Grund zu nennen.« Ich versuche wirklich mit aller Kraft sachlich und ruhig zu klingen, selbst wenn mein Inneres gerade vor Zorn und Unverständnis auflodert.

»Gut, dann nimm ihn doch, aber damit hast du mich verloren. Scheinbar stellst du ihn ja nur zu gerne über mich und kommst auch mittlerweile ziemlich gut ohne mich klar. Vergiss aber nur nicht, wer dich nie aufgegeben hat und immer für dich da war«, sie stoppt kurz und schaut weg, »Dann bis nie wieder, Anna. Sobald wir uns wiedersehen, werden wir nichts als Fremde sein.«

Wer mich nie aufgegeben hat? Wer immer für mich da war? Dass ich nicht lache! Sie ist doch an so Einigem Schuld, weshalb es mir mal beschissen ging!

Und trotzdem treffen mich ihre Worte. Ich schaue schockiert auf und suche in ihren Augen nach einem Funken Lüge – vielleicht auch nach einem möglichen Witz. Will sie das wirklich tun? Können wir etwa keine Freunde mehr sein, nur weil wir diese Abmachung nicht mehr haben? Ist das alles, was ich ihr jemals bedeutet habe? Wenn ja, dann tut das gerade echt weh. Bin ich für sie die ganze Zeit auch nur ein Werkzeug gewesen, dass sie wegwerfen kann, sobald es ihr mehr lästig als nützlich wird? Autsch.

Never Be MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt