🔵 27.07.2019 - Tim

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Heute Abend gehen wir mal wieder feiern. Wie immer im Bootshaus, da Jan dort mit seiner Epilepsie keine Probleme mit den Lichtern hat. In der letzten Zeit sind wir eher selten dazu gekommen feiern zu gehen, weil ich oft bis spät abends die Videos schneiden musste. Ich freue mich umso mehr. Gegen 20 Uhr hole ich Jan ab. Und wir fahren gemeinsam zum Club. Dort angekommen gehen wir direkt in den Backstagebereich, wo wir von unseren Freunden begrüßt werden.

Der Abend ist entspannt. Da ich mit Jan bereits abgesprochen habe, dass ich ihn nicht heimfahren werde, kann ich etwas mehr Alkohol trinken. Leicht betrunken, okay das ist etwas untertrieben, ich bin schon ziemlich betrunken, sitze ich an der Bar und lasse meinen Blick über die Menschenmenge schweifen. Ich bleibe an Jan hängen, der in etwas Entfernung mit ein paar Freunden spricht und lacht. Er sieht in diesem Augenblick so unglaublich attraktiv aus, stelle ich fest. Sein Körper und seine Bewegungen. Ich schaffe mich wieder etwas zu fangen. Es liegt alles am Alkohol. Ich würde in meiner Situation wahrscheinlich jeden attraktiv finden. Dann verdichtet sich der Nebel in meinem Gehirn wieder. Jan steht immer noch da, wo er vorher schon stand, bloß diesmal ist so ein seltsamer Schleier um ihn herum. Wo kommt der denn jetzt her? Ich bin verwirrt und kann irgendwie nicht mehr richtig denken. Ich starre immer noch Jan in seiner rosa Wolke an. Plötzlich dreht er sich zu mir um und lächelt mich. Dieses Lächeln ist so wunderschön. Dann kommt er mit einem eher kritischen Blick auf mich zu. Was ist passiert? Er war doch grad noch glücklich? Habe ich irgendwas falsch gemacht? Er kommt immer näher. Je näher er kommt desto leiser wird die Musik. Es ist faszinierend, wie er so die Lautstärke kontrollieren kann. Dann steht er vor mir. Um uns herum nur dieser seltsame rosa Nebel, den ich mir immer noch nicht erklären kann. Aber die anderen Menschen sind jetzt weg. Vielleicht haben sie sich in diesen Nebel aufgelöst. Das wäre ja dann sowas wie Zauberei. Das muss ich umbedingt Jan zeigen, vielleicht schaut er dann wieder glücklich. Ich schaue ihn an und sehe, dass er mit mir redet, aber er spricht so leise. Laut brülle ich ihm entgegen: „Du musst lauter sprechen! Ich kann dich nicht verstehen!" Er schaut nur noch wütender. Ja, wahrscheinlich findet er es auch schade, dass unsere Freunde sich alle in rosa Nebel aufgelöst haben. Ob, sie sich wohl wieder zurückverwandeln. Aber so schlimm ist es doch gar nicht. Wir zwei alleine. Nur Jan und ich.

Das nächste Mal, als ich wieder mein Bewusstsein erlange liege ich auf einer Bank. Ohrenbetäubende Musik läuft und mir ist schlecht. Ich versuche mich aufzurichten. Nach mehreren Anläufen gelingt es mir auch. Langsam realisiere ich, dass ich noch im Bootshaus bin und die Party offensichtlich noch voll am Gange ist. Anhand meiner Kopfschmerzen und meiner Übelkeit, nehme ich an, dass ich wohl einen über den Durst getrunken habe und weggenickt bin. Ich hangle mich an den Tischen entlang zu den Toiletten, wo ich mich übergebe. Danach geht s mir bis auf die Kopfschmerzen wieder einigermaßen gut. Da ich aus einem mir völlig unerklärlichen Grund nicht gerade laufen kann, setze ich mich an die Bar und bestelle mir ein Wasser. Ich wundere mich noch kurz, dass das Wasser irgendwie anders aussieht, bevor ich den Alkohol meine Kehle runterfließen spüre. Glücklicherweise führt mein Drink dazu, dass meine Kopfschmerzen nach lassen. Dann spüre, dass mich jemand antippt. Ich drehe mich um. Jan. Mir fällt wieder dieser seltsame Traum von vorhin ein. Diesmal sehe ich ihn jedoch klar vor mir. „Ist die Schnapsleiche wieder auferstanden? Tim? Ich dachte du schläfst noch dadrüben?" „Tja, ich bin wohl aufgewacht. Was ist denn passiert?" „Du warst vorher schon ziemlich angetrunken bist du immer noch und wolltest mir dann irgendwas sagen, bevor du auf dem Barhocker eingeschlafen bist. Wir haben dich dann auf die Bank gelegt. Ich hätte gedacht, dass du erst morgen wieder aufwachst." „Ich bin halt eine ganz besondere Person", erwidere ich, da ich stolz auf meine Fähigkeit aufzuwachen bin. „aber jetzt bin ich wieder müde. Kannst du mich heimbringen?" „Die Schnapsleiche will wieder sterben! Hier trink!", gehorsam trinke ich das mir hingehaltene Glas leer. Ich sage: „Gisela ist so eine fürsorgliche Person." „Jaja, und wir gehen jetzt heim. Komm halt dich an mir fest Ha verarscht!" Da ich mich gerade an Jan festhalten wollte falle ich gegen die Theke. „Und so witzig!" „Ja, komm einfach ein Schritt vor den anderen!" „Das ist faszinierend, wenn du da bist kann ich gerade laufen. Laufen ist ja eigentlich als ob man die ganze Zeit auf einem Bein springt, bloß man wechselt das Bein nach jedem Sprung" „Hach, da hält sich der kleine Timmy, ja für besonders schlau! Tim lauf einfach weiter!" „Guck selbst Gisela findet mich schlau!", versuche ich mich zu verteidigen.

Draußen schlägt mir die frische Sommernachtsluft entgegen. Sommernachtsluft, was für ein poetisches Wort. „Vielleicht sollte ich Poet werden", sage ich zu Jan neben mir. „Hä, was willst du jetzt mit Poet? Tim du bist betrunken, sonst nichts Und das nicht gerade wenig"

Wir laufen eine Weile nebeneinander her, während Jan mich stützt. Wahrscheinlich sieht es aus wie bei einem alten Ehepaar. Nein, es sieht nicht nur so aus, wir sind ein altes Ehepaar! Ich meine wir kennen uns doch schon so lange, was sollen wir denn sonst sein? Und ich bin wahrscheinlich dement, deswegen kann ich mich nicht an unseren gemeinsamen Jahre erinnern! Ja, da würde alles erklären! Seltsamerweise erreichen wir jetzt schon unser Haus zumindest laufen wir auf den Eingang zu. Es sieht hübsch aus und erinnert mich an das Haus meiner Eltern. Jan macht den Anschein nicht mit rein zu kommen. Aber als Ehepaar wohnen wir doch zusammen? „Jan, warum kommst du nicht mit rein?" „Und dann ficken wir miteinander! Weil ich hier nicht wohnen." „Aber wohnen wir nicht zusammen?" Ich verstehe nicht was er mir sagen will, wir sind doch zusammen, aber ich bin auch zu müde länger darüber zu grübeln. „Tim ich weiß grad echt nicht was du denkst, geh einfach rein und schlaf dich aus" ich beuge mich vor und kippe fast um weshalb ich mich bei ihm festhalten muss. „Hoppala" sagt er, „andere Richtung geht es lang." Aber ich will mich doch noch verabschieden. Ich flüstere: „Nur noch ein Gute-Nacht-Kuss, dann gehe ich" und möchte ihn küssen, er dreht sich jedoch weg, so dass ich nur seine Wange erwische. „Tim, was auch immer das jetzt sollte, geh einfach rein und schlafe deinen Rausch aus! Das hält ja keiner aus!" Dann verschwindet er in der Dunkelheit. 

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Ihr wisst nicht wie viel Spaß dieses Kapitel beim schreiben gemacht hat, da ich so schön zusammenhangsloses Zeug einbauen konnte. 😂 Ich hoffe natürlich, dass es auch beim Lesen gut ist, also gebt mir gerne eine Rückmeldung. 

Ich entschuldige mich, wenn ich den betrunkenen Zustand nicht so realistisch rüber gebracht habe, aber so sturzbetrunken war ich tatsächlich noch nie.

Glaubt ihr, dass sich Tim, am nächsten Tag noch daran erinnern kann? Und wenn ja, wie er reagiert?

Gewitter im Kopf - FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt